# taz.de -- Debatte um Sterbehilfe-Gesetz: Der feine Unterschied
       
       > Um das geplante Gesetz zur Sterbehilfe tobt eine unsachliche Debatte. Die
       > Diskutanten unterscheiden nicht zwischen aktiver Sterbehilfe und Beihilfe
       > zum Suizid.
       
 (IMG) Bild: Das Betäubungsmittel Natrium-Pentobarbital: Wer einem Angehörigen ein solches Suizidmittel beschafft, soll nicht bestraft werden.
       
       FREIBURG taz | Union und katholische Kirche kritisieren weiter den
       Gesetzentwurf von Justizministerin Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) zur
       Strafbarkeit der gewerblichen Suizidhilfe. „Es darf keine Straffreiheit für
       die Behilfe zur Tötung geben“, sagte CSU-Sozialpolitiker Norbert Geis. „Man
       kann nur hoffen, dass sich der Entwurf nicht im Kabinett durchsetzt“,
       erklärte ein Sprecher der katholischen Bischofskonferenz.
       
       Die Diskussion krankt daran, dass kaum zwischen aktiver Sterbehilfe und
       Hilfe zum Selbstmord unterschieden wird. Bei der aktiven Sterbehilfe wird
       ein anderer getötet, zum Beispiel durch die Giftspritze eines Arztes. Dies
       ist als „Tötung auf Verlangen“ strafbar. Daran soll sich nichts ändern.
       
       Beim Selbstmord führt der Sterbewillige dagegen den Tod selbst herbei, zum
       Beispiel indem er ein Medikament schluckt, das ihm ein anderer besorgt hat.
       Der Selbstmord ist straflos, ebenso bisher die Hilfe zum Selbstmord. Doch
       letzteres soll geändert werden.
       
       Die Justizministerin schlägt einen neuen Paragrafen 217 im Strafgesetzbuch
       vor: „Wer absichtlich und gewerbsmäßig einem anderen die Gelegenheit zur
       Selbsttötung gewährt, verschafft oder vermittelt, wird mit Freiheitsstrafe
       bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.“ Sie setzt damit eine
       Vorgabe des schwarz-gelben Koalitionsvertrags von 2009 um.
       
       Dieser zielte auf den deutschen Ableger des Schweizer Vereins Dignitas, der
       Kontakte in die Schweiz vermittelt. Dort ist die Rechtslage liberaler, weil
       Ärzte Todkranken milde lebensbeendende Medikamente verschreiben dürfen.
       Solche Aktivitäten, die Hilfe zum Selbstmord als normale Dienstleistung
       erscheinen lassen, mit der die Helfer sogar Geld verdienen, sollen künftig
       strafbar sein. Nicht verboten wäre weiterhin die altruistische Hilfe zum
       Selbstmord, etwa aus Mitleid mit einem Angehörigen.
       
       Nach einem ersten Referentenentwurf aus dem März wären Angehörige jedoch
       bestraft worden, wenn sie dem Sterbewilligen nicht selbst helfen, sondern
       ihn in die Schweiz zu Dignitas fahren oder ihm nur die Adresse geben.
       Deshalb schränkt die neueste Fassung des Gesetzentwurfs nun ein: „Ein nicht
       gewerbsmäßiger Teilnehmer ist straffrei, wenn der in Absatz 1 genannte
       [Sterbewillige] sein Angehöriger oder eine andere ihm nahestehende Person
       ist.“
       
       An diesem Absatz entzündet sich nun die Kritik. Die Kritiker tun so, als ob
       es hier um eine Liberalisierung geht. Tatsächlich wird nur die zusätzliche
       Strafbarkeit eingeschränkt.
       
       2 Aug 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Christian Rath
       
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