# taz.de -- Einfluss der „Klimaskeptiker“: Nur die Sonne war schuld
       
       > Eine US-Gruppe von „Skeptikern“ leugnet den Klimawandel. Verdrehte Daten,
       > persönliche Attacken und das Geld der Öllobby helfen dabei.
       
 (IMG) Bild: Da geht sie hin, die böse Sonne, Ursache allen Klimaelends
       
       BERLIN taz | Der Name ist zum Verwechseln ähnlich, die Botschaft das genaue
       Gegenteil: Im Bericht „Climate Change Reconsidered II“ erklärt das NIPCC
       die Warnungen vor dem Klimawandel zur Panikmache: Kohlendioxid sei gut für
       Pflanzen und sein Einfluss auf die Erderwärmung gering. Der globale
       Temperaturanstieg sei normal, am Klimawandel trage eher die Sonne als der
       Mensch Schuld, und ein „paar Zehntelgrade mehr Erwärmung“ seien „keine
       Katastrophe“.
       
       So heißt es in dem Bericht, der rechtzeitig vor der Sitzung des
       UN-Klimarats „Intergovernmental Panel on Climate Change“ (IPCC)
       veröffentlicht wurde – vom [1][Nongovernmental International Panel on
       Climate Chance]. Die Namensverwirrung ist gewollt, denn das NIPCC ist eine
       US-Gruppe von „Klimaskeptikern“, einer heterogenen Gruppe von Aktivisten,
       die den Klimawandel oder seine wissenschaftlich belegten Gründe leugnen.
       
       Seit dem 4.UN-Klimabericht 2008 nutzen die „Skeptiker“ auf diese Weise den
       Ruf des IPCC, die Aufmerksamkeit und Kritiklosigkeit der Medien und das
       Geld konservativer Thinktanks, um in der Klimadebatte Verwirrung zu
       stiften. Anders als die Autoren des IPCC sind sie selten renommierte
       Klimawissenschaftler, nutzen größtenteils unwissenschaftliche Ergebnisse
       und lassen sich für ihre Arbeit bezahlen. Kurz: Sie tun genau das, was sie
       dem IPCC vorwerfen.
       
       Und das mit durchschlagender Wirkung. Denn auch nach 30 Jahren
       Klimaforschung, fünf umfassenden Berichten und einem beinahe
       hundertprozentigen Konsens in der wissenschaftlichen Gemeinde füttern die
       „Skeptiker“ mit dubiosen Argumenten weiter Zweifel an der Theorie des
       menschengemachten Klimawandels. Vor allem in den USA sind sie aktiv und
       erfolgreich.
       
       Politisch ist das Thema tot, im US-Wahlkampf 2012 tauchte es gar nicht auf.
       Dafür haben Lobbys wie das Heartland-Institute gesorgt, die das NIPCC
       finanzieren, oder die Finanzspritzen aus dem Ölkonzern der
       ultrakonservativen Koch-Brüder. „Die Bewegung hat sich dezentralisiert und
       ist größtenteils immun gegenüber Argumenten“, findet ein neuer
       Greenpeace-Report mit dem Titel „Dealing in Doubt“. Demnach laufen viele
       Spenden nun anonym über Stiftungen.
       
       ## Die Sonne als Ursache des Klimawandels
       
       Die Unterstützung der Szene durch die Industrie hat eine lange Tradition.
       Seit den siebziger Jahren baute zuerst die Tabakindustrie ein Netz aus
       Wissenschaftlern, Anwälten und PR-Spezialisten auf, um die Forschung zur
       Schädlichkeit des Rauchens zu torpedieren. Später wurden diese Methoden
       teilweise von den gleichen Akteuren eingesetzt, um Öko-Themen wie sauren
       Regen, das Ozonloch oder den Klimawandel herunterzuspielen.
       
       Auch den aktuellen IPCC-Bericht sabotieren die Gegner. Im Frühjahr machte
       ein Zitat aus dem Bericht die Runde, in dem die Sonne als Ursache des
       Klimawandels ausgemacht wurde. Im IPCC-Bericht steht genau das Gegenteil.
       Neu ist allerdings, dass die seriösen Wissenschaftler zurückschlagen.
       
       Sie führen Prozesse, melden sich in Debatten zu Wort, und manche wie etwa
       die US-Klimaforscher James Hansen und Michael Mann sind zu Wortführern der
       Umweltdebatte geworden. Internetportale wie [2][realclimate.org] oder
       [3][klimafakten.de] kontern Angriffe und stellen Behauptungen richtig.
       
       ## Die Skeptiker werden lauter
       
       Der Greenpeace-Report zeichnet auch nach, wie sich die Skeptikerszene
       global ausweitet. Neben den USA gibt es demnach starke Gruppen in
       Großbritannien und Australien. Aber auch in Nigeria, Kenia, Pakistan und
       Indien versuchen sie Fuß zu fassen, in Polen und Tschechien ist das bereits
       geglückt. Auch die deutschen Skeptiker sind lauter geworden. Führungsfigur
       ist hier der SPD-Politiker und RWE-Aufsichtsrat Fritz Vahrenholt. In seinem
       Buch „Die kalte Sonne“ warf er 2012 dem IPCC Panikmache vor.
       
       Klimaschützer betrachten mit Sorge, dass „Klimaskeptiker in Deutschland
       politisches Terrain gewinnen und ihren Klimaskeptizismus mit anderen Themen
       wie der Energiewende verbinden“, wie es in einem Gutachten der Universität
       Wien vom Dezember 2012 heißt.
       
       Zur Szene gibt es einem privaten Verein namens Europäisches Institut für
       Klima und Energie (EIKE, Slogan: „Nicht das Klima ist bedroht, sondern
       unsere Freiheit!“), in dem Skeptiker mit teilweise brachialen Wortbeiträgen
       die „Ökodiktatur“ in Deutschland geißeln. Beim jährlichen EIKE-Kongress
       2012 trat etwa der Hauptgeschäftsführer des Verbandes der Chemischen
       Industrie (VCI), Utz Tillmann, auf.
       
       Selbst unter Wissenschaftlern gibt es Streit. So veröffentlichte die
       Akademie der Technikwissenschaften acatech im Herbst 2012 eine Studie zu
       den Folgen des Klimawandels in Deutschland. Unter Protest beendeten die
       Klimawissenschaftler im Gremium die Kooperation, weil der Text „nicht den
       wissenschaftlichen Konsens zum Klimawandel widerspiegelt“, klagte ein
       beteiligter Forscher.
       
       26 Sep 2013
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] http://nipccreport.com/
 (DIR) [2] http://realclimate.org
 (DIR) [3] http://klimafakten.de
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Bernhard Pötter
       
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