# taz.de -- Bericht der Bundesregierung: Reiche werden reicher, Arme ärmer
       
       > Das Vermögen der Deutschen hat sich in den vergangenen 20 Jahren
       > insgesamt verdoppelt. Aber das Geld gehört nur wenigen Familien.
       
 (IMG) Bild: Die Schere zwischen arm und reich wird größer: Bettler in Berlin.
       
       BERLIN taz | Deutschlands Reiche werden immer reicher. 10 Prozent der
       Bevölkerung gehören inzwischen 53 Prozent des Nettogesamtvermögens. Die
       untere Hälfte der Haushalte hingegen besitzt nur knapp ein Prozent. Das
       zeigt der Entwurf des vierten Armuts- und Reichtumsberichts der
       Bundesregierung, über den die Süddeutsche Zeitung am Dienstag berichtete.
       
       Die Analyse über die Vermögensentwicklung der Bevölkerung aus dem
       Arbeitsministerium befindet sich in der Ressortabstimmung und soll am 14.
       November im Kabinett besprochen werden.
       
       Dem Papier zufolge soll das private Nettovermögen in den vergangenen
       zwanzig Jahren von knapp 4,6 Billionen Euro auf rund 10 Billionen Euro
       gestiegen sein. Allein zwischen 2007 und 2012 soll es um 1,4 Billionen Euro
       gewachsen sein. Ein Sprecher des Arbeitsministeriums wollte die Zahlen
       weder bestätigen noch dementieren.
       
       Die aktuellen Reichtumszahlen liegen unter denen, die das Sozio-ökonomische
       Panel (SOEP) aus seinen Haushaltsbefragungen kennt. Das SOEP gibt an, dass
       sogar 61 Prozent des Volksvermögens in den Händen weniger Menschen liegen.
       
       Der Grund für die abweichenden Daten liegt in der Methode: Während der
       Armuts- und Reichtumsbericht das Vermögen pro Person zugrunde legt (es
       werden auch Babys gezählt), werden beim SOEP nur Personen ab 17 Jahren
       berücksichtigt. Dennoch ist der Trend gleich: Das Vermögen konzentriert
       sich bei wenigen Familien. Markus Grabka, SOEP-Experte beim Deutschen
       Institut der Wirtschaft, kommentiert das so: „Die Ungleichheit bei der
       Vermögensverteilung ist in Deutschland im internationalen Vergleich sehr
       hoch und hat noch weiter zugenommen.“
       
       ## Staatsvermögen schrumpft
       
       Das Geld steckt etwa in privaten Immobilien, Bauland, Geldanlagen oder
       Ansprüchen aus Betriebsrenten. Gleichzeitig ist das Nettovermögen des
       Staates um 800 Milliarden Euro geschrumpft.
       
       Die Unterschiede zwischen Ost und West sollen sich laut Bericht zwar
       verringert haben. Aber die Lücke sei immer noch groß: Während sich ein
       westdeutscher Haushalt auf ein Immobilien- und Geldvermögen von
       durchschnittlich 132.000 Euro stützen könne, betrage das Vermögen in einem
       ostdeutschen Haushalt im Durchschnitt 55.000 Euro.
       
       Auch beim Einkommen geht die Schere laut Bericht weiter auseinander: Wer
       bisher viel verdiente, hat in der jüngsten Vergangenheit noch mehr
       verdient. Die unteren 40 Prozent der Vollzeitbeschäftigten hingegen
       beklagen Einkommensverluste. Der Bericht soll dazu anmerken, dass eine
       solche Entwicklung „das Gerechtigkeitsempfinden der Bevölkerung verletzt“.
       
       ## Soziales Pulverfass
       
       So sehen das auch Sozialexperten. Die aktuelle Entwicklung sei „zutiefst
       ungerecht“, sagte Matthias Birkwald, rentenpolitischer Sprecher der
       Linksfraktion im Bundestag: „Wenn das so weitergeht, sitzen wir bald auf
       einem sozialen Pulverfass.“
       
       Seine Partei fordert, Reiche stärker an der Finanzierung des Gemeinwesens
       zu beteiligen, etwa mit einer Anhebung des Spitzensteuersatzes und der
       Erbschaftssteuer sowie durch die Einführung einer Millionärssteuer von 5
       Prozent. 1997 wurde die Vermögenssteuer, die eine Abgabe auf Vermögen
       vorsah, unter der von Helmut Kohl (CDU) geführten schwarz-gelben Regierung
       abgeschafft.
       
       Grünen-Chef Cem Özdemir sieht in der Armuts- und Reichtumsanalyse „auch
       einen dramatischen Bericht zur Lage der Demokratie“: „Wenn der Staat es
       nicht schafft, alle am gemeinsam erwirtschafteten Wohlstand teilhaben zu
       lassen, sinkt das Vertrauen der Menschen in den Staat.“ Ulrich Schneider,
       Geschäftsführer vom Paritätischen Wohlfahrtsverband, mahnt an: „Wenn sich
       derart riesige Vermögen auf immer weniger Menschen konzentrieren, ist für
       eine jede Regierung dringender Handlungsbedarf gegeben.“
       
       18 Sep 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Simone Schmollack
       
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