# taz.de -- Kommentar Weltklimabericht: Viel Sonne brennt das Hirn weg
       
       > Daten und Modelle zeigen, dass der Klimawandel immer bedrohlicher wird.
       > Alle bekunden ihre Besorgnis, aber getan wird wenig.
       
 (IMG) Bild: Trockenheit in Folge des Klimawandels: hier auf einer Farm in China.
       
       Die schlechte Nachricht zuerst: Im neuen Weltklimabericht, der heute
       präsentiert wird, wird nur im Detail Neues stehen. Alle Daten und Modelle
       zeigen, dass der Klimawandel voranschreitet. Spezialdebatten über das
       Ausbleibend der Erwärmung oder Attacken auf den Weltklimarat IPCC können
       nicht verdecken, dass das Freiluftexperiment mit unserem Planeten, genannt
       Klimawandel, immer bedrohlicher wird.
       
       Die nächste schlechte Nachricht: Passieren wird kaum etwas. Zwar werden
       Regierungen und Umweltgruppen ihre Besorgnis bekunden. Aber bereits bei den
       UN-Klimaverhandlungen in Warschau im November wird der IPCC-Bericht nur
       noch geduldiges Papier sein.
       
       Es ist absurd: Kaum ein anderes Thema ist für uns so wichtig, so gut
       erforscht und so rentabel wie der Klimaschutz. Und trotzdem hat er
       inzwischen den gleichen Status wie der Wunsch nach einer atomwaffenfreien
       Welt: Wäre echt toll. Steht aber gerade nicht an.
       
       Das hat viele Gründe. Der Klimawandel hatte seinen Erregungshöhepunkt vor
       ein paar Jahren – mit Hollywood-Prominenz, Friedensnobelpreis und allem
       Drumherum. Dann ist immer irgendwo Wirtschafts- oder Eurokrise und deshalb
       gerade keine Zeit. Dass wir nichts tun, liegt aber vor allem daran, dass
       wir seit Jahrzehnten in der Klimapolitik eine Weltgemeinschaft beschwören,
       die es so nicht gibt: WIR müssten handeln, weil es für UNS das Beste ist.
       Das stimmt zwar, ist aber völlig unrealistisch.
       
       Im Zweifel handelt jedes Land und jeder Mensch für sich selbst. Oder auch
       nicht. Denn, das ist vielleicht das größte Hindernis, wirklicher
       Klimaschutz geht mitten ins Herz unserer Gesellschaft und Wirtschaft: Wer
       der künstlich billigen fossilen Energie ein Ende bereiten will, bekommt es
       mit gewaltigen Widerständen aus Industrie, Politik und Bevölkerung zu tun.
       
       Dagegen hilft eine wolkige „Weltgemeinschaft“ überhaupt nicht. Die schaut
       ja auch im Fall Syrien betreten zur Seite. Vielleicht brächte eine große
       Ökokatastrophe den Umschwung, vielleicht ein Durchbruch der Technik,
       sicherlich mehr Markt, wenn Kohlenstoff endlich einen globalen Preis
       bekäme. Aber wer soll so etwas durchsetzen? Eine UN-Diplomatie, die sich
       seit 15 Jahren bis zur Erschöpfung über die Tagesordnung von
       Klimakonferenzen streitet?
       
       Weil das WIR versagt, muss das ICH ran. Klimaschutz geht nur konkret. Beim
       Kampf gegen die Entwaldung in Indonesien, gegen mehr Kohle in China und
       gegen Fracking in den USA. In Deutschland heißt das: Die Energiewende
       richtig und schnell umsetzen – und sich nicht einreden lassen, das bringe
       nichts und sei zu teuer. Denn jedes Zehntelgrad vermiedener Erwärmung ist
       den Kampf wert. Das ist die nicht ganz so schlechte Nachricht.
       
       27 Sep 2013
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Bernhard Pötter
       
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