# taz.de -- Britische Internet-Überwachung: Deutsche alarmiert, Briten ungerührt
       
       > Parteiübergreifend fordern deutsche Politiker Aufklärung über das
       > britische Überwachungsprogramm „Tempora“. In Großbritannien gibt es nur
       > verhaltene Reaktionen.
       
 (IMG) Bild: Überwachung scheint bei den Briten kein Thema mehr zu sein: vor 64 Jahren, als „1984“ erschien, aber schon
       
       BERLIN/DUBLIN rtr/taz | Nach der Enthüllung des umfangreichen Spähprogramms
       des britischen Geheimdienstes GCHQ pocht die Bundesregierung auf rasche
       Aufklärung. „Treffen die Vorwürfe zu, wäre das eine Katastrophe“, erklärte
       Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) am
       Wochenende. Auch FDP-Chef Philipp Rösler forderte eine rasche Aufklärung
       von Großbritannien. Die Opposition schlug ebenfalls Alarm. „Die Vorwürfe
       klingen so, als ob der Überwachungsstaat von George Orwell in
       Großbritannien Wirklichkeit geworden ist“, sagte
       SPD-Fraktionsgeschäftsführer Thomas Oppermann.
       
       Der britische Geheimdienst zapft [1][dem Guardian zufolge] im großen Stil
       transatlantische Glasfaserkabel an und gibt Informationen an die US-Behörde
       NSA weiter. Das Programm mit dem Namen „Tempora“ bestehe seit etwa
       eineinhalb Jahren und sei weitaus umfangreicher als das kürzlich enthüllte
       US-Programm Prism. Der Guardian beruft sich auf Dokumente, die ihm vom
       früheren US-Geheimdienstmitarbeiter Edward Snowden zugespielt wurden. Die
       USA stellten inzwischen Strafanzeige wegen Spionage gegen den 30-Jährigen.
       
       Der Bericht löste in Deutschland parteiübergreifend Besorgnis aus. Ein
       solches Programm wäre nicht hinnehmbar, erklärte [2][Rösler über Twitter].
       Die britische Regierung müsse schnell Transparenz schaffen.
       Regierungssprecher Georg Streiter sagte, die Bundesregierung nehme den
       Bericht sehr ernst und gehe der Angelegenheit nach. Unionsfraktionschef
       Volker Kauder sagte, wenn das berichtete Ausmaß der Datenüberwachung
       stimme, wäre dies nicht akzeptabel.
       
       Die Enthüllungen haben in Großbritannien dagegen nur verhaltene Reaktionen
       ausgelöst. Obwohl die britischen Schriftsteller Aldous Huxley und George
       Orwell haben schon vor über 60 Jahren Schreckensszenarien vom
       Überwachungsstaat entworfen, ist heutzutage Datenschutz wenig im Gespräch.
       Rund fünf Millionen Kameras überwachen die Innenstädte. 80 Prozent der
       Briten finden, dass man solche persönliche Informationen im Dienste der
       Sicherheit herausrücken müsse.
       
       ## Altes Gesetz zurechtgebogen
       
       Die Schnüffler vom GCHQ berufen sich auf ein Gesetz aus dem Jahr 2000.
       Damals arbeiteten die Geheimdienste allerdings noch überwiegend mit dem
       Anzapfen von Telefonkabeln. Das Internet war in dem Gesetz gar nicht
       vorgesehen, doch GCHQ hat es sich entsprechend zurechtgebogen.
       
       Voriges Jahr hat die Regierung versucht, das Gesetz zu modernisieren, um
       die massenhafte Speicherung von Telefon- und Internetverkehr zu
       ermöglichen, stieß dabei jedoch auf Widerstand. Ein Informant sagte dem
       Guardian, in Geheimdienstkreisen habe man die Debatte eher belustigt
       verfolgt. „Das GCHQ hat das doch schon seit Jahren gemacht“, sagte er.
       
       23 Jun 2013
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] http://www.guardian.co.uk/uk/2013/jun/21/gchq-cables-secret-world-communications-nsa
 (DIR) [2] http://twitter.com/philipproesler/status/348750455310004224
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Ralf Sotscheck
       
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