# taz.de -- Ehekrise bei den Wulffs: Lass dir helfen und rede darüber
       
       > Nach der Pleite im Präsidialamt haben die Wulffs einen Paartherapeuten
       > beschäftigt. Bettina macht das nun öffentlich: Gut so!
       
 (IMG) Bild: Bessere Zeiten: Bettina und Christian Wulff vor der privaten Krise.
       
       Irgendwann fragt man sich, ob’s das wirklich noch bringt, ob diese
       Beziehung noch trägt. Es gibt nichts als Streit, wegen wirklich jedem
       verdammten Scheiß. Der Job – geh doch einfach nicht hin, wenn du von dort
       immer nur schlechte Laune nach Hause bringst. Das Essen – warum schon
       wieder Speck in der Nudelsoße, sabotierst du meine Diät?
       
       Die Wohnung – was ist so schwer daran, die Wäsche auch mal abzunehmen, hm?
       Schon beginnt man, einst liebenswerte Leberflecke ein bisschen
       unappetitlich zu finden. Und dann: diese elende Langeweile. In welchem
       Jahrtausend war das eigentlich, dass man miteinander die Nächte wahlweise
       durchgetanzt oder -gevögelt hat? Ach ja, das war, bevor die Kinder kamen.
       
       Zugegeben, das Ehepaar Wulff hatte bis vor einem halben Jahr anders
       gelagerte Sorgen. Es ging um falsche Freunde und den Oberlippenbart von
       Carsten Maschmeyer. Um die fehlende Zugehfrau in der Berliner
       Bundespräsidenten-Dienstvilla und eine auch im Privaten nicht mehr
       zuträgliche Amtsanhaftung des Gatten. Schon damals litt die Beziehung
       darunter, dass Christian Wulff gezwungen war, Bürgerhände zu schütteln,
       Orden anzuheften oder Diplomaten zu bewirten.
       
       Als im Februar schließlich alles vorbei und die Niederlage perfekt war, als
       im nächtlichen Garten von Bellevue die letzten Takte von „Over the Rainbow“
       verklungen waren – da waren Christian und Bettina plötzlich wieder allein
       mit sich. Sie gingen dahin, wo sie hergekommen waren: nach Niedersachsen.
       Und schon bald trübte sich im Haus in Großburgwedel die Stimmung ein. Das
       alte Lied: die Laune, die Figur, die Ordnung, die Kinder. Weiß Gott, die
       beiden hatten schon bessere Tage gehabt.
       
       ## Kloster, Brille, Buch
       
       Christian Wulff ging erst mal ins Kloster und kaufte sich eine neue Brille.
       Bettina Wulff schrieb mit einer Ghostwriterin ein Buch, verklagte Jauch und
       Google und gab Interviews. In Bunte, Brigitte und dem Stern kann man nun
       lesen, wie zerschlissen die Nerven des Paars waren, wie unwohl Bettina sich
       mitunter in der Rolle der First Lady gefühlt hatte.
       
       Man kann nun auch nachlesen, wie viel Christian und sie „diskutierten“, wie
       sie das im Stern formuliert, wie sie und ihr Mann „nicht immer einer
       Meinung waren“. Der Leser und die Leserin wissen: das bedeutet üblen
       Streit.
       
       Und weil Herr und Frau Wulff Kinder des ausgehenden 20. Jahrhunderts sind,
       haben sie sich Hilfe gesucht. „Nach allem, was wir erlebt haben“, sagt
       Bettina Wulff dem Stern, habe man entschieden, „dass wir dafür auch
       professionelle Hilfe in Anspruch nehmen müssen.“ Und dann: „Ja, wir hatten
       einen Psychotherapeuten.“ Mit dem habe man „intensiv gearbeitet“.
       
       Mal abgesehen von diesem „intensiv gearbeitet“, diesem
       Mühe-lohnt-sich-Mantra der deutschen Mittelschicht, kann man Bettina Wulffs
       Einlassung gar nicht genug loben. Denn was, bitte schön, ist denn dabei,
       wenn zwei Menschen eine Paartherapie machen? Es handelt sich mitnichten um
       eine Art Geständnis. Sondern es ist bundesdeutscher Alltag.
       
       ## Leberflecke sind kein Scheidungsgrund
       
       Sich helfen zu lassen, wenn beide darin übereinstimmen, dass Speck und
       Leberflecke noch kein Scheidungsgrund sein sollten, ist eine millionenfach
       ein- und ausgeübte Form von Beziehungs„arbeit“. Darüber mokant zu grinsen,
       fällt letztlich nur auf den Grinser zurück. Weil es anderen
       Hilfebedürftigen ja nur zeigt, wie lächerlich sie in ihrer Liebe sind. Und
       das sind sie nicht.
       
       Dass in Deutschland Kleinkinder zum Shrink gezerrt werden, ist öffentlich
       gelebte Normalität. Dass Erwachsene das Miteinanderreden unter Anleitung
       neu und anders einüben müssen, ist insgeheim gelebte Normalität. Dass das
       nicht so bleiben muss, dafür hat Frau Wulff gerade einiges getan.
       
       12 Sep 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Anja Maier
       
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