# taz.de -- Snowden und die NSA-Affäre: Aufregen, jetzt!
       
       > Millionen Telefongespräche abgehört, tausende Nutzerkonten abgegriffen –
       > Überwachung überall. Und wir nehmen's einfach hin?
       
 (IMG) Bild: Mehr davon! Protest gegen die Datenspionage in Berlin.
       
       Der 4. Juli stand diese Woche merkwürdig in der Zeit. Einigen Amerikanern
       fiel es schwer, ihren Unabhängigkeitstag zu zelebrieren. Tausende
       demonstrierten in New York, San Francisco, Los Angeles, Boston und
       Washington gegen die Spionage-Angriffe des Geheimdienstes NSA. Die Bewegung
       „Restore the Fourth“ hatte zu Protestaktionen aufgerufen, sie bezieht sich
       auf den vierten Artikel der US-Verfassung, der vor willkürlichen
       Durchsuchungen schützen soll.
       
       Es ist die erste Regung, die sich auf den Straßen eines Landes zeigt, das
       die Medien seit Edwards Snowdens Enthüllung wieder vermehrt
       „Überwachungsstaat“ nennen.
       
       Sie stellen auch die Frage, wo eigentlich die Entrüstung der Menschen
       bleibt. „Ich möchte nicht in einer Welt leben, in der alles, was ich mache
       und sage, aufgezeichnet wird,“ hatte Snowden gegenüber dem Guardian gesagt.
       Ein Mann, der heimlich seine Freundin, ein Jahreseinkommen von rund 200.000
       Dollar und ein Leben auf Hawaii aufgibt, seit zwölf Tagen auf dem Flughafen
       in Moskau wohnt und zum Spielball zwischen den USA und Russland geworden
       ist.
       
       Als am Donnerstag Datenaktivisten in Berlin zur Demo am Brandenburger Tor
       aufriefen, kam kaum jemand.
       
       ## Wo beschwert man sich denn hier?
       
       600 Millionen Telefongespräche geraten täglich in die Netze des britischen
       Geheimdienstes GCHQ, die NSA soll mithilfe ihres Spähprogrammes PRISM
       allein bei Facebook in einem halben Jahr 10.000 Anfragen zu Daten von Usern
       gestellt, sich Zugang zu 19.000 Nutzerkonten verschafft haben. Den
       Verdacht, dass sich die Dienste der „Five Eyes“ USA, Großbritannien,
       Kanada, Australien und Neuseeland bei der Beschaffung von Informationen
       außerdem unterstützen, gibt es schon lange.
       
       Was das eine Land nicht zapft, zapft vielleicht das andere.
       
       Und wir regen uns nicht mal richtig auf?
       
       Sicher reden viele darüber. Schließlich finden wir das unmöglich. Ist doch
       die intimste Privatsphäre, die da angegriffen wird. Gleichzeitig verstehen
       wir gar nicht, wie genau. Was womöglich die Aufregung daran hindert,
       auszubrechen. Man weiß ja gar nicht: Wo beschwert man sich denn hier? Bei
       Google, Apple, Facebook? Bei NSA, BND, GCHQ? Bei Barack Obama, Angela
       Merkel, David Cameron? Bei der EU?
       
       So interessant bin ich auch nicht, heißt es dann oft. Wir reagieren mit
       einem Galgenhumor, der erahnen lässt, dass uns die Intransparenz dieses
       Skandals, von dem wir im Prinzip nur wissen, dass er gewaltige Ausmaße hat,
       unheimlicher ist, als wir zugeben. Leute, die mehr über ihn wissen als das,
       wünschen sich deshalb mindestens so etwas wie: den Aufstand.
       
       ## Digitale Untertanen und ihre begründete Paranoia
       
       Hamburgs Datenschutzbeauftragter Johannes Caspar sagt in der taz.am
       wochenende: „Wir müssen aufhören, digitale Untertanen zu sein. Sonst droht
       am Ende der Verlust der Freiheit für alle.“
       
       Der Gründer der Organisation Europe versus Facebook Max Schrems, sagt, man
       sollte „in einer Demokratie in keiner begründeten Paranoia leben müssen.“
       
       The Atlantic-Autor Derek Khanna [1][schreibt], eine Regierung hätte „den
       natürlichen Hang dazu, ihre Macht zu missbrauchen.“
       
       Er fragt: Warum sollte die Regierung bei der Abwehr von Terrorangriffen
       schon halt machen? Warum nicht auch nach Raubkopierern fahnden? Warum nicht
       die Geschwindigkeit jedes Autos überwachen? Fahren ja viel zu schnell – was
       auch Leben kosten kann.
       
       Er antwortet: Weil es den vierten Artikel der Verfassung gibt. Die Freiheit
       des Menschen.
       
       sonntaz-Reporter Johannes Gernert hat sich, unvoreingenommen erst, auf die
       Suche nach seinen Daten gemacht. Er ist bei der Firma Acxiom gelandet,
       einem der größten Datensammler der Welt. Spätestens als er seine eigene
       Akte einsah, wurde ihm mulmig. „Wir brauchen einen neuen Deal“, schreibt er
       in der Titelgeschichte „Wir wissen, was du morgen tun wirst" der taz.am
       wochenende. „Echt, jetzt!“
       
       Müssen wir uns besser vor Datenklau schützen? Müssen wir mehr Transparenz
       von Regierungen und Online-Konzernen fordern? Dass Geheimdienste in diesem
       Ausmaß überwachen, überrascht Sie gar nicht? Wir freuen uns über Ihre
       Meinung. Diskutieren Sie mit – hier auf [2][taz.de]
       
       5 Jul 2013
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] http://www.theatlantic.com/politics/archive/2013/07/if-prism-is-good-policy-why-stop-with-terrorism/277531/
 (DIR) [2] /
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Annabelle Seubert
       
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