# taz.de -- Stimmen zum neuen NSU-Prozesstermin: Eine „mittlere Katastrophe“
       
       > NSU-Prozess: Politiker aller Parteien begrüßen das neue
       > Akkreditierungsverfahren. Auf türkischer Seite dominieren aber Sarkasmus
       > und Kritik.
       
 (IMG) Bild: Mit dem Schreddern nicht rechtzeitig fertig geworden?
       
       Auf Facebook reagierte die Schriftstellerin und Journalistin [1][Hatice
       Akyün] mit Sarkasmus: „NSU-Prozess verschoben! Verfassungsschutz ist noch
       nicht fertig mit dem Schreddern!“ Wenig später reichte sie die zynische
       Vermutung nach: „Vielleicht arbeitet das OLG aber auch auf eine Verjährung
       hin.“
       
       Nicht viele nahmen die [2][Ankündigung des Münchner Oberlandesgerichts],
       den Auftakt des Prozesses gegen Beate Zschäpe und die Unterstützer ihrer
       Zwickauer Zelle [3][auf den 6. Mai zu verschieben], mit so viel Humor. Als
       „mittlere Katastrophe“ bezeichnete die Ombudsfrau der Bundesregierung für
       die NSU-Opfer und deren Angehörige, Barbara John, die Verschiebung.
       
       Viele Angehörige hätten sich emotional auf den Prozessbeginn eingestellt,
       Fahrkarten gekauft, eine Unterkunft gebucht oder sich Urlaub genommen. Nun
       sei es bei vielen unsicher, ob sie überhaupt am neuen Prozessbeginn
       teilnehmen könnten.
       
       „Dass wir in so eine peinliche Situation geraten sind, ist auf das
       skandalöse Verhalten des Oberlandesgerichts zurückzuführen“, sagte der
       Vorsitzende der Türkischen Gemeinde in Deutschland, Kenan Kolat, der taz.
       Jetzt stelle sich die Frage, was aus den Kosten werde, die dadurch für die
       Hinterbliebenen und die Nebenkläger entstünden. „Die Justizminister sind
       jetzt gefordert, eine praktikable Lösung zu finden, damit diese Menschen
       nicht noch mehr leiden müssen“, findet Kolat.
       
       ## Verschiebung in letzter Sekunde
       
       „Ich hoffe, das Gericht wird aus seinen Fehlern lernen“, sagte Aiman
       Mazyek, Sprecher des Koordinierungsrats der Muslime. „Die Richter sind hier
       nicht nur Vertreter des Rechts, sondern auch Botschafter deutscher
       Rechtsstaatlichkeit in der Welt.“ Die gemeinnützige Amadeu-Antonio-Stiftung
       erklärte, durch die Verschiebung in letzter Sekunde reihe sich der
       NSU-Prozess in das „unerträgliche Staatsversagen im Umgang mit dem NSU“
       ein.
       
       Politiker aller Parteien hingegen begrüßten die Entscheidung des Münchner
       Gerichts, ein völlig neues Akkreditierungsverfahren zu starten, darunter
       auch die Mitglieder des NSU-Untersuchungsausschusses in Berlin. Der
       CDU-Vertreter im Ausschuss, Clemens Binninger, und der Grünen-Abgeordnete
       Wolfgang Wieland regten aber an, die Verhandlung zusätzlich in einen
       benachbarten Raum des Gerichts zu übertragen, um mehr Journalisten die
       Möglichkeit zu geben, den Prozess zu verfolgen.
       
       Auch der Deutsche Journalisten-Verband zeigte sich erfreut. „Das ist die
       richtige Konsequenz aus der viel diskutierten Pannenserie der letzten
       Wochen“, sagte der DJV-Bundesvorsitzende Michael Konken am Montag. Die
       türkische Zeitung Sabah hingegen bedauerte die Entscheidung. „Aus unserer
       Sicht ist das nur die zweitbeste Lösung“, sagte ihr Anwalt Ralf Höcker.
       
       „Wichtig ist, dass jetzt auch den ausländischen Medien ausreichend Plätze
       zur Verfügung gestellt werden“, sagte die SPD-Generalsekretärin Andrea
       Nahles. Grünen-Chef Cem Özdemir nannte die Verschiebung des NSU-Prozesses
       eine zusätzliche Belastung für die Angehörigen. „Sie dürfen jetzt auf
       eventuellen Mehrkosten nicht sitzen bleiben“, mahnte er.
       
       In München gab der Vorsitzende Richter im NSU-Prozess, Manfred Götzl, in
       einem Vermerk, der Pressestelle des Gerichts eine Mitschuld an der
       Verschiebung des Verfahrens. Die Pressestelle habe „einzelnen
       Medienvertretern bereits vorab die voraussichtliche Berücksichtigung der
       Akkreditierung nach der Reihenfolge der Eingänge mitgeteilt“. Zudem sei in
       einer E-Mail an Journalisten auf eine falsche Stelle der Verfügung zur
       Akkreditierung hingewiesen worden, schreibt der Senatsvorsitzende. (mit
       dpa)
       
       15 Apr 2013
       
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