# taz.de -- Israelisch-palästinesischer Konflikt: Angriffe auf Tel Aviv und Jerusalem
       
       > Auch während des Besuchs des ägyptischen Ministerpräsidenten Kandil im
       > Gazastreifen ging der gegenseitige Raketenbeschuss weiter.
       
 (IMG) Bild: Löschversuche im Norden des Gazastreifen nach einem Angriff der israelischen Luftwaffe.
       
       Update: JERUSALEM, 16. November (AFP) - Erstmals seit dem Beginn der
       israelischen Militäroffensive im Gazastreifen ist am Freitag im Großraum
       Jerusalem eine Rakete eingeschlagen. Wie die israelische Armee mitteilte,
       schlug das Geschoss auf unbewohntem Gelände ein. Zuvor hatte der bewaffnete
       Arm der im Gazastreifen herrschenden Palästinenserorganisation Hamas
       erklärt, es sei ein Ziel in Jerusalem beschossen worden. 
       
       JERUSALEM taz | Der Krieg zwischen Israel und der Hamas im Gazastreifen
       dauert ungeachtet intensiver Vermittlungsversuche Kairos unvermindert an.
       Gerade als Sanitäter die toten Körper zweier Opfer der Luftangriffe
       brachten, besuchte am Freitag Ägyptens Regierungschef Hesham Kandil das
       Shifa-Krankenhaus in Gaza.
       
       Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hatte zwar Bereitschaft zur
       Feuerpause für die Zeit des Besuchs von Kandil signalisiert. Er stellte
       jedoch die Bedingung, dass auch die Hamas temporär das Feuer einstellt, was
       nicht passierte. Zum zweiten Mal gingen am frühen Nachmittag auch in Tel
       Aviv wieder die Sirenen los. Nahezu pausenlos schossen die Islamisten
       gestern weiter Raketen auf Israel ab, und nahezu ohne Pause griff die
       Luftwaffe Ziele im Gazastreifen an.
       
       „Wir können dieser Aggression nicht schweigend zusehen“, kommentierte
       Kandil in Begleitung von Hamas-Regierungschef Ismail Haniyeh aufgewühlt die
       Szenen im Krankenhaus. Jetzt sei dringend eine internationale Intervention
       nötig.
       
       Für die Bevölkerung signalisiert der Besuch des ägyptischen Regierungschefs
       eine neue Realität. Ex-Präsident Husni Mubarak hielt den Grenzübergang in
       Rafach vor vier Jahren komplett gesperrt. Das neue Regime unter Präsident
       Mohammad Mursi liefert hingegen schon jetzt Hilfsgüter an die
       Palästinenser.
       
       „Das Ägypten von heute ist ein anderes, als das Ägypten von gestern“, sagte
       Mursi am Anschluss an das Freitagsgebet.
       
       „Warten auf Kairo“ überschrieb die liberale Haaretz einen Kommentar auf der
       Titelseite, gleich neben einer viertelseitigen Anzeige mehrerer
       Friedensgruppen gegen den „Wahlkampf-Krieg“. Der Ausweg aus der aktuellen
       Gewaltwelle scheint allein in ägyptischen Händen zu liegen.
       
       Auch die EU-Außenbeauftrage Catherine Ashton äußerte ihre Hoffnung, dass
       Kandil „in der Lage sein wird, die Situation zu beruhigen“. Ashton machte
       den Raketenbeschuss der Hamas für die Eskalation verantwortlich.
       
       Hört man die Protagonisten auf beiden Seiten, erscheint die Mission Kandils
       kaum als realistisch. „Im Moment steht eine Ende außer Frage“, meint
       Israels Verteidigungsminister Ehud Barak. Die Hamas müsse „auf den Knien
       darum betteln“, bevor Israel einen Waffenstillstand erwägen würde.
       
       Umgekehrt versprach Mohammad Deif, der offizielle Hamas-Armeechef, gestern
       eine “Reaktion, die die Besatzer nie vergessen werden“. Deif ist seit einem
       gezielten israelischen Luftangriff vor zehn Jahren schwer behindert und
       hält sich in der Regel der Öffentlichkeit fern.
       
       Ungeachtet der Wortgefechte hat weder Israel noch die Hamas ein Interesse
       an weiterer Eskalation. Das Raketenarsenal der Islamisten wird, so
       berichten israelische Armeesprecher, mit den Luftangriffen der letzten Tage
       radikal ausgedünnt.
       
       Die meisten Hamas-Raketen landen entweder in unbewohnten Gegenden oder sie
       werden von dem Raketenabwehrsystem „Eisenkappe“ abgefangen. Auch die vier
       auf Tel Aviv abgeschossenen Fadschr-Mittelstreckenraketen richteten keinen
       Schaden an.
       
       Für Israel bedeutet eine Bodenoffensive ein kaum kalkulierbares Abenteuer
       ohne klares Ziel. Trotzdem mobilisierte die Armee in erster Stufe 16.000
       Reservesoldaten. Insgesamt gab das Sicherheitskabinett sein Okay für 30.000
       Reservisten. „Es ist nicht sicher, dass wir einmarschieren“, meinte Barak,
       „aber sollte es nötig werden, dann sind wir bereit“.
       
       Kandil wird eine Formel suchen, die beiden Seiten ermöglicht, das Feuer
       einzustellen, ohne das Gesicht zu verlieren. Möglich ist, dass der Tod
       dreier Israelis und der Raketenbeschuss Tel Avivs der Hamas als „Erfolg“
       ausreicht.
       
       Umgekehrt kann sich Israel mit der gelungenen Exekution des de facto
       Hamas-Armeechefs Ahmad Al-Jabari im eigenen Haus als Sieger der
       Auseinandersetzung erklären.
       
       Die Hamas und Israel tun zudem gut daran, es nicht mit Ägypten zu
       verderben. Gaza braucht das Tor zur Welt in Rafach, Israel die
       Sicherheitskooperation gegen den Terror im Sinai.
       
       16 Nov 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Susanne Knaul
       
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