# taz.de -- Studie zum digitalen Fingerabdruck: Bitte zurückverfolgen!
       
       > Jeder Browser verursacht eine einzigartige Datenspur im Netz. Sie
       > auszulesen, könnte das Online-Banking sicherer machen. Aber auch
       > personalisierte Werbung erleichtern.
       
 (IMG) Bild: Kein Browser im Spiel: analoges Fingerprinting.
       
       Für Ämter und Behörden bezeugt der Fingerabdruck die Identität einer
       Person. Im Internet fehlt es aber bislang an einer sicheren Methode, vom
       Nutzer auf die reale Person zu schließen. Gott sei Dank, sagen
       Datenschützer. Leider, sagen Werbeunternehmer. Zwischen diesen beiden Polen
       bewegen sich jene, die finden, eine Zuordnung von Rechner und Person berge
       nicht nur die Gefahr personalisierter Werbung, sondern auch die Chance, den
       Missbrauch von Daten zu verhindern.
       
       Von letzterem ist Henning Tillmann überzeugt. Der 28-jährige
       Informatik-Student an der Humboldt-Universität Berlin referierte vergangene
       Woche auf der Bloggerkonferenz [1][„re:publica“] über das Ende der Cookies.
       Und über alternative Wege, das Surfverhalten von Internet-Usern
       auszuwerten. Cookies sind kleine Textbausteine, mit deren Hilfe
       Werbedienstanbieter, die Werbebanner auf verschiedenen Internetseiten
       geschaltet haben, das Surfgewohnheiten einzelner Personen analysieren – und
       dementsprechend [2][maßgeschneiderte Werbung] platzieren.
       
       ## Auf der Suche nach Alternativen zu Cookies
       
       Da man Cookies deaktivieren kann und nun der beliebte Browser Mozilla
       Firefox ab der Version 22 standardmäßig [3][Cookies von Drittanbietern]
       blockieren will, ist die Werbebranche eifrig auf der Suche nach
       Alternativen. Eine davon ist das Browser Fingerprinting – das Auslesen der
       Datenspur, die der Nutzer beim Surfen im Netz hinterlässt. „Werbenetzwerke
       haben natürlich ein sehr großes Interesse daran“, sagte Henning Tillmann
       der taz.
       
       Warum das so ist, zeigen Tillmanns Forschungsergebnisse. Anhand der
       Browser-Spuren ist die eindeutige Identifizierung von Nutzern weitgehend
       möglich. Von den 17.937 Fingerabdrücken, die Tillmann im Rahmen seiner
       [4][Diplomarbeit] auswertete, sind 92 Prozent einzigartig. Eine
       Verwechslung untereinander kann durch die einmalige Kombination
       verschiedener Rechner-Einstellungen – Betriebssystem, Browserkonfiguration,
       Bildschirmauflösung, installierte Plugins, die Zeitzone, Hintergrundfarben
       oder Schriftarten – ausgeschlossen werden. Über viele dieser Einstellungen
       informiert der Browser ungefragt. Andere können von alltäglichen
       Web-Skriptsprachen wie Javascript oder Flash ausgelesen werden.
       
       ## Wiedererkennungsquote 90 Prozent
       
       Selbst nach drei geänderten Einstellungen liegt die Wiedererkennungsquote
       bei immerhin 90 Prozent. Ein Rechner kann also auch noch dann identifiziert
       werden, wenn beispielsweise Software-Updates seinen Fingerabdruck leicht
       abgeändert haben. „Richtigen Schutz vor Browser-Fingerprinting gibt es
       kaum“, bilanziert Tillmann. Die einzige Möglichkeit bestünde darin, zum
       Surfen einen Rechner mit Standard-Einstellungen des Herstellers zu
       verwenden. Denn jedes zusätzlich installierte Plugin, jede besondere
       Schriftart macht einen Rechner unterscheidbarer – Modifikationen, auf die
       kaum ein Nutzer verzichten möchte.
       
