# taz.de -- Kommentar Sterbehilfe: Herzlose Christdemokraten
       
       > Die Hilfe zur Selbsttötung sollte in Deutschland auch künftig straffrei
       > bleiben. Doch die Union will alle vermeintlichen Schlupflöcher
       > dichtmachen.
       
       Die unmäßige Kritik der Union und der Katholiken hat auch ein Gutes.
       Vielleicht bringen sie einen Gesetzentwurf zu Fall, den sie für zu lasch
       halten, der aber tatsächlich in die falsche Richtung geht. Die Hilfe zur
       Selbsttötung sollte in Deutschland auch künftig straffrei bleiben.
       
       Erst vor wenigen Wochen rührte der Fall von Bettina Koch halb Deutschland.
       Nach einem Sturz brach sie sich den Nacken und konnte nur noch den Kopf
       bewegen. Trotz ihrer Lähmung spürte sie starke Schmerzen und beschloss
       schließlich, ihr Leben zu beenden.
       
       Doch deutsche Behörden verweigerten ihr ein mild wirkendes
       Suizidmedikament. Letztlich musste ihr Mann die schwerkranke Frau zum
       Sterben in die Schweiz bringen. Als Witwer forderte er später ein Recht auf
       schonende Selbsttötungsmedizin für Schwerstkranke. Doch der Europäische
       Gerichtshof für Menschenrechte half ihm nicht, sondern überließ der
       deutschen Politik die Entscheidung.
       
       Statt der von Witwer Koch gewünschten menschenfreundlichen Liberalisierung
       soll nun schon der Hinweis auf Möglichkeiten in der Schweiz künftig
       strafbar sein. Umstritten ist nur noch, ob es hiervon Ausnahmen geben soll.
       Die Union will alle vermeintlichen Schlupflöcher dichtmachen. Im Ergebnis
       würden die herzlosen Christdemokraten sogar Witwer Wolf bestrafen, weil er
       seine Frau in die Schweiz begleitete. In ihren Augen ist das eine strafbare
       Beihilfe zur gewerbsmäßigen Förderung der Selbsttötung. Das sagt schon
       alles.
       
       Justizministerin Leutheusser-Schnarrenberger will nun wenigstens in solchen
       Fällen das Strafrecht zurücktreten lassen. Besser wäre es, das ideologische
       Projekt, für das es keinen wirklichen Bedarf gibt, ganz aufzugeben.
       
       2 Aug 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Christian Rath
       
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