# taz.de -- Kommunalwahl im Westjordanland: Fatah gewinnt, Fatah verliert
       
       > Die Partei von Palästinenserpräsident Abbas verliert die Mehrheit in fünf
       > Städten. Immerhin ist die Fatah in Umfragen beliebter als die Hamas.
       
 (IMG) Bild: Geringe Beteiligung: In drei Viertel der Kommunen wurde wegen Kandidatenmangels gar nicht abgestimmt.
       
       JERUSALEM taz | Selten wird ein Wahlergebnis so unterschiedlich
       interpretiert wie das der Kommunalwahlen im Westjordanland am Wochenende.
       Und das, obwohl der Hauptgegner gar nicht teilnahm. Trotz eines Boykotts
       der Hamas musste die Partei von Palästinenserpräsident Mahmud Abbas „herbe
       Verluste“ hinnehmen, wie die Nachrichtenagentur AP schreib. Die drei
       palästinensischen Tageszeitungen berichteten hingegen vom „überragenden
       Sieg der Fatah-Listen“.
       
       Keinen Raum für Interpretationen ließ die Wahlbeteiligung. Nur 55 Prozent
       der rund einer halben Million Wahlberechtigten machten sich die Mühe, ihre
       Stimme abzugeben. Bei den Kommunalwahlen 2005 lag die Beteiligung noch bei
       60 Prozent.
       
       Die Fatah errang in sechs Städten eine Mehrheit, blieb dafür aber in
       Ramallah, Nablus, Bethlehem und Jenin auf der Strecke. PLO-Funktionärin
       Hannan Aschrawi bezeichnete das Ergebnis als „Überraschung“. Viele Wähler
       hätten „zur Strafe für die Fatah“ für unabhängige Listen gestimmt. Aschrawi
       selbst ist Abgeordnete der Partei „Der Dritte Weg“ im Nationalrat. Die
       Fatah, so kommentierte sie, habe zudem „keine qualifizierten Kandidaten“
       ins Rennen geschickt.
       
       Mehr als 25 Fatahmitglieder wurden kurzfristig aus der Partei
       ausgeschlossen, weil sie auf anderen Listen antraten. Palästinensische
       Beobachter kritisierten die mangelnde Disziplin in der Partei des
       Palästinenserpräsidenten. Ghassan Schakaa, ehemals Bürgermeister von
       Nablus, gehört zu den Fatah-Abtrünnigen. Er entschied mit seiner
       unabhängigen Liste die Wahlen jetzt wieder für sich. „Die Fatah hat den
       Kontakt zur Bevölkerung verloren“, schimpfte Schakaa über seine früheren
       Genossen.
       
       ## Nur ein Viertel hatte tatsächlich die Wahl
       
       In der christlichen Stadt Beit Jalla freut sich Nabila Daqaq von der linken
       „Demokratischen Union“, der gemeinsamen Liste von PFLP (Palästinensische
       Front zur Befreiung Palästinas) und der Kommunistischen Partei, über die
       erreichten 5 von insgesamt 13 Sitzen im Rathaus. Die Dozentin für
       Sozialpädagogik macht die Besatzung für die geringe Wahlbeteiligung
       verantwortlich. „Die Leute glauben nicht mehr an großartige Veränderungen“,
       meint sie. Außerdem sei es ein Fehler gewesen, die Wahlen ohne den
       Gazastreifen abzuhalten.
       
       Nur in 94 der 353 Kommunen im Westjordanland wurde gewählt. In 181 Kommunen
       hat sich jeweils nur eine Liste aufstellen lassen, damit erübrigte sich der
       Urnengang, und für 78 Kommunen, die keine Listen aufgestellt haben, soll es
       Ende November einen zweiten Wahltermin geben.
       
       Große Enttäuschung herrschte vor allem bei den Hebroniterinnen. Keiner
       einzigen Kandidatin der unabhängigen Frauenliste gelang der Sprung ins
       Rathaus. In Hebron, einer Hochburg der Islamisten, lag die Wahlbeteiligung
       mit nur 33,7 Prozent besonders niedrig. Einer Befragung des
       Palästinensischen Politik- und Umfragezentrums vom September zufolge
       erhielte die Hamas, würden heute Parlamentswahlen abgehalten werden, nur 28
       Prozent der Stimmen, während die Fatah auf 37 Prozent käme.
       
       22 Oct 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Susanne Knaul
       
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