# taz.de -- Brasilianischer HipHop von Emicida: „Fickt euch und eure Gesetze“
       
       > Für seine Selbstvermarktung diente ihm der Drogenhandel als Vorbild, sagt
       > Emicida. Nun kommt der erfolgreiche brasilianische Rapper nach
       > Deutschland.
       
 (IMG) Bild: Emicida mit faltiger Stirn und Base-Cap.
       
       Emicida hat sich seinen Namen schon früh in HipHop-Battles in São Paulo
       erworben. Seine Rhymes waren so schnell, dass die anderen Rapper symbolisch
       gesprochen tot umfielen. Tatsächlich nutzt Emicida sein Talent als Waffe.
       In seinem Song „Dedo na Ferida“ legte er letztes Jahr den Finger in die
       Wunde der brasilianischen Geschichte, die große Kluft zwischen Armen und
       Reichen. Wenig diplomatisch singt er im Refrain: „Fickt euch und eure
       Gesetze“.
       
       Das Video zeigt Fernsehbilder, wie die Polizei in der Nähe von São Paulo
       mit Tränengas und Schlagstöcken ein ganzes Stadtviertel räumte, das die
       Leute auf besetztem Land gebaut hatten. „Meine Aggressivität kommt aus dem
       Alltag, den ich erlebe.“ Sitzt man Emicida gegenüber, könnte der Kontrast
       nicht größer sein. Er ist das Gegenteil von aggressiv. Sanfte Stimme,
       höfliche Umgangsformen, ein warmer Blick auf die Welt. Seine Welt.
       
       Emicidas neuester Song „Crisântemo“ handelt von seinem Vater, einem
       Alkoholiker, der starb, als er noch ein Kind war. Im Suff war er in einer
       Bar in eine Schlägerei geraten. Das Video stellt Szenen seiner Kindheit
       nach – und spielt in einem besetzen Haus in der Innenstadt von São Paulo,
       in dem über hundert Familien leben.
       
       Emicida erzählt also eine sehr persönliche Geschichte über Verlust und
       Trauer, stellt sie aber in den Kontext der Forderung nach neuen Formen der
       Organisierung und des Zusammenlebens. Seit gut sechs Jahren gehört Emicida
       zu den bekanntesten Rappern in Brasilien, aber bis heute steht er bei
       keiner Plattenfirma unter Vertrag. Zusammen mit seinem Bruder und einigen
       Freunden betreibt er das Laboratório Fantasma im Norden von São Paulo und
       vertreibt seine Musik selbst.
       
       „Wie wir gewachsen sind, ist ganz ähnlich wie in der Welt des
       Drogenhandels. Wirklich, das war wie eine Schule für uns. Du verkaufst
       billig, an alle, die kaufen wollen. Du bist vor Ort in der Peripherie. Und
       du verkaufst von Hand zu Hand. Und so haben wir es mit unseren CDs gemacht.
       Am Anfang haben wir sie zu Hause aufgenommen und selber verkauft. Heute
       sind wir zehn Leute, und wir haben Verkäufer in ganz Brasilien.“
       
       ## Kein Problem mit illegalen Kopien
       
       Über 70.000 Alben haben sie auf diesem Weg verkauft, aber Emicidas Musik
       zirkuliert weit darüber hinaus. Dieser Erfolg ist nicht zuletzt dem
       gekonnten Einsatz von elektronischen Medien zu verdanken. Hunderttausende
       folgen seinen Kommentaren auf [1][Twitter], seine Videos auf [2][YouTube]
       haben Millionen von Clicks. Dass viele seine Songs illegal kopieren, ganze
       DVDs von seinen Konzerten vertreiben, findet er nicht problematisch. „Die
       meisten Leute haben immer noch wenig Zugang zu Plattenläden oder Kinos. Da
       werde ich nicht die digitale Verbreitung von Musik und Filmen
       problematisieren.“
       
       Emicida ist in Brasilien ständig im Fernsehen zu sehen, vor einigen Jahren
       moderierte er eine Sendung über HipHop. „Früher waren Rapper hier in den
       Medien nur so Witzfiguren. Heute kann niemand mehr einfach so wegwischen,
       was wir machen. Das ist wichtig, nicht nur weil unsere Musik Respekt
       verdient. Es geht auch um die Art und Weise, wie wir hier in Brasilien als
       schwarze Menschen in den Medien auftauchen.“ In letzter Zeit zieht Emicida
       immer mehr Verbindungslinien zwischen Vergangenheit und Gegenwart, zwischen
       Genres und Generationen.
       
       Bei seinen Auftritten lädt er heute oft Legenden der brasilianischen
       Popmusik mit auf die Bühne, sucht die Nähe zur Samba und fügt so seine über
       die Jahre hinweg immer leichter und weicher gewordenen Rhymes in das große
       Meer der brasilianischen Musik ein.
       
       Emicida live: 19.6., Karlstorbahnhof Heidelberg, 21.6., Brotfabrik
       Frankfurt, 22.6., Rote Fabrik Zürich
       
       18 Jun 2013
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] http://twitter.com/emicida
 (DIR) [2] http://www.youtube.com/channel/HCwKgYEgVbpnQ
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Astrid Kusser
       
       ## TAGS
       
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