# taz.de -- Obamas Amtseinführung: „I have a dream – I have a drone“
       
       > Der zweite Amtsantritt Barack Obamas wird deutlich weniger euphorisch
       > ausfallen. Linke und rechte Gegendemonstranten machen Stimmung.
       
 (IMG) Bild: Pazifist Martin Luther King (l.) und Friedensnobelpreisträger Barack Obama – der noch jede Menge Soldaten in Afghanistan hat.
       
       WASHINGTON taz | Am Montagmittag wird Barack Obama auf der Westseite des
       Kapitols zum zweiten Mal öffentlich vereidigt. Die Nationalpromenade „The
       Mall“ in Washington wird wieder voller Menschen sein. Doch statt fast zwei
       Millionen, die seine letzte Amtseinführung feierten, werden dieses Mal nur
       halb so viele Zuschauer erwartet. Ein weiterer Kontrast zu 2009: Es haben
       sich linke GegendemonstrantInnen angekündigt. Sie werden an die nicht
       gehaltenen Versprechen des Friedensnobelpreisträgers erinnern und unter
       anderem folgenden Slogan benutzen: „I have a dream – I have a drone“.
       
       Das hat Obama II sich selbst eingebrockt. Seine zweite Amtseinführung fällt
       terminlich zusammen mit dem Martin Luther King-Tag. Bei der offiziell nicht
       religiösen Zeremonie wird der Präsident die Bibeln gleich zweier
       amerikanischer Symbolfiguren benutzen: Eine Abraham Lincolns, seines
       Amtsvorgängers, der vor 150 Jahren die Sklaverei abgeschafft hat und eine
       zweite des 1968 ermordeten schwarzen Bürgerrechtlers.
       
       Von links kommt Kritik an dieser Vereinnahmung des Vietnamkriegsgegners und
       Pazifisten. Martin Luther King hatte im Sommer 1963 – ebenfalls an der
       Nationalpromenade in Washington – seine berühmte Rede „I have a dream“
       gehalten, in der er von gleichen Rechten für Schwarze und Weiße träumte.
       
       Präsident Obama hat in seiner ersten Amtszeit zwar fast alle US-SoldatInnen
       aus dem Irak abgezogen, aber in Afghanistan sind heute mit 66.000 fast
       doppelt so viele US-Soldaten im Einsatz, wie im Januar 2009. Das
       Internierungslager Guantánamo existiert weiter. Und das Weiße Haus führt
       eine „Kill-List“, auf der die Namen jener stehen, die per Drohne getötet
       werden sollen.
       
       ## Hitler- und Stalin-Vergleiche
       
       Auch die radikale Rechte demonstriert gegen Obama. Sie benutzt dabei erneut
       dieselbe Ikonographie wie schon vor vier Jahren – darunter Hitler- und
       Stalin-Vergleiche. Aber dieses Mal schlägt sie schon vor der Amtseinführung
       aufrührerische Töne an und geht mit Schusswaffen auf die Straße. Am
       Samstag, zwei Tage vor dem Amtsantritt von Obama II, demonstrierten
       Schusswaffenfreunde in 47 Bundesstaaten gegen ein Maßnahmenpaket zur
       stärkeren Kontrolle von Schusswaffen, das der Präsident in der vergangenen
       Woche vorgestellt hat.
       
       Obama zog damit Konsequenzen aus der tödlichen Schießerei an einer
       Grundschule in Newtown. Die Rechten nannten ihre Antwort einen:
       “Schusswaffen-Anerkennungs-Tag“. An drei Orten verletzten sie am Samstag
       bei ihren Demonstrationen zur „Verteidigung von Freiheit und Verfassung“
       fünf Personen durch Schüsse. In die US-Hauptstadt trauten sich diese
       Demonstrant nicht.
       
       Bei der 57. Einführung eines US-Präsidenten am Montag handelt es sich vor
       allem um ein Straßenspektakel, das unter anderem mit Spenden von großen
       Konzernen finanziert wird: Auftritten von Rockstars, Militärmusik, einer
       Parade mit mehreren Festwagen über die Pennsylvania Avenue bis hin zum
       Weißen Haus und einer präsidiale Rede. Die eigentliche Vereidigung fand
       bereits am Sonntag in kleinem Kreis im Weißen Haus statt, denn der neue
       Präsident muss jeweils am 20. Januar nach seiner Wahl eingeführt werden.
       Andernfalls entstünde an der Spitze der USA ein Machtvakuum.
       
       ## Wirtschaftliche und soziale Themen
       
       Angesicht von 7,8 Prozent Arbeitslosigkeit (wie im Januar 2009), von mehr
       als 46 Millionen US-Amerikaner, die unterhalb der Armutsgrenze leben (drei
       Millionen mehr als vor vier Jahren) und einer Staatsverschuldung von mehr
       als 16 Billionen Dollar (sechs Billionen mehr als vor vier Jahren), drängen
       sich wirtschaftliche und soziale Themen für die Antrittsrede von Obama auf.
       Ebenso Ausblicke auf politische Vorhaben in der zweiten Amtszeit wie die
       Verstärkung der Schusswaffenkontrolle, für die es seit Newtown eine breite
       Unterstützung gibt und die bereits vor vier Jahren versprochene
       Migrationsreform. Sie richtet sich an die rund zwölf Millionen Menschen
       ohne Papiere in den USA, Mehrheitlich Latinos.
       
       Präsident Obama hat in den vergangenen Wochen einen klareren Ton
       angeschlagen und weniger Bereitschaft gezeigt, Kompromisse mit den
       Republikanern zu suchen, die sein eigenes politisches Handeln behindern.
       Seit November hat er ein starkes Wahlergebnis im Rücken. Und die Gewissheit
       vor Augen, dass ihm kein neuer Wahlkampf bevorsteht. In wenigen Tagen muss
       er am 12. Februar vor den Kongressabgeordneten eine „Rede zur Lage der
       Nation“ halten. Doch die Antrittsrede am Montag ist eine Gelegenheit, sich
       ohne zwischengeschaltete Instanz direkt ans Volk zu wenden. Das offizielle
       Thema der Veranstaltung unterstreicht das: „Our People. Our Future.“
       
       20 Jan 2013
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Dorothea Hahn
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