# taz.de -- Neues Patientenrechtegesetz: „Ärzte geben nie Fehler zu“
       
       > Wie beweist ein Patient, dass sein Arzt einen Fehler gemacht hat? Das
       > neue Patientenrechtegesetz ist dabei kein Fortschritt, kritisieren
       > Verbände.
       
 (IMG) Bild: Was, wenn mal ein Fehler passiert?
       
       BERLIN taz | Ihr Daumen ist weg – trotz Sofortversorgung in einem
       Kompetenzzentrum für Handchirurgie. 1997 erlitt Regina Sieg einen
       Reitunfall. Sie wurde zwar rasch behandelt, aber falsch, wie sie sagt.
       Seitdem kämpft sie: Ihr fehlender Daumen soll als ärztlicher
       Behandlungsfehler anerkannt und sie dafür entschädigt werden.
       
       Regina Sieg hatte auf das Patientenrechtegesetz gehofft, das 2013 in Kraft
       treten soll. Es soll Patienten erleichtern, ihren Schadenersatz nach
       ärztlichen Behandlungsfehlern gegenüber Medizinern und Kliniken geltend zu
       machen.
       
       Inzwischen weiß Regina Sieg: „Das Gesetz wird nicht helfen.“ Am
       Mittwochabend sitzt sie auf einem Podium der Verbraucherzentrale in Berlin,
       linke Hand im Verband. Ihren richtigen Namen nennt sie nicht, seit Jahren
       streitet sie sich mit Ärzten, Gutachtern, Gerichten. Auch mit dem neuen
       Gesetz sei sie als Patientin in der Pflicht, den Ärztefehler – außer in
       ganz offensichtlichen Fällen – nachzuweisen, sagt sie.
       
       Aber wie sollen Patienten das machen? Damit sind Betroffene hoffnungslos
       überfordert, weiß der Friedrichshafener Anwalt Roland Bisping. Er vertritt
       Patienten, die wegen Behandlungsfehlern gegen ihre Ärzte und Zahnärzte
       vorgehen.
       
       ## Gutachter sind fragwürdig
       
       Um medizinische Fehler nachzuweisen, werden in der Regel Gutachten in
       Auftrag gegeben. Aber deren Qualität ist laut Bisping „oft fragwürdig“:
       „Mitunter werden die Gutachten von Ärzten geschrieben, die für das
       Fachgebiet gar nicht ausgebildet sind.“ Das hat auch Regina Sieg erlebt und
       sich deshalb Privatgutachten erstellen lassen. Diese hätten die Richter
       aber nicht gelesen – und bloß dem Gerichtsgutachter geglaubt.
       
       Ohne Beweislastumkehr, so dass Ärzte beweisen müssen, dass sie keinen
       Fehler gemacht hätten, sei das neue Gesetz nahezu wertlos, kritisiert die
       grüne Gesundheitsexpertin Maria Klein-Schmeink. „Ärzte geben nie Fehler
       zu“, sagt Wolfgang Wodarg, Arzt in Flensburg und Vorstandsmitglied bei der
       Antikorruptionsorganisation Transparency International. „Die Ärzte
       fürchten, dass ihre Haftpflichtversicherung da nicht mitspielt.“ Außerdem
       manipulierten Ärzte Behandlungsakten.
       
       Das Podium ist sich einig: Das Gesetz gibt lediglich die derzeitige
       Rechtspraxis wieder, es ist kein Fortschritt. Jörg Heynemann, Berliner
       Medizinrechtler, bringt es auf den Punkt: Die Situation geschädigter
       Patienten soll sich nicht verbessern. Bisping fordert fälschungssichere
       Dokumentationen von Krankenakten: „Ob Betroffene Ansprüche geltend machen
       können, steht und fällt mit der Dokumentation.“
       
       Laut Patientenrechtsorganisationen sterben in Deutschland jedes Jahr rund
       17.000 Menschen, weil sie falsch oder schlecht behandelt wurden. Etwa eine
       Million Patienten tragen Folgeschäden davon. Etwa 30.000 Patienten
       verlangen laut dem Arbeitskreis Medizingeschädigter Schadenersatz, die
       Hälfte mit Erfolg. Regina Sieg kämpft seit 15 Jahren darum. Bislang
       vergeblich.
       
       14 Sep 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Simone Schmollack
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Ärzte
 (DIR) Operation
       
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