# taz.de -- Kommentar Asylbewerber als Kofferträger: Der neue Niedriglohnsektor
       
       > Asylbewerber als billige Kofferträger zu halten, erinnert an hässliche
       > Bilder aus der Kolonialzeit. Dahinter steckt ein ambivalentes Verhältnis
       > zur Arbeit.
       
 (IMG) Bild: Koffer tragen als Beschäftigungstherapie? Nein, Asylsuchende sollen desintegriert bleiben
       
       Nur Stunden, nachdem die Bahn und die Stadt Schwäbisch-Gmünd ihr neues
       Serviceangebot präsentierten, bei dem Asylbewerber für 1,05 Euro die Stunde
       Reisenden die Koffer über eine Gleisbrücke schleppen, brach der Shitstorm
       los: Die einen schossen sich auf den „Sklavenlohn“ ein, die anderen störten
       sich am „kolonialen Gestus“.
       
       Selbstverständlich erinnert das Ganze an hässliche Bilder aus der
       Kolonialzeit, in der schwarze Sklaven weißen Herrenmenschen das Gepäck zu
       tragen hatten. Aber wenn die schwäbischen Kofferkulis hellhäutige
       Tschetschenen gewesen wären, hätte das die Sache keinen Deut besser
       gemacht.
       
       Die Stadt Schwäbisch-Gmünd rechtfertigte ihr Projekt damit, wie wichtig es
       sei, „die Menschen zu beschäftigen“, denen „das Nichtstun überhaupt nicht
       gefällt“. Scheinheiliger geht es kaum. Denn bei dem Projekt handelt es sich
       um nichts anderes als das Pendant zum Ein-Euro-Job für Asylsuchende und
       Geduldete.
       
       Auch die können, ebenso wie Hartz IV-Empfänger, zu „gemeinnütziger Arbeit“
       verpflichtet werden. Der Unterschied ist freilich: Während deutsche
       Sozialleistungsbezieher eine richtige Arbeit aufnehmen dürfen, ist
       Asylsuchenden und Geduldeten genau dies verboten.
       
       Dass der Staat, sonst nie müde, Arbeitslosen Beine zu machen, es bei
       Flüchtlingen andersherum hält, hat seinen Grund: Asylsuchende sollen
       desintegriert bleiben. Sie sollen als Belastung für den Sozialstaat
       erscheinen. Das erleichtert es erheblich, sie nach abgelehntem Asylantrag
       wieder aus Deutschland zu entfernen.
       
       Wenn der Bürgermeister von Schwäbisch-Gmünd jetzt herumheult, der
       antirassistische Furor habe den Flüchtlingen die Möglichkeit genommen,
       endlich mal „etwas für ihre Situation zu tun“, dann sollte er sich lieber
       bei seiner CDU beschweren. Denn die ist dafür verantwortlich, dass das
       stigmatisierende und zermürbende Arbeitsverbot für Asylsuchende und
       Geduldete hierzulande seit Jahren Bestand hat.
       
       Völlig unverständlich bleibt auch, was die Stadt geritten hat, die
       Arbeitskraft von Sozialleistungsbeziehern, die bedroht von Sanktionen so
       genannte gemeinnützige Arbeit leisten, die so genannte gemeinnützige
       Zwangsdienste leisten, einem privaten Unternehmen, der Bahn, zu überlassen.
       Ob das legal ist, ist fraglich. Fest steht aber: Wenn das einreißt, bekommt
       der Begriff Niedriglohnsektor eine ganz neue Dimension.
       
       25 Jul 2013
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Christian Jakob
       
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