# taz.de -- Flüchtlinge in Berlin: Unser Sand soll sauber bleiben
       
       > In Berlin wehren sich Anwohner gegen Flüchtlingskinder auf einem
       > Spielplatz. Sie machen per Anwalt ihr Hausrecht geltend und schalten die
       > Behörden ein.
       
 (IMG) Bild: So sauber und rein wünschen die Anwohner sich wohl ihren Spielplatz
       
       BERLIN taz | In Berlin-Reinickendorf setzten sich Nachbarn gegen ein
       Asylbewerberheim in der Nachbarschaft zur Wehr. Sie haben sich einen Anwalt
       genommen, der den Heimbetreiber schriftlich aufgefordert hat, dafür zu
       sorgen, dass die Asylbewerberkinder nicht mehr auf dem Spielplatz der
       Wohneigentümergemeinschaft spielen. Der taz liegt das Anwaltsschreiben vor.
       Die Benutzung des oft völlig leeren Spielplatzes durch Asylbewerberkinder
       wird darin als Hausfriedensbruch bewertet.
       
       Gegenüber der taz begründet Anwohner-Anwalt Jens-Georg Morgenstern den
       Unmut seiner Mandanten so: „Der Spielplatz kann verdrecken. Wir fürchten,
       dass weitere Personen hinzukommen. Sie wissen selbst, dass Spielplätze
       beliebte Treffs von Jugendlichen sind." Der Spielplatz ist zwar öffentlich
       zugänglich, das Grundstück gehört aber der Eigentümergemeinschaft.
       
       Manfred Nowak vom Heimbetreiber Arbeiterwohlfahrt (AWO) sagt: „Unsere
       Mitarbeiter werden ständig von der Bürgerinitiative angerufen, wenn Kinder
       auf dem Spielplatz spielen. Sie sollen das unterbinden – als seien unsere
       Mitarbeiter Vormund der Bewohner und ihrer Kinder.“ Mehrfach seien
       Mitarbeiter bei Beschwerden zum Spielplatz gekommen und hätten gesehen,
       dass die spielenden Kinder überhaupt nicht aus dem Heim waren.
       
       Die AWO informiere die Eltern zwar, dass das Spielen auf dem Spielplatz
       unerwünscht sei, sagt Nowak. „Doch die Familien reagieren darauf mit
       Unverständnis. Sie können den Spielplatz von ihren Fenstern aus sehen, und
       das lockt die Kinder natürlich. Einen anderen Spielplatz gibt es weit und
       breit nicht.“ Der eigene Spielplatz des Heims sei noch nicht gebaut „wegen
       unverständlicher Auflagen des Bezirksamts“, so Nowak.
       
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       Ihm zufolge hat sich die Bürgerinitiative auch mehrfach beim Land Berlin
       über das Heim beschwert. „Mal sind unsere Bewohner angeblich zu laut. Mal
       haben wir angeblich nicht genug Personal.“ Franz Allert vom Landesamt für
       Gesundheit und Soziales sagt dazu: „Ein Heimbetreiber kann und darf nicht
       als Vormund ständig hinter jeder Familie stehen, wie das manche
       Reinickendorfer offenbar wünschen.“
       
       Die Linken-Stadtentwicklungpolitikerin Katrin Lompscher sagt dazu: „Eine
       Rechtsgrundlage, den Nachbarkindern das Spielen zu untersagen, haben
       Wohneigentümer nur, wenn ein Zaun um den Spielplatz gebaut ist. Den zu
       bauen kann den Reinickendorfern niemand untersagen. Nur müssen sie dann mit
       Hohn und Spott aus ganz Berlin rechnen.“
       
       Die Nachbarn haben zudem Widerspruch eingelegt gegen die Baugenehmigung,
       die das Bezirksamt im April erteilt hatte, um das einstige
       Seniorenpflegeheim in ein Heim für Asylsuchende umzuwandeln. Es waren nur
       geringfügige Umbauten nötig, etwa beim Brandschutz.
       
       Anwohner-Anwalt Morgenstern vertritt die klagenden Nachbarn und bestätigt
       der taz den Widerspruch. „Meine Mandantschaft ist dagegen, dass rund 200
       Menschen in einem Hochhaus auf engstem Raum zusammengepfercht werden.
       Dadurch besteht Seuchengefahr.“ Als Beispiel führt er die Windpockenfälle
       an, die es in dem Heim gab. „Seit Neuestem gibt es sogar einen TBC-Fall“,
       so der Anwalt. Manfred Nowak von der AWO weist dies jedoch als „absoluten
       Unsinn“ zurück.
       
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       In dem Marie-Schlei-Haus wohnen besonders schutzbedürftige Flüchtlinge,
       etwa Behinderte, Schwangere und traumatisierte Menschen. Darin sieht der
       Anwalt einen „sozialen Sprengstoff“, weil sich „posttraumatische
       Belastungsstörungen und soziale Unzufriedenheiten im Wohnumfeld entladen
       können“. Zudem sinke durch die Nachbarschaft der Flüchtlinge der Wert der
       Grundstücke seiner Mandanten.
       
       Morgenstern weiter: „Flüchtlingsheime gehören grundsätzlich außerhalb von
       Wohngebieten. Oder der Gesetzgeber muss nachbessern und den Flüchtlingen
       mehr Wohnraum zugestehen als 6 Quadratmeter.“
       
       Für die grüne Bezirkspolitikerin Claudia Peter ist die Position des Anwalts
       „abstruse ausländerfeindliche Rhetorik, in ein pseudojuristisches Gewand
       gekleidet.“ Sie verweist darauf, dass sich mehrere Nachbarn im
       Reinickendorfer Ortsteil Wittenau an die Grünen gewandt haben, weil sie die
       Stimmungsmache der Bürgerinitiative dort als unerträglich empfinden. „Wir
       bauen gerade ein Unterstützungsnetzwerk für Flüchtlinge in Wittenau auf und
       werden uns am Ende des Sommers an die Öffentlichkeit wenden. Berlin wird
       bald hören, dass es nicht nur dumpfe Wittenauer gibt.“
       
       21 Jul 2013
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Marina Mai
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Berlin
 (DIR) Flüchtlinge
       
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