# taz.de -- Kommentar Rumäniens Präsident: Europas einäugige Reaktionen
       
       > Die Sozialdemokraten in Europa unterstüzen Rumäniens Ministerpräsidenten,
       > die Konservativen den Präsidenten. Und beide Seiten schätzen die Lage
       > falsch ein.
       
 (IMG) Bild: EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso will den Rumänen nicht alles durchgehen lassen.
       
       Die Vorwürfe, mit denen sich in Rumänien das Lager des Präsidenten Traian
       Basescu und das der Regierung Victor Pontas überschütten, ähneln einander:
       Amtsmissbrauch, Vetternwirtschaft, Überschreitung der Machtbefugnisse,
       Missachtung der Verfassung. Der Katalog ist lang, Beispiele für den
       jeweiligen Vorwurf lassen sich auf beiden Seiten finden.
       
       Und wie reagiert Europa? Der sozialdemokratische EU-Parlamentspräsident
       Martin Schulz bezeichnet den sozialdemokratischen Ministerpräsidenten
       Rumäniens als seinen Freund. Trotz massiver Plagiatsvorwürfe, trotz
       trickreicher Gesetzesänderungen, die auf die Ausschaltung politischer
       Gegner abzielen. Das konservative Lager bietet Basescu uneingeschränkt
       Schützenhilfe.
       
       Dabei wird vergessen, dass die Partei des Präsidenten zuerst Mitglied der
       Sozialistischen Internationale war, um dann eine 180-Grad-Wendung zu
       vollziehen, die ihr den Weg für die Aufnahme in die Familie der
       Europäischen Volksparteien ermöglichte. Die Konservativen in der EU sind
       nun plötzlich äußerst besorgt, sprechen sogar von einem „Staatsstreich“.
       
       Beide Seiten lassen dabei eines unter den Tisch fallen: Alle Parteien, die
       seit der Wende in Rumänien an der Macht waren, haben sich nur um die
       eigenen Pfründen geschert und die eigenen Interessen verfolgt. Solidarität
       oder soziale Marktwirtschaft waren den Regierenden in Bukarest stets
       verpönte Fremdwörter. Europa hat weggesehen und lieber geschwiegen.
       
       So unhaltbar die Situation in Rumänien derzeit ist, so falsch sind die
       Einschätzungen der aktuellen Lage durch die Akteure auf der europäischen
       Bühne. Je nach politischer Couleur scheinen alle auf einem Auge blind zu
       sein, wenn es darum geht, das Bukarester Politdrama in seiner wahren
       Dimension darzustellen.
       
       9 Jul 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) William Totok
       
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