# taz.de -- Union will Suizidhilfe härter bestrafen: Gegen die tödliche Dienstleistung
       
       > Die Bundesregierung will künftig „gewerbsmäßige“ Hilfe zum Suizid
       > bestrafen. Doch das geht einigen Politikern aus der Union nicht weit
       > genug.
       
 (IMG) Bild: Sterbehilfekammer in der Schweiz
       
       RUMEIN taz | Teile der CDU/CSU-Fraktion begehren gegen die Bundesregierung
       auf. Die Hilfe bei der Selbsttötung soll umfassender bestraft werden als
       bisher vom Kabinett geplant. Schon wird der Ruf nach einer Abstimmung ohne
       Fraktionszwang laut – was die FDP aber zurückweist.
       
       Die Selbsttötung ist in Deutschland nicht strafbar, deshalb ist bisher auch
       die Hilfe zur Selbsttötung nicht mit Strafe bedroht. Im Prinzip soll das
       auch so bleiben. Eine Ausnahme will die Bundesregierung aber einführen:
       Wenn die Suizidhilfe „gewerbsmäßig“ angeboten wird, soll dies künftig mit
       Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bedroht werden.
       
       Einer Gruppe von CDU/CSU-Abgeordneten um den konservativen Hubert Hüppe
       geht das nicht weit genug. Er befürchtet, dass der Regierungsentwurf
       „wirkungslos bleibt“ und die zwei in Deutschland aktiven
       Suizidhilfsorganisationen Sterbehilfe Deutschland und Dignitas gar nicht
       trifft. Solange nur die „gewerbsmäßige“ Suizidhilfe strafbar sei, sei das
       Verbot leicht zu umgehen, befürchtet Hüppe, etwa indem die Organisationen
       nur die Erstattung von Kosten verlangen. Dignitas Deutschland vermittelt
       Kontakte zur Schweizer Schwesterorganisation, wo Medikamente für einen
       schmerzfreien Tod bereitgestellt werden. Die Sterbehilfe Deutschland von
       Roger Kusch hilft Mitgliedern selbst beim Suizid.
       
       Hüppe hat nun einen schärferen Gesetzentwurf erarbeitet, der
       voraussichtlich Ende Januar in der Fraktion diskutiert wird. Danach soll
       jede organisierte Hilfe zur Selbsttötung bestraft werden. Auch die Gründung
       einer solchen Organisation und die Werbung für ihre Tätigkeit sollen
       strafbar sein. Bei Einzelpersonen soll die „geschäftsmäßige“ (also
       wiederholte) sowie die „eigensüchtige“ Selbstmordförderung mit bis zu drei
       Jahren Haft oder Geldstrafe bestraft werden. Eigensüchtig wäre die Tat,
       wenn der Helfer auf das Erbe des Lebensmüden abzielt. Straflos bliebe die
       Suizidhilfe nur, wenn sie durch eine Einzelperson aus Mitleid erfolgt.
       
       In der Begründung von Hüppes Gesetzentwurf heißt es, die Selbsttötung dürfe
       nicht als „Freitod“ oder „Ausdruck autonomer Selbstbestimmung“ glorifiziert
       werden. Vielmehr sei sie oft Ausdruck von psychischen Krankheiten und
       Einsamkeit. Politisches Ziel müsse sein, die Zahl der Selbstmorde von rund
       10.000 pro Jahr weiter zu senken. Suizidhilfe dürfe daher nicht als
       Dienstleistung angeboten werden. Dies könne dazu führen, dass gefährdete
       Personen ihre Gedankenspiele in die Tat umsetzen. Außerdem könne bei
       Schwerkranken ein Erwartungsdruck entstehen, anderen nicht mehr zur Last zu
       fallen.
       
       In der Begründung unterscheidet sich Hüppe kaum vom Regierungsentwurf der
       Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP), er setzt die
       Intention nur konsequenter um. Hüppe und seine Mitstreiter, zu denen etwa
       der gesundheitspolitische CDU/CSU-Sprecher Jens Spahn gehört, sind keine
       unbedeutende Minderheit. Sie können sich auf einen Beschluss des
       CDU-Parteitags von Anfang Dezember stützen. Auch die katholische Kirche und
       die Bundesärztekammer fordern eine Verschärfung.
       
       ## Eventuelle Hilfe von SPD und Grünen
       
       Manche Unionspolitiker wie CDU-Vize Julia Klöckner fordern bereits eine
       Freigabe der Abstimmung, wie bei ethischen Themen häufig üblich. Hüppes
       Entwurf könnte dann eventuell mit Hilfe von Teilen der SPD und der Grünen
       eine Mehrheit finden.
       
       Die FDP lehnt eine Abstimmung mit „wechselnden Mehrheiten“ aber ab, sagte
       der Abgeordnete Michael Kauch. Allerdings setzen sich die Liberalen auch
       nicht offen für Selbstbestimmung am Lebensende ein, obwohl das in der
       Bevölkerung populär wäre. Sie pochen lediglich matt auf die Einhaltung des
       Koalitionsvertrags. Dort sei nur die Bestrafung „gewerbsmäßiger“
       Suizidhilfe vereinbart.
       
       Wenn die Liberalen auf dem Koalitionsvertrag bestehen, müssen Hüppe und
       seine Mitstreiter überlegen, ob sie lieber gar kein Strafgesetz wollen als
       eines, das der nichtkommerziellen Suizidhilfe faktisch einen Freibrief
       ausstellt. Der Verzicht auf eine Strafbestimmung wäre auch für die FDP
       attraktiv. Für die Liberalen ist die Einführung neuer Strafgesetze gegen
       die Selbstbestimmung am Lebensende eh kein Herzensanliegen.
       
       Die „aktive Sterbehilfe“ bleibt in Deutschland verboten. Bei der aktiven
       Sterbehilfe tötet ein anderer den Lebensmüden. Beim Suizid tötet sich der
       Lebensmüde selbst – auch wenn ihn jemand dabei unterstützt.
       
       2 Jan 2013
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Christian Rath
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