# taz.de -- Kolumne Geht's noch?!: Sperma, Macht, Kind
       
       > Wenn es um die Frage der Vaterschaft geht, sorgen deutsche Gerichte
       > zuverlässig nur für eines: Chaos.
       
 (IMG) Bild: Biologischer oder rechtlicher Vater? Das ist hier die Frage.
       
       Wer ist der richtige, der bessere Vater? Einer, der ein Kind gezeugt hat?
       Oder einer, der das Kind rechtlich als seines anerkennt?
       
       Ich bin der richtige, ist ja klar: Sagt jetzt ein schwuler Mann, der einem
       befreundeten lesbischen Paar durch seine Samenspende zu einem Baby verhalf.
       Nö, sagen aber die beiden Frauen. Die wollten zwar das Glück aus seinen
       Lenden, aber nicht seine Macht als rechtlicher Vater. Sie wollten gar
       keinen Mann in ihrer kleinen Familie – dafür soll es ja gute Gründe geben.
       Deshalb hatten die Frauen einen ausgefuchsten Plan: Ein weiterer schwuler
       Freund sollte die Vaterschaft unterschreiben, um sie danach gleich wieder
       abzugeben – damit die Co-Mutter, also die Frau, die das Kind nicht
       ausgetragen hat, das Baby adoptieren kann.
       
       Klingt super. Hat aber nicht funktioniert. Der biologische Vater wollte
       nämlich, als das Kind auf der Welt war, doch mehr sein als der Idiot, der
       seinen Samen verschenkte. Er wollte rechtlicher Vater sein und bei allem
       mitentscheiden: Kita, Religion, Pulver oder Muttermilch. Und er darf jetzt
       mitentscheiden: Der Bundesgerichtshof (BGH) hat dem Mann gerade Recht
       gegeben.
       
       Mit einer atemberaubenden Begründung: Ein Mann ist Vater eines Kindes, wenn
       er „an Eides statt versichert, der Mutter des Kindes während der
       Empfängniszeit beigewohnt zu haben“. Das trifft nach der jüngsten
       BGH-Entscheidung auch dann zu, wenn die Frau „ohne Geschlechtsverkehr“ mit
       dem Mann von ihm schwanger geworden ist.
       
       Ja, was denn nun? Beigewohnt oder nicht beigewohnt? Unbefleckte Empfängnis?
       Jetzt auch durch Männer? Wird Boris Beckers Samenklau in der Besenkammer
       künftig als Präzedenzfall herangezogen?
       
       Der Trend der Urteile höchstrichterlicher Instanzen in Sachen Vaterschaften
       setzt sich fort: Männer bekommen mehr Rechte an ihren Kindern – ganz egal,
       ob das logisch, sinnvoll und im Sinne des Kindeswohls ist. Oder einfach nur
       gaga.
       
       Gibt es demnächst Kinder, die eine biologische Mutter, einen biologischen
       Vater, einen rechtlichen Vater und noch weitere Personen haben, die über
       das Kind bestimmen dürfen? Im Streben nach mehr Gerechtigkeit ist so
       manchen Richtern offensichtlich die Vernunft abhanden gekommen.
       
       17 May 2013
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Simone Schmollack
       
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