# taz.de -- Erbschaftssteuer verfassungswidrig?: Mehr abgeben bei der Erbschaft
       
       > Der Bundesfinanzhof fordert eine höhere Besteuerung von Betriebsvermögen
       > bei der Erbschaftsteuer. Nun muss das Bundesverfassungsgericht
       > entscheiden.
       
 (IMG) Bild: Da soll in Zukunft mehr abgehen, findet der Bundesrechnungshof: Formular für die Erbschaftssteuer.
       
       FRANKFURT/MAIN taz | Der Bundesfinanzhof (BFH) hält die Regeln zur
       Erbschaftsteuer für verfassungswidrig. Dass Unternehmen in der Regel ohne
       jede Steuerbelastung vererbt und Privatvermögen zu einfach als
       Unternehmensvermögen deklariert werden könnten, verletzte die
       Steuergerechtigkeit. Nun muss das Bundesverfassungsgericht entscheiden.
       
       Der BFH, das höchste deutsche Gericht für Steuerfragen, beanstandete, dass
       Betriebsvermögen weitgehend oder vollständig von der Erbschaftsteuer
       verschont werde. Dies sei eine „verfassungswidrige Überprivilegierung“.
       Zulässig wäre eine so weitgehende Verschonung nur, wenn die Weiterführung
       von Unternehmen durch die Erbschaftsteuer sonst in der Regel gefährdet
       wäre, wofür es aber keine Anhaltspunkte gebe.
       
       Die beanstandeten Regeln gehen im Wesentlichen auf eine Reform des
       Erbschaftsteuerrechts durch die große Koalition Ende 2008 zurück. Die SPD
       hat sich aber gleich nach Verkündung des BFH-Beschlusses von ihrer
       damaligen Reform distanziert. Sie habe damals nur auf Druck der CDU/CSU
       zugestimmt, sagte der SPD-Steuerexperte Joachim Poß.
       
       Die CDU/CSU hatte die Steuerfreiheit mit der Sicherung von Arbeitsplätzen
       begründet. Steuervorteile erhalte nur ein Erbe, der den geerbten Betrieb
       fortführe und nicht gleich verkaufe. Das ließen die BFH-Richter nicht
       gelten. Denn bei Betrieben mit weniger als 20 Beschäftigten – also bei weit
       mehr als 90 Prozent aller Betriebe – komme es auf die Fortführung des
       Unternehmens gar nicht an. Und bei größeren Betrieben lasse sich die
       Arbeitsplatzklausel durch einfache Steuertricks aushebeln.
       
       ## Steuertricks mit dem Betriebsvermögen
       
       Auch private Vermögen lassen sich nach Ansicht der Richter zu einfach an
       der Steuer vorbei vererben, indem sie einfach zu Betriebsvermögen erklärt
       werden. Es gebe hier einen „verfassungswidrigen Begünstigungsüberhang“.
       Damit ist gemeint: Die Begünstigung von Betriebsvermögen, mit dem immerhin
       ein gewisses unternehmerisches Risiko verbunden sei, komme auch ganz
       normalem Vermögen zugute – wenn es der Erblasser nur wolle.
       
       Ein berüchtigtes Instrument sind dabei sogenannte Cash-GmbHs, in die Werte
       aller Art eingebracht werden und an eine andere GmbH verkauft werden. Der
       Kaufpreis wird aber gestundet, so dass der Cash-GmbH nur ein
       Kaufpreisanspruch verbleibe. Bei der Erbschaftsteuer gilt auch eine
       derartige Cash-GmbH als steuerbegünstigtes Betriebsvermögen. Dieses
       Schlupfloch will der Gesetzgeber ab nächstem Jahr schließen. Die
       BFH-Richter nennen in ihrem Beschluss aber noch weitere derzeit zulässige
       „Gestaltungsmöglichkeiten“ zur Steuerumgehung.
       
       Das Bundesverfassungsgericht hatte zuletzt 2007 das Erbschaftsteuerrecht
       beanstandet. Damals forderte Karlsruhe, dass die zu vererbenden
       Grundstücke, Felder und Unternehmen mit dem Verkehrswert bewertet werden
       müssen. Steuerverschonungen müssten dann mit Gemeinwohl-Argumenten
       begründet werden. Nach der BFH-Vorlage muss Karlsruhe entscheiden, ob auch
       bloße Gemeinwohl-Behauptungen für eine Steuerbefreiung ausreichen. (Az.: II
       R 9/11)
       
       10 Oct 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Christian Rath
       
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