# taz.de -- Patientenrechte bei Ärztefehlern: Schere und Tupfer im Bauch
       
       > Das Patientenrechtegesetz hilft bei Ärztefehlern kaum. Ein Härtefallfonds
       > muss her, meint ein Aktionsbündnis. Doch das lehnt die Bundesregierung
       > ab.
       
 (IMG) Bild: Frage der Beweislast: Hier dürfte der Fall klar sein.
       
       BERLIN taz | Hardy Müller nennt es „Waffengleichheit“. Damit meint der
       Geschäftsführer des Aktionsbündnisses Patientensicherheit (APS), dass Ärzte
       nicht von vornherein unter Generalverdacht gestellt werden dürfen, wenn bei
       einer Behandlung nicht alles so verläuft, wie es soll.
       
       Müllers Bündnis stellt sich damit gegen die Forderung nach der „Umkehr der
       Beweislast“, die aktuell die Kampflinie der Patientenschützer gegen das
       neue Patientenrechtegesetz von Gesundheitsminister Daniel Bahr (FDP)
       bestimmt.
       
       Das neue Gesetz soll es Patienten erleichtern, ihren Schadenersatz nach
       ärztlichen Behandlungsfehlern gegenüber Medizinern und Kliniken geltend zu
       machen. Doch Kritiker bemängeln, dass das Gesetz, das am 27. September in
       den Bundestag geht und am 1. Januar 2013 in Kraft treten soll, nur die
       bereits gültige Rechtspraxis abbilde.
       
       Nach wie vor müssten Betroffene – außer bei offensichtlichen Fehlern wie
       falsch amputierten Gliedmaßen – beweisen, dass der Arzt einen Fehler
       gemacht hat. Das könnten sie aber nicht, weil ihnen das Fachwissen fehle.
       Verbraucherschützer, Gesundheitsexperten und die Opposition im Bundestag
       fordern daher: Der Arzt soll beweisen, dass er keinen Fehler gemacht hat.
       Das indes lehnt die Bundesregierung ab.
       
       ## „Eingriff in den medizinischen Alltag“
       
       Auch das Aktionsbündnis Patientensicherheit, in dem Mediziner,
       Krankenkassen, Kliniken mitwirken, plädieren für einen Status quo bei der
       Beweiserbringung. „Alles andere wäre ein massiver Eingriff in den
       medizinischen Alltag“, sagt APS-Chef Müller. Er fürchtet, dass dann viele
       Ärzte bestimmte Behandlungen verweigern würden, weil ihnen das Risiko,
       belangt zu werden, zu hoch sei.
       
       Laut Bundesärztekammer sind 99 Patienten 2011 wegen falscher oder
       unzulänglicher Behandlung gestorben. 2.287 Behandlungen oder Diagnosen
       waren falsch, über 11.000 Patienten haben sich bei den offiziellen Stellen
       beschwert. Hardy Müller schätzt die Dunkelziffer falscher Behandlungen
       sogar auf 17.500 jedes Jahr.
       
       Aber das Aktionsbündnis weiß auch, dass „Patienten geholfen werden muss“.
       So regt es einen sogenannten Härtefallfonds an, der für finanzielle Schäden
       aufkommt, die durch ärztliche Fehler entstanden sind. Auch Prozesskosten
       könnten damit zunächst beglichen werden. Die Idee eines Notfallfonds hatten
       auch schon andere Organisationen. Auch dies lehnt die Bundesregierung ab:
       Bislang weiß niemand, woher das Geld dafür kommen soll und wie groß der
       Fonds sein müsste.
       
       19 Sep 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Simone Schmollack
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Bundestag beschließt Patientenrechte: Akteneinsicht ohne Härtefallfond
       
       Die Koalitionsfraktionen beschließen ein neues Patientenrecht, das wenig
       neues regelt. Verbraucherverbände sehen das Gesetz kritisch.
       
 (DIR) Kommentar Patientenrechtegesetz: Unfehlbar? Fehlbar!
       
       Wenn ein Arzt einen Fehler macht, liegt es beim Patienten, das zu beweisen.
       Das könnte das neue Gesetz umkehren – wenn es die Politik nur wollte.
       
 (DIR) Neues Patientenrechtegesetz: „Ärzte geben nie Fehler zu“
       
       Wie beweist ein Patient, dass sein Arzt einen Fehler gemacht hat? Das neue
       Patientenrechtegesetz ist dabei kein Fortschritt, kritisieren Verbände.
       
 (DIR) Ärztefehler-Statistik vorgestellt: Ungezählte Beschwerden
       
       Die Bundesärztekammer stellt ihre Fehlerstatistik vor und geht von mehr als
       2.000 Ärztefehlern aus. Doch Kritiker meinen, die Zahl seien viel zu
       niedrig.
       
 (DIR) Geplantes Gesetz zu Patientenrechten: Bayern fordert Entschädigungsfonds
       
       Den Opfern von Ärztefehlern will Bayern mit einem Entschädigungsfonds
       helfen. Gesundheitsminister Bahr (FDP) widerspricht. Er fürchtet mehr
       Bürokratie.