       Für Tillmann ist es deshalb nur eine Frage der Zeit, bis der digitale
       Fingerabdruck auch in der Werbe-Industrie genutzt wird. Für die Branche
       wäre das ein großer Fortschritt: Denn im Gegensatz zu den momentan
       eingesetzten Cookies kann der Fingerprint nicht festgestellt werden, weil
       bislang keine Software das Auslesen von Browser-Spuren nachweisen kann.
       
       Mit der Identifizierung von Personen anhand seiner Rechner-Spuren ließe
       sich der Datentransfer im Netz aber auch sicherer machen. Zum Beispiel beim
       Online-Banking: Dank des Fingerabdrucks könnte die Bank erkennen, ob sich
       ein Kunde von einem anderen Rechner aus einloggen will und daraufhin eine
       zusätzliche Verifizierung der Identität abfragen. An solchen
       [5][Sicherheits-Checks] wird bei Facebook und Google getüftelt.
       
       ## Verstoß gegen bestehendes Datenschutzrecht?
       
       Oberbeck, Sprecher von Google Nordeuropa, beteuert gegenüber der taz, dass
       Google den Browser-Fingerabdruck noch nicht „für interessensbasierte
       Dienste“ verwende. Anders formuliert: Die Google-Dienste schalten noch
       keine personalisierte Werbung, die auf der Auswertung von
       Browser-Datenspuren beruht. Gegenüber Tillmann haben aber Vertreter der
       Werbebranche eingeräumt, den Einsatz der Methode ernsthaft in Erwägung zu
       ziehen. Welche das sind, wollte Tillmann allerdings nicht verraten.
       
       Dabei ist strittig, ob die ungefragte Datenerhebung zu Werbezwecken nicht
       gegen bestehendes Datenschutzrecht verstoße. Die Frage stellt sich
       insbesondere dann, wenn die gesammelten Daten Rückschlüsse auf die
       „natürliche Person“ zulassen, erklärt der IT-Rechtsanwalt Sebastian Kraska.
       Darunter zählen [6][personenbezogene Daten] wie Name oder Anschrift.
       
       Der Rückschluss vom Intenet-Nutzer auf die reale Person ist allerdings
       jetzt schon leicht möglich. Beispielsweise indem man das Surfverhalten mit
       den E-Mail-Adressen oder den [7][Benutzernamen von Sozialen Netzwerken
       abgleicht]. Um Bewusstsein für diesen Umstand zu schaffen, sieht
       Informatiker Tillmann die Wissenschaft in die Pflicht gerufen: „Wir müssen
       die Nutzer informieren, dass sie alleine durch den Aufruf einer Webseite
       gewisse Informationen preisgeben.“
       
       Gut möglich, dass der Browser-Fingerabdruck schon bald eingesetzt wird.
       Sollte sich die Werbeindustrie dazu ähnlich ausschweigen wie zum Einsatz
       von Cookies, werden Intenet-Nutzer über das Sammeln von Browser-Spuren aber
       nur spekulieren können.
       
       20 May 2013
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] http://www.re-publica.de/
 (DIR) [2] http://www.heise.de/tr/artikel/Wenn-Web-Werbung-zuviel-weiss-1851834.html
 (DIR) [3] http://www.heise.de/ix/meldung/Firefox-bleibt-bei-Cookie-Blockade-hart-1839688.html
 (DIR) [4] http://bfp.henning-tillmann.de/?lang=de
 (DIR) [5] http://www.golem.de/1201/89097.html
 (DIR) [6] http://www.datenschutzbeauftragter-online.de/datenschutz-internet-diskussion-ip-adresse-personenbezogenes-datum-daten-bdsg/3475/
 (DIR) [7] http://www.golem.de/news/onlinewerbung-facebook-statt-tracking-cookie-1301-97139.html
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Ralf Pauli
       
       ## TAGS
       
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