# taz.de -- Volksentscheid Energienetze: Kein Geld und flauer Magen
       
       > Senat und SPD wollen keinen Euro für den Rückkauf der Versorgungsnetze
       > für Strom, Gas und Fernwärme ausgeben. Kampagnen pro und contra Rückkauf
       > laufen.
       
 (IMG) Bild: Wollen keinen Cent dazu zahlen: Bürgermeister Olaf Scholz (l.), Fraktionschef Andreas Dressel (beide SPD).
       
       Sie guckt sehr bekümmert, wie sie da so steht in ihrem Laden vor den
       Garnrollen, die 45-jährige Schneiderin Saadet Cetinkaya aus Eppendorf.
       „Nicht mit meinem Geld“, stellt sie klar, sollte Hamburg zwei Milliarden
       Euro für ein paar Kabel und Rohre ausgeben. Es ist eines der Plakatmotive,
       mit der die Hamburger SPD ihre am Donnerstag gestartete Kampagne gegen die
       Rekommunalisierung der Versorgungsnetze illustriert. Und das Geld ist das
       alles entscheidende Argument, mit dem SPD-Chef und Erster Bürgermeister
       Olaf Scholz diese Kampagne bestreiten will.
       
       „Mehr als zwei Milliarden Euro für die Netze sind zu viel“, sagt Scholz,
       diese Summe sei „angesichts der hohen Verschuldung der Stadt von 24,5
       Milliarden Euro ein zu hohes Risiko“. Das sei „der Preis für alles“ räumt
       er auf Nachfrage ein. Da sich die Stadt bereits für 543,5 Millionen Euro zu
       jeweils 25,1 Prozent an den Netzbetriebsgesellschaften für Strom, Gas und
       Fernwärme eingekauft hat, wären für den Rest also weitere gut 1,5
       Milliarden Euro aufzubringen. Drei Viertel der Anteile halten die
       Energiekonzerne Vattenfall und Eon.
       
       Nach Ansicht der Initiative „Unser Hamburg – Unser Netz“, die am 22.
       September per Volksentscheid über den Netzrückkauf abstimmen lässt, ist die
       Rekommunalisierung finanzierbar. Der Kauf der restlichen drei Viertel der
       Anteile sollte genauso finanziert werden, wie der Senat das mit dem ersten
       Viertel getan hat. Über die städtische Vermögensholding HGV wird der Kredit
       aufgenommen zu Zinsen von drei bis vier Prozent, die von der
       Bundesnetzagentur garantierte Rendite liegt zwischen sieben und neun
       Prozent: kein Risiko.
       
       Das sei „eine Milchmädchenrechnung“ sagt Scholz dazu. Niemand könne
       verlässlich sagen, dass die Zinsen so historisch niedrig blieben und die
       Rendite in der jetzigen Höhe. Sich darauf zu verlassen, sei „Spekulation
       auf Pump“. Und dabei „kriegen wir einfach Bammel und einen flauen Magen und
       sind sehr ängstlich und sagen: ’Lieber nicht‘“, so der Bürgermeister.
       
       Das sieht auch SPD-Fraktionschef Andreas Dressel so. Mit der Energiewende
       und der verstärkten Förderung erneuerbarer Energien habe die Leitungshoheit
       nichts zu tun. „Es würde nicht eine Kilowattstunde mehr Ökostrom und auch
       nicht eine Atomstromstunde weniger“, sagte Dressel.
       
       Eben das sieht die Netz-Initiative anders. Vattenfall und Eon hätten an
       „dezentralen und klimafreundlichen Lösungen kein Interesse und setzen
       weiterhin auf Atom und Kohle“, sagt Manfred Braasch von der Initiative.
       Diese hat jetzt mit der Aufstellung von 4.000 Plakaten ebenfalls ihre
       Kampagne für den Rückkauf der Netze gestartet.
       
       Zugleich startet der Versand der Wahlbenachrichtigungen. Ab Montag
       verschickt das Landeswahlamt die Abstimmungsunterlagen für die
       Bundestagswahl und den gleichzeitig stattfindenden Volksentscheid am 22.
       September.
       
       Wie auch immer der ausgehen mag, Olaf Scholz will es „weder im Positiven
       noch im Negativen persönlich“ nehmen. „Volksentscheide sind eine wichtige
       und sinnvolle Ergänzung der repräsentativen Demokratie und so zu
       akzeptieren“, sagt er. Was zugleich bedeutet: „Ich bleibe Erster
       Bürgermeister.“
       
       ## Ausführliche Informationen pro und contra: ,
       
       1 Aug 2013
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Sven-Michael Veit
       
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