# taz.de -- Science-Fiction-Film „Oblivion“: Schöner wohnen im Jahr 2077
       
       > Der Regisseur Joseph Kosinski gilt als Visionär. Doch seinem neuen Film
       > „Oblivion“ mit Tom Cruise fehlt es an Charakteren und Konflikten.
       
 (IMG) Bild: Muss in der Zukunft aufräumen: Tom Cruise in „Oblivion“.
       
       Fantasien darüber, wie wohl die Menschheit in hundert oder auch in tausend
       Jahren leben wird, lassen oft das Alltäglichste aus: Was isst man? Wie
       wohnt man? Gibt es noch Weckuhren? Nicht so Joseph Kosinski, dessen
       [1]["Oblivion“] als eine Art Schöner-wohnen-Katalog beginnt: Wir lernen das
       reizende Paar Jack (Tom Cruise) und Vika (Andrea Riseborough) kennen – in
       ihrem wundervollen, auffällig aufgeräumten Zuhause, einem hoch über den
       Nebeln der Erde schwebenden Sky-Tower.
       
       Der gleicht einem riesigen Möbelstück aus Plexiglas, hat aber all das, was
       dem in einer westlichen Zivilisation aufgewachsenen Menschen des 21.
       Jahrhunderts so wichtig ist: Glasveranda, Küche mit Durchreiche – und einen
       Swimmingpool. Für Letzteren braucht man allerdings einiges an Nerven, denn
       zu allen Seiten hin ist er durchsichtig; darin zu schwimmen, muss sich
       anfühlen, als paddle man in den Wolken. Vielleicht sollte misstrauisch
       machen: Jack und Vika scheinen von solchen Anwandlungen wie Schwindel oder
       Panik völlig frei.
       
       Das könnte aber auch daran liegen, dass sie so einiges hinter sich haben:
       Wir schreiben das Jahr 2077, ein Krieg mit Außerirdischen hat die Erde
       zerstört. Der Rest der Menschheit hat sich auf einen anderen Planeten
       gerettet, Jack und Vika wurden zurückgesendet, um die letzten
       Aufräumarbeiten zu überwachen. Riesige Maschinen saugen das verbliebene
       Wasser der Erde ab, während Drohnen den „Plünderer“ getauften Rest-Aliens
       den Garaus machen.
       
       Das Paar hat selbst keine Erinnerungen daran, wie die Erde mal war, ihre
       Gedächtnisse wurden aus Fürsorglichkeit „gelöscht“. Vika beantwortet
       roboterhaft die Anfragen ihrer Auftraggeber aus dem All mit Phrasen wie „Es
       ist ein weiterer Tag im Paradies“, aber Jack wird von seltsamen Visionen
       heimgesucht, in denen eine großäugige, dunkelhaarige Frau in den Straßen
       des alten New York eine Rolle spielt. Und dann hat er sie eines Tages vor
       sich: als letzte Überlebende eines abgestürzten Raumschiffs. Er versteht
       nicht, warum die Drohnen, die doch die Menschen gegen die Aliens
       verteidigen sollen, sie mit ihrer gesamten Crew fast umgebracht hätten.
       
       [2][Joseph Kosinski] gab 2010 mit [3][“Tron: Legacy“] ein erfolgreiches
       Regiedebüt und wird seither als „Visionär“ annonciert. Mit „Oblivion“
       verfilmt er eine selbst verfasste Geschichte, die er auf dem langen Weg der
       Filmrealisierung zwischendurch auch in eine Graphic Novel verwandelt hatte.
       
       Tatsächlich ist es der sichtbare Ehrgeiz in der visuellen Gestaltung, der
       „Oblivion“ zunächst aus der Reihe der Science-Fiction-Filme heraushebt, die
       mit der Einführung der digitalen Tricktechnik mehr und mehr gerade in
       diesem Bereich an Originalität verloren haben. Das schöne, Melancholie
       erzeugende Spiel mit der Verfremdung des eigentlich Vertrauten will
       Kosinski hier auf neue Spitzen treiben, indem er ikonische Stätten wie etwa
       das Empire State Building im Zustand der Zerstörung nachbildet. Fast blitzt
       darin eine wehmütige Verbeugung vor den romantischen Liebesgeschichten auf,
       die sich hier schon abgespielt haben.
       
       Doch leider wird es mit der Melancholie dann doch nichts. Die visuellen
       Reize sind zwar da, aber es fehlt der Handlung trotz „überraschender“
       Wendungen schlicht an Konflikten. Was vor allem an einem eklatanten Mangel
       an Charakteren liegt. Tom Cruise spielt die Hauptrolle, das restliche
       Ensemble findet sich in geradezu merkwürdiger Weise auf
       Nebendarstellerstatus reduziert, ganz so, als sei Cruise vertraglich
       zugesichert worden, dass ihm auch ja niemand die Szene streitig macht.
       Nicht Morgan Freeman, der hier vielleicht fünf Sätze sagen darf, erst recht
       nicht Nikolaj Coster-Waldau, mit dessen „Game of Thrones“-Ruhm zwar groß
       geworben wird, der aber im Grunde nur zwei Mal in Erscheinung tritt.
       
       Dann gibt es noch die beiden Frauen, Olga Kurylenko und Andrea Riseborough,
       die auch nicht mehr tun dürfen, als den Helden mit großen feuchten Augen
       anzuschauen, während der tut, was er tun muss. So viel wird immerhin klar:
       Männliche Eitelkeit bleibt auch in der Zukunft ein Faktor.
       
       11 Apr 2013
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] http://movies.universal-pictures-international-germany.de/oblivion/
 (DIR) [2] http://www.youtube.com/watch?v=SinChlesle4
 (DIR) [3] http://www.youtube.com/watch?v=SinChlesle4
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Barbara Schweizerhof
       
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