# taz.de -- Atomkraft in Südkorea: Wohin mit dem strahlenden Müll?
       
       > Gut 30 Prozent des Stroms in Südkorea wird in Atomkraftwerken produziert.
       > Dabei entstehen Tonnen von Müll. Die Regierung weiß nicht wohin damit.
       
 (IMG) Bild: Anti-Atom-Aktivisten in Südkorea verneigen sich aus Protest gegen die Regierungspläne für ein Endlager (Archivbild)
       
       ULSAN ap | Nicht nur das nordkoreanische Atomwaffenprogramm bereitet
       Südkorea Kopfschmerzen. Das ostasiatische Land hat Schwierigkeiten bei der
       Endlagerung des Atommülls, der in seinen Atomkrafterken anfällt. Bisher
       gibt es nur Möglichkeiten der Zwischenlagerung, doch auch diese Kapazitäten
       werden in wenigen Jahren ausgeschöpft sein. Eine Lösung ist nicht in Sicht.
       Zugleich versucht sich Südkorea derzeit als Exporteur von
       Nukleartechnologie zu etablieren.
       
       Das erste Atomkraftwerk des Landes, das mit Hilfe der USA errichtet wurde,
       ging 1978 in Betrieb. Seitdem hat die Atomkraft in Südkorea immer mehr an
       Bedeutung gewonnen. Mittlerweile sind 23 Atomkraftwerke am Netz, und das
       Land ist der weltweit fünftgrößte Produzent von Atomstrom. Trotz der
       Katastrophe im rund 1.500 Kilometer entfernten japanischen Atomkraftwerk
       Fukushima vor gut zwei Jahren ist ein Ausbau des Bereichs geplant: Elf neue
       Reaktoren sollen bis zum Jahr 2024 in Betrieb genommen werden. Südkorea
       will dann 40 Prozent seines Energiebedarfs mit Atomstrom abdecken.
       
       Bisher ungelöst aber ist die Frage, was mit den Abfallprodukten passieren
       soll. Etwa 100.000 Tonnen davon wird Südkorea in diesem Jahrhundert laut
       Schäutzungen produzieren. Die derzeit zur Verfügung stehenden Kapazitäten
       zur Zwischenlagerung werden vermutlich schon im Jahr 2016 ausgeschöpft
       sein.
       
       Um den gesamten Atommüll sicher zu lagern, so ergab eine 2011 in der
       Zeitschrift „Korean Journal of Defense Analysis“ veröffentlichte Studie des
       Analysten Seongho Sheen von der Universität Seoul, müssten auf einem 20
       Quadratkilometer großen Gebiet 500 Meter unter der Erdoberfläche
       entsprechende Lagerungsmöglichkeiten geschaffen werden. So etwas in
       Südkorea zu finden, sei extrem schwierig. Das Land ist etwa doppelt so
       dicht besiedelt wie Deutschland.
       
       ## Endlager in der Touri-Attraktion
       
       Im kommenden Jahr soll das erste Endlager für niedrig-strahlenden Atommüll
       eröffnet werden. Standort ist Gyeongju, die antike Hauptstadt des früheren
       koreanischen Reiches und bis heute wegen der historischen Stätten eine der
       Touristenattraktionen des Landes. Der Protest war groß, die Regierung ließ
       sich die Zustimmung viel kosten, schaffte wirtschaftliche Anreize, schuf
       neue Arbeitsplätze in der Region, unterstützte den Ausbau der
       Infrastruktur. In dem Lager sollen 800.000 Behälter mit Atommüll Platz
       finden.
       
       Aber wohin mit dem hochgradig radioaktiven Abfall? Ein Ausschuss soll sich
       ab diesem Sommer mit der Frage beschäftigen. Außerdem will Südkorea auf
       neue Verfahren der Wiederaufarbeitung setzen, sogenannte pyrometallurgische
       Verfahren. Diese würden nach Angaben des südkoreanischen
       Atomenergieforschungsinstituts die Menge des Atommülls um 95 Prozent
       reduzieren – bei traditionellen Verfahren der Wiederaufarbeitung wären es
       demnach nur 20 bis 50 Prozent.
       
       Das Problem ist, dass in Südkorea Wiederaufbereitung nicht erlaubt ist. Das
       Land hat sich in einer Kooperationsvereinbarung 1973 mit den USA
       verpflichtet, sowohl darauf als auch auf Urananreicherung zu verzichten.
       Dahinter steckt die Befürchtung der USA, Südkorea könne andernfalls mit der
       Entwicklung von Atomwaffen beginnen – dafür wird angereichertes Uran
       benötigt.
       
       „Es ist keine Frage von Misstrauen“, sagt Sharon Squassoni vom Zentrum für
       Strategische und Internationale Studien in Washington. „Es geht nicht
       darum, dass wir glauben, Südkorea könne das Material entsprechend
       verwenden. Es ist eine Frage der Weltpolitik.“ Sollten die USA
       Wiederaufbereitungs- und Urananreicherungsanlagen in Südkorea zulassen,
       konterkariert dies beispielsweise ihr Engagement gegen die Atomprogramme in
       Nordkorea oder im Iran. „Für die USA ist es eine Frage der Weitergabe von
       Atomwaffen. Für Südkorea geht es um die Sicherheit der Energieversorgung
       und den Umgang mit Atommüll“, sagt der für diese Fragen zuständige Beamte
       Song Myung-Jae.
       
       ## Wettbewerb beim Atomexport
       
       Die Vereinbarung mit den USA gilt bislang nur bis zum Jahr 2014. Die neue
       südkoreanische Präsidentin Park Geun Hye hat bereits im Wahlkampf
       angekündigt, sich für eine Überarbeitung des Abkommens einzusetzen. Denn
       für das Land geht es nicht nur um den Atommüll, sondern auch um die
       Wettbewerbsfähigkeit beim Export von Nukleartechnologie: Konkurrenten wie
       Frankreich oder Japan können zum Beispiel angereichertes Uran gleich
       mitliefern, Südkorea nicht.
       
       Die USA haben sich mittlerweile zu gemeinsamen Atomforschungsprojekten mit
       Südkorea bereiterklärt, darunter auch pyrometallurgische Verfahren. Es
       bleibt die Frage, ob dies eine Lösung ist. „Die USA brauchen Atomenergie
       nicht so verzweifelt wie Südkorea“, sagt Sheen.
       
       27 Mar 2013
       
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