# taz.de -- Ferndiagnosen: Pillen ohne Besuch beim Doktor
       
       > Viagra? Oder nur etwas gegen Durchfall? Online-Arztpraxen ersparen die
       > oft peinliche Sprechstunden. Daran wird nun Kritik laut.
       
 (IMG) Bild: Das Stethoskop dient bei der Behandlung per Computer natürlich nur der Dekoration.
       
       BERLIN taz | Wer unter Erektionsstörungen leidet, kann den Besuch beim Arzt
       vermeiden – es reicht, wenn er sich auf der Internetseite
       [1][//www.dred.com/de/:DrEd] durch einen Fragebogen klickt. „Das Rezept
       schicken wir entweder an eine deutsche Versandapotheke oder direkt zu Ihnen
       nach Hause“, verspricht der Onlineanbieter. So einfach können Patienten
       heute an verschreibungspflichtige Medikamente wie Viagra kommen.
       
       Der Vizevorsitzende der Unionsfraktion im Bundestag, Johannes Singhammer
       (CSU), sieht das kritisch. Er fordert mehr Schutz deutscher
       Patienten.„Ferndiagnosen sind in Deutschland gemäß der Berufsordnung für
       Ärzte verboten“, so Singhammer gegenüber der taz. Er äußerte zudem die
       Sorge, dass Ärzte und Apotheken auf dem Land durch derartige Onlineangebote
       wirtschaftliche Nachteile in Kauf nehmen müssten.
       
       Angebote wie DrEd basieren auf Widersprüchen zwischen europäischem und
       deutschem Recht: Momentan besteht die Möglichkeit, ein Rezept EU-weit
       einzulösen. Ein Rezept, das man in Großbritannien auch ohne Arztbesuch
       ausgestellt bekommen hat, kann also in Deutschland in einer Apotheke
       eingelöst werden.
       
       DrEd hat seinen Sitz in Großbritannien, aber auch ein deutschsprachiges
       Internetangebot. Singhammer fordert, dass Rezepte nicht ohne ein direktes
       Gespräch beim Arzt ausgestellt werden. „Die Bundesregierung ist
       aufgefordert, deutsches Recht so durchzusetzen, dass es nicht unterlaufen
       werden kann.“
       
       Der Pressesprecher von DrEd, Jens Apermann, wies darauf hin, dass die
       Online-Arztpraxis sich nicht als Ersatz, sondern als Ergänzung für eine
       ärztliche Behandlung sehe. Deshalb konzentriere sich das Angebot von DrEd
       auch nur auf einige bestimmte Bereiche. So würde die Onlinepraxis unter
       anderem Patienten behandeln, die unter sexuellen Funktionsstörungen oder
       Geschlechtskrankheiten litten. „Bei den sogenannten peinlichen Erkrankungen
       fällt vor allem Männern ein Gang zum Arzt schwer“, so Apermann.
       
       Ärztepräsident Frank Ulrich Montgomery sagte, dass die Bundesärztekammer
       grundsätzlich telemedizinische Verfahren, die die Behandlung eines
       Patienten aus der Ferne ermöglichen, begrüße. Sie dürften jedoch
       ausschließlich als Ergänzung dienen. Das Vertrauensverhältnis, das durch
       ein persönliches Gespräch entstehe, sei die Grundlage für jede Form der
       Therapie. „Diagnose und Behandlung allein über das Internet können nicht im
       Interesse des Patienten sein“, sagte er der taz.
       
       Als Grund für die erneut aufgeflammte Kritik an DrEd vermutet Apermann die
       Tatsache, dass über die Online-Praxis auch die „Pille danach“ bezogen
       werden könne. Das sei in Deutschland im Vergleich zu anderen europäischen
       Ländern immer noch ein heikles Thema. Auch das Patientenbild sei in
       Deutschland und Großbritannien sehr unterschiedlich.
       
       In Großbritannien werde der Patient stärker in die Eigenverantwortung
       genommen und als mündig betrachtet, so Apermann. Dieses Bild wolle DrEd
       auch auf dem deutschen Markt verankern.
       
       16 Mar 2013
       
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