# taz.de -- Netz-Kommentare zu Bettina Wulff: „Wer kauft den Mist?“
       
       > „Geltungssucht“ zählt noch zu den freundlicheren Vorwürfen im Internet.
       > Wulffs Verlag ist überrascht, ein Wissenschaftler sieht Parallelen zum
       > Fall Guttenberg.
       
 (IMG) Bild: Für Amazon ist es schwierig, die Meinung seiner Kunden in die richtigen Bahnen zu lenken.
       
       MÜNCHEN dpa | Bettina Wulff wollte mit ihrem Buch vor allem eines: ihren
       Ruf wiederherstellen. Beim Internet-Anbieter Amazon aber scheint dieser
       Schuss nach hinten loszugehen. Dort hat die Frau des früheren
       Bundespräsidenten mit ihrer Biografie „Jenseits des Protokolls“ eine Welle
       von Häme und Spott ausgelöst.
       
       Sie wird offen angefeindet und wüst beschimpft. Ihr Buch ist zwar erst seit
       diesem Mittwoch offiziell im Verkauf, bei Amazon aber waren bis zum
       Nachmittag schon mehr als 150 Rezensionen verfasst. Das vorläufige
       Ergebnis: 1,5 von 5 Sternen.
       
       Das ist ja noch nichts besonderes, der Tonfall aber ist bemerkenswert
       harsch. Die Tags genannten Schlagwörter, die Nutzer laut Internetseite mit
       dem Buch verbanden, waren allesamt negativ bis beleidigend. Unter den
       Begriffen fanden sich „schamlos“, „Geltungssucht“, „niveaulos“ und
       Bemerkungen wie „Wer kauft den Mist?“.
       
       Üble Beschimpfungen, die auch schon den Weg in die Tag-Liste gefunden
       hatten, wurden von Amazon, wo Wulffs Biografie am Mittwoch auf Platz neun
       der Buchcharts rangierte, gelöscht. „Wir haben Regeln für die Tag-Nutzung,
       die beinhalten, dass keine ordinären oder obszönen Ausdrücke, aufhetzende
       oder böswillige Tags verwendet werden“, erklärte eine Amazon-Sprecherin.
       
       ## „Sehr durchchoreografiert“
       
       Der Kommunikationswissenschaftler Christoph Neuberger von der
       Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) München hat für die Wucht der
       Ablehnung, die Bettina Wulff nun im Netz entgegenschlägt, folgenden
       Erklärungsversuch: „Die Inszenierung des Ganzen ist schon etwas
       befremdlich“, sagte er. „Ich denke nicht, dass man ihr nicht glaubt, aber
       es wirkt alles sehr durchchoreografiert.“
       
       Unmittelbar vor der Veröffentlichung ihres Buches hatte die Frau des
       ehemaligen Bundespräsidenten Christian Wulff Klagen gegen Fernsehmoderator
       Günther Jauch und den Google-Konzern eingereicht. Mit der Klage gegen
       Google soll verhindert werden, dass bei Eingabe ihres Namens automatisch
       Suchbegriffe wie „Rotlichtvergangenheit“ oder „Escort“ auftauchten. Auch
       mit dem Buch wollte die 38-Jährige Verleumdungen über eine Vergangenheit im
       Rotlicht-Milieu entgegentreten.
       
       Möglicherweise komme das Buch auch einfach zu früh, sagt Neuberger.
       Schließlich seien die Wulff-Affäre und der unrühmliche Abgang des
       Präsidenten den meisten noch sehr deutlich im Gedächtnis. Vorwürfe gegen
       ihn würden immer noch geprüft. „Und dann kommt da nun der Versuch, das Bild
       in ein günstigeres Licht zu stellen und vielleicht auch Mitleid zu
       gewinnen.“
       
       ## „Taktisch nicht so richtig klug“
       
       Neuberger sieht Parallelen zu Karl-Theodor von Guttenberg. Der
       Ex-Verteidigungsminister, der einst über abgeschriebene Passagen in seiner
       Doktorarbeit stürzte, meldete sich auch bereits kurz nach dem Skandal mit
       einem Interview-Buch zurück auf dem politischen Parkett. „Das ist taktisch
       nicht so richtig klug. Ich glaube, dass da noch mehr Gras drüberwachsen
       muss.“
       
       Der Riva Verlag in München, der Wulffs Buch auf den Markt gebracht hat,
       zeigte sich vom Tonfall der Kritik überrascht. „So in dem Ausmaß hat es das
       noch nie gegeben“, sagte eine Verlagssprecherin. „In dem Maße war das nicht
       abzusehen.“ Allerdings seien Shitstorms im Internet ja nichts
       Ungewöhnliches. „Das Internet ist ja dazu da, dass die Leute ihre Meinung
       sagen.“ Pläne, gegen die Kommentare vorzugehen, gebe es nicht.
       
       Ob der ganze Rummel um das Buch der ehemaligen First Lady auch den Verkauf
       ankurbeln wird, lässt sich bislang noch nicht absehen, erste Zahlen sollen
       nach Angaben des Riva-Verlages frühestens in der kommenden Woche vorliegen.
       Die Buchhandels-Kette Hugendubel, die „Jenseits des Protokolls“ schon am
       Wochenende in den Verkauf gebracht hatte, beobachtete zunächst allerdings
       ein eher gedämpftes Interesse. Viele Kunden blätterten zwar in dem Buch,
       bislang sei aber eine eher überschaubare Menge über den Ladentisch
       gegangen. Ein Sprecher sagte: „Da ist noch Luft nach oben.“
       
       12 Sep 2012
       
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