# taz.de -- Kommentar Steuereinnahmen: Dieses Jahr schenken wir uns nichts
       
       > Inmitten der europäischen Veschuldungskrise nimmt Deutschland neue
       > Kredite auf. Ab 2015 muss das Land aber ohne neue Kredite auszukommen.
       
 (IMG) Bild: Seit 1998 hat der Bund viel Geld verschenkt – erst D-Mark, dann Euro.
       
       Den Griechen, Spaniern und Portugiesen die deutsche Finanzpolitik
       begreiflich zu machen ist schwierig. Denn wir haben eine Bundesregierung,
       die diese Länder auffordert, hart zu sparen und etwa ihre Lehrer quasi ohne
       Gehalt arbeiten zu lassen.
       
       Was aber tut die deutsche Regierung selbst? Inmitten der europäischen
       Verschuldungskrise leisten Bundeskanzlerin Angela Merkel und Finanzminister
       Wolfgang Schäuble es sich, Milliarden Euro neuer Kredite aufzunehmen. Und
       das, obwohl nach der aktuellen Steuerschätzung die deutschen
       Steuereinnahmen in den kommenden Jahren wohl weiter auf Rekordhöhen steigen
       werden.
       
       Trotzdem wäre es falsch, den kompletten finanziellen Spielraum im
       Bundeshaushalt dafür zu verwenden, die Neuverschuldung zu reduzieren. Zwar
       könnte Schäuble, wenn er alles aus einem Haushalt rausquetscht, auf Kredite
       wahrscheinlich schon 2013 oder 2014 ganz verzichten. Aber zu welchem Preis?
       Die notwendige Entlastung der Bürger durch das höhere steuerfreie
       Existenzminimum und den steigenden Grundfreibetrag müsste dann eins zu eins
       gegenfinanziert werden.
       
       Das hieße: Einsparungen an anderer Stelle. Dem würden beispielsweise
       Investitionen in Forschung und Bildung zum Opfer fallen. Das ist nicht
       sinnvoll in einer Situation, in der viele europäische Regierungen von
       Deutschland verlangen, Wirtschaft und Konjunktur des Kontinents mit höheren
       Ausgaben zu unterstützen. Die Bundesregierung hat eine Verantwortung dafür,
       dass Europa nicht weiter in die Rezession rutscht.
       
       Aus heutiger Sicht ist es ab 2015 dann aber tatsächlich an der Zeit, ohne
       neue Kredite auszukommen. Mittelfristig und langfristig müssen sich die
       Bundesregierung und auch die Bürger daran gewöhnen, im Prinzip nur das Geld
       auszugeben, das hereinkommt. Dann kann es nicht so weitergehen, wie seit 50
       Jahren üblich: Geschenke zu verteilen an alle möglichen Interessengruppen
       bei gleichzeitigem Versprechen, die Steuern und Abgaben zu senken.
       
       Schon jetzt ist die Gelegenheit, diesen Mentalitätswechsel zu praktizieren.
       Die geplante Senkung der Rentenbeiträge sollte sich die Bundesregierung
       verkneifen und das Geld besser als Polster ansparen für die nächste Krise.
       Denn die kommt auf jeden Fall. Es wäre ein schönes Motto für Weihnachten:
       Dieses Jahr schenken wir uns mal nichts.
       
       31 Oct 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Hannes Koch
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