# taz.de -- EU-USA-Abkommen: Freihandel angeblich Jobmaschine
       
       > Die Bertelsmann-Stiftung rechnet wegen des neuen Abkommens mit 160.000
       > neuen Jobs. Kritiker halten das für unseriös - und warnen vor Gefahren.
       
 (IMG) Bild: Profiteur des Freihandels - oder auch nicht: Arbeiter im MTU-Motorenwerk in Friedrichshafen
       
       BERLIN taz | Das geplante Freihandelsabkommen zwischen der EU und den USA
       könnte in Deutschland 160.000 neue Jobs schaffen. Das behauptet zumindest
       eine [1][Studie] des Münchener Ifo-Instituts im Auftrag der
       Bertelsmann-Stiftung, die am Freitag veröffentlicht wurde. Profitieren
       würden demnach vor allem die Elektro- und Metallindustrie in Bayern,
       Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen.
       
       Nicht-Regierungsorganisationen, die das geplante Abkommen ablehnen,
       äußerten scharfe Kritik an der Studie. „Was Bertelsmann da macht, ist keine
       differenzierte Wissenschaft, sondern einseitige PR-Arbeit für ein
       hochgefährliches Abkommen“, sagte Peter Fuchs von der Organisation
       PowerShift der taz. „Auf die rituellen Wachstums- und Jobversprechen dieser
       Studie dürfen wir nicht reinfallen.“
       
       Die Verhandlungen zwischen der EU und den USA über das geplante Handels-
       und Investitionsschutzabkommen sollen am Montag fortgesetzt werden. Geplant
       ist neben einem Abbau von Zöllen vor allem eine Beseitigung sonstiger
       „Handelshemmnisse“ – dazu gehören etwa Umwelt-, Gesundheits- und
       Verbraucherschutzvorschriften oder Regulierungen der Finanzmärkte. Details
       sind noch nicht bekannt, weil die Verhandlungen im Geheimen stattfinden.
       
       Die Bertelsmann-Stiftung nutzte für ihre Berechnungen ein so genanntes
       Gravitationsmodell, bei dem die Erfahrungen anderer Freihandelsabkommen
       hochgerechnet werden. Weil für das geplante EU-USA-Abkommen noch keinerlei
       konkrete Werte vorliegen