# taz.de -- Österreichs Ex-Innenminister: Vier Jahre Haft wegen Bestechlichkeit
       
       > Der ehemalige ÖVP-Politiker und EU-Abgeordnete Ernst Strasser muss wegen
       > Korruption für vier Jahre ins Gefängnis. Sein Anwalt kündigt Berufung an.
       
 (IMG) Bild: Wegen Bestechlichkeit verurteilt: der ehemalige Innenminister Ernst Strasser.
       
       WIEN taz | Mit Exinnenminister Ernst Strasser ist am Montag das erste
       Kabinettsmitglied der ÖVP-FPÖ-Regierung unter Wolfgang Schüssel (2000–2007)
       wegen Korruption verurteilt worden. Ein Schöffensenat befand den
       56-jährigen Angeklagten der Bestechlichkeit für schuldig. Das noch nicht
       rechtskräftige Urteil lautet auf vier Jahre Haft.
       
       Strasser wurde vorgeworfen, als EU-Abgeordneter angeboten zu haben, gegen
       Geld die europäische Gesetzgebung im Sinne der Auftraggeber zu
       beeinflussen. Er war britischen Journalisten aufgesessen, die die
       Geschäftsanbahnung heimlich mitgefilmt hatten.
       
       Richter Georg Olschak begründete das harte Urteil mit Generalprävention und
       der prominenten Rolle Strassers: „Es hat in der Zweiten Republik in
       Österreich wenige Personen gegeben, die dem Ansehen der Republik so
       geschadet haben wie Sie.“
       
       Obwohl kein Vertrag unterzeichnet wurde und kein Geld geflossen war, sah
       das Gericht den Tatbestand der Bestechlichkeit als „ganz eindeutig erfüllt“
       an. Strafbar ist bereits, wenn sich ein Amtsträger einen Vorteil
       versprechen lässt oder diesen einfordert.
       
       ## Märchengeschichten
       
       Konkret ging es darum, eine Richtlinie zum Schutz kleiner Anleger im
       Interesse von Hedgefonds aufzuweichen. Strassers Verteidigung, er habe
       hinter den vorgeblichen Lobbyisten Geheimagenten vermutet und sei nur zum
       Schein auf ihr Offerte eingegangen, um sie zu enttarnen, traf auf wenig
       Verständnis.
       
       Richter Olschak: „Das zählt zum Abenteuerlichsten, was mir in meiner
       20-jährigen Erfahrung untergekommen ist.“
       
       Belastet wurde Strasser auch von der Assistentin des inhaltlich zuständigen
       Abgeordnetenkollegen Otmar Karas, die ein ungewöhnliches Interesse des
       Angeklagten für die gegenständliche Gesetzesvorlage und den
       Abstimmungstermin beobachtete.
       
       Die beiden Journalisten Claire Newell und Jonathan Calvert, die am letzten
       Verhandlungstag via Videokonferenz vom Gericht befragt wurden, gaben an,
       sie hätten Abgeordnete angesprochen, denen der Ruf der Bestechlichkeit
       vorausgeeilt sei.
       
       ## Der Lobbyist
       
       Ihre Filmprotokolle, auf denen sich der damalige ÖVP-Politiker in
       erbärmlichen Englisch anbiedert – „Of course I am a lobbyist“ – und gegen
       100.000 Euro jährlich die Interessen der Auftraggeber zu vertreten
       verspricht, waren vor 2011 ein Quotenhit auf YouTube. Die ÖVP entzog ihm
       das Mandat und verstieß ihn aus der Partei.
       
       Strasser, politischer Ziehsohn des Landeshauptmanns von Niederösterreich,
       Erwin Pröll, wurde zur Unperson. Die Politik geriet durch die Affäre so
       heftig unter Zugzwang, dass die Korruptionsgesetze verschärft wurden.
       
       Während einige Juristen und Politiker die Signalwirkung des Urteils loben,
       kritisierte Strassers Verteidiger Thomas Kralik das Urteil als „exorbitant
       hoch“ und meldete Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung an. Nächste Instanz
       ist der Oberste Gerichtshof.
       
       15 Jan 2013
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Ralf Leonhard
       
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