# taz.de -- Griechische linksliberale Zeitung: Wer erbt die Leser?
       
       > Die linksliberale Zeitung „Eleftherotypia“ ist nach einem Jahr Pause
       > zurück. Doch frühere Angestellte haben schon längst ein Nachfolgeblatt
       > gegründet.
       
 (IMG) Bild: Ein guter Platz zum Zeitunglesen: der Hafen von Piräus.
       
       Schon die Ankündigung elektrisierte griechische Zeitungsleser: Das
       legendäre Blatt Eleftherotypia, 1975 nach Wiederherstellung der Demokratie
       gegründet, 2011 in Konkurs gegangen und Anfang 2012 das vorerst letzte Mal
       gedruckt, würde endlich wieder erscheinen. Am vergangenen Donnerstag lag
       dann die erste Neuausgabe am Kiosk.
       
       Eleftherotypia heißt übersetzt „Pressefreiheit“. Vierzig Jahre lang war
       diese Zeitung ein Synonym für kritischen Journalismus. Zu ihren
       Sternstunden gehörte die Aufdeckung der Schwarzgeldaffäre um den Banker
       Giorgos Koskotas, die in den späten 80er Jahren zum Sturz der damaligen
       sozialistischen Regierung führte.
       
       Nach einjähriger Zwangspause ist das Blatt nun zurück. Doch es gibt ein
       Problem: Bereits seit November 2012 erscheint Die Zeitung der Redakteure,
       die Eleftherotypia zum Verwechseln ähnlich sieht.
       
       Sie wird von früheren Mitarbeitern des Vorzeigeblattes produziert und
       residiert sogar dort, wo Eleftherotypia im Juli 1975 erstmals erschien – im
       historischen Verlagshaus an der Athener Kolokotronistraße. Nun konkurrieren
       zwei Redaktionen um die Nachfolge und die LeserInnen der alten
       Eleftherotypia. 
       
       ## Der Konkurs
       
       Rückblick: Zuletzt war Eleftherotypia im Dezember 2011 erschienen mit einer
       Auflage von knapp 40.000 Exemplaren. Als die Verlegerin Mania Tegopoulou
       damals Konkurs beantragte, reagierten die Mitarbeiter der Zeitung mit
       Streiks und Besetzungsaktionen.
       
       Vor einem Jahr produzierten sie das Streikblatt Eleftherotypia der
       Redakteure – eine Generalprobe für Die Zeitung der Redakteure, die
       mittlerweile täglich erscheint. Deren Macher sind ein Risiko eingegangen,
       das nicht alle Journalisten der eingestellten Eleftherotypia mittragen
       konnten oder wollten: Sie gründeten eine Genossenschaft, in die jeder 1.000
       Euro einzahlte, und verzichteten für zwei Monate auf ihr Gehalt. Ihr
       Kalkül: Sollte sich die Auflage des Blatts bei 20.000 Exemplaren
       stabilisieren, würden Tarifgehälter ausgezahlt. Ob diese Rechnung aufgeht,
       bleibt abzuwarten.
       
       Den Traditionstitel durfte und darf die Belegschaft nicht verwenden. Er
       gehört der Verlegerin Mania Tegopoulou, die nun ihre neue Eleftherotypia
       auf den Markt bringt. Als Verlegerin und Titeleigentümerin wird sie im
       Impressum aufgeführt, die Geschäftsführung obliegt einer Drittfirma.
       
       Die Zeitung der Redakteure nimmt das Outsourcing zum Anlass, Tegopoulou
       scharf anzugreifen und ihr vorzuwerfen, sie würde mit juristischen Tricks
       frühere Mitarbeiter loswerden wollen, um ein Nachfolgeblatt bei niedrigeren
       Personalkosten zu lancieren.
       
       Ansonsten macht Eleftherotypia dort weiter, wo das eingestellte
       Vorgängerblatt aufgehört hat, nämlich mit Skandalandeutungen gegen
       Sozialistenchef Evangelos Venizelos. Auch Die Zeitung der Redakteure
       punktete vor Kurzem mit einem Enthüllungsbericht über Unregelmäßigkeiten
       bei einer Beteiligungsgesellschaft griechischer Militärs.
       
       Insgesamt macht das selbst verwaltete Blatt den kämpferischeren Eindruck.
       Doch es dürfte eine Frage der Zeit sein, bis die neue Eleftherotypia
       aufholt.
       
       Ökonomisch vernünftiger wäre es gewesen, wenn die linksliberalen
       Journalisten Griechenlands, die derzeit in zwei Lagern gespalten sind, sich
       zu einem wirklich starken Meinungsblatt zusammenschließen. Doch die Zeichen
       dafür stehen nicht gut.
       
       13 Jan 2013
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Jannis Papadimitriou
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Griechenland
 (DIR) Schwerpunkt Zeitungskrise
 (DIR) Medien
 (DIR) Schwerpunkt Pressefreiheit
 (DIR) Hausbesetzer
 (DIR) Schwerpunkt Rassismus
 (DIR) Zeitung
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Deutschland im Pressefreiheitsranking: Nur noch Platz 17
       
       Auf der Rangliste der Pressefreiheit von Reporter ohne Grenzen ist
       Deutschland abgewertet worden. Grund ist die abnehmende Pressevielfalt.
       
 (DIR) Besetztes Haus in Athen: „Villa Amalia“ geräumt
       
       Die Polizei räumt das 22 Jahre lang besetzte und legendäre Gebäude in
       Athen. Dadurch wird die „Villa Amalia“ zum Politikum in Griechenland.
       
 (DIR) Ungarischer Journalist hetzt gegen Roma: So etwas wie Würde
       
       Zsolt Bayer, Journalist und Freund des ungarischen Premiers Viktor Orbán,
       bezeichnet Roma als „Tiere“. Orbán distanziert sich nicht. Was sagt uns
       das?
       
 (DIR) Zeitung gestern und morgen: Im Raum voll der schönsten Frauen
       
       Auch als die erste Nummer der taz erschien, musste alles schnell gehen.
       Eine Erinnerung an eine Zeit, die von heute aus betrachtet gemütlich wirkt.