# taz.de -- Bremer Brechmittelprozess: Proteste gegen die Richterin
       
       > Das Verfahren gegen den Bremer Polizei-Arzt, der für den Tod Laye Condés
       > verantwortlich ist, wird vorerst nicht eingestellt: Die
       > Staatsanwaltschaft will noch die Aussagen weiterer Gutachter hören.
       
 (IMG) Bild: "Höchstens geringe Schuld": Angeklagter V., Anwalt Joester.
       
       BREMEN taz | Die Empörung war groß, nachdem Barbara Lätzel, Vorsitzende
       Richterin am Landgericht Bremen, den Verfahrensbeteiligten des
       „Brechmittelprozesses“ nahe gelegt hatte, sich zu überlegen, die Anklage
       gegen Polizei-Arzt Igor V. wegen Körperverletzung mit Todesfolge
       herunterzustufen auf fahrlässige Tötung – und das Verfahren dann
       gegebenenfalls einzustellen. Gestern trugen Verteidigung,
       Staatsanwaltschaft und Nebenklage ihre Ergebnisse vor: Der Prozess wird
       vorerst weitergeführt.
       
       Zweimal wurde V. vom Landgericht freigesprochen, obwohl er Laye Condé im
       Dezember 2004 so lange Brechmittel und Wasser eingeflößt hatte, bis der ins
       Koma fiel und wenige Tage später starb. Condé sollte dazu gebracht werden,
       heruntergeschluckte Kokain-Kügelchen zu erbrechen. Zweimal kassierte der
       Bundesgerichtshof (BGH) die Urteile, den letzten Freispruch bezeichnete er
       als „fast grotesk falsch“.
       
       ## Will die Richterin den BGH austricksen?
       
       Dass die Richterin im nun dritten Verfahren eine Einstellung überhaupt in
       Erwägung zog, sorgte für heftige Proteste. Matthias Güldner, Fraktionschef
       der Bremer Grünen, warf ihr vor, den BGH „austricksen“ zu wollen: „Man
       fragt sich, was da eigentlich unter den Teppich gekehrt werden soll“, sagte
       er und unterschrieb eine öffentliche Protesterklärung der „Initiative in
       Gedenken an Laye-Alama Condé“ – genauso wie die Linksfraktion, die
       Internationale Liga für Menschenrechte, der Verein „Ärzte in sozialer
       Verantwortung“ und der „Vereinigung Niedersächsischer und Bremer
       Strafverteidigerinnen und Strafverteidiger“.
       
       Eine Verfahrenseinstellung, erklärte die, könne nur geschehen, wenn kein
       öffentliches Interesse an der Strafverfolgung bestünde – dies sei hier aber
       nicht der Fall. Des Weiteren sei ein BGH-Urteil bindend, solange es keine
       deutlich anderen Erkenntnisse gebe als in den vorherigen Verfahren.
       
       ## Ein Fall schwerer staatlicher Gewalt
       
       Damit argumentierte am Freitag auch Elke Maleika, Anwältin der Nebenklage.
       Die Bindungswirkung könne nur bei wesentlichen Abweichungen aufgehoben
       werden, „und die gab es bislang nicht“. Eine Einstellung des Verfahrens
       komme nicht in Frage, „weil es sich hier um einen Fall schwerer staatlicher
       Gewalt handelt, an dessen Aufklärung ein öffentliches Interesse besteht“.
       Außerdem habe V. zwar sein Bedauern über Condés Tod geäußert, sich aber bis
       heute weder entschuldigt noch eine Eigenverantwortung eingeräumt.
       
       V.’s Verteidiger Erich Joester griff indes sowohl den Bundesgerichtshof als
       auch Maleika scharf an: Der BGH habe sich „aufgeschwungen zu Medizinern“,
       die öffentlichen Reaktionen in den letzten Wochen seien das Ergebnis „der
       Pressearbeit der Nebenklägerin“, ihre Einschätzung der Beweisaufnahme sei
       „falsch“. Seinen Mandanten treffe höchstens geringe Schuld, „politische
       Meinungen können nicht auf ihn abgewälzt werden“.
       
       Kurz und neutral fiel hingegen die Stellungnahme der Staatsanwaltschaft
       aus: Eine notwendige rechtliche Bewertung könne zum jetzigen Zeitpunkt der
       Beweisaufnahme noch nicht getroffen werden, erst müssten noch die Aussagen
       der beiden Haupt-Gutachter abgewartet werden. Dem schloss Joester sich an –
       vorerst wird die Verhandlung also weitergehen.
       
       16 Jun 2013
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Simone Schnase
       
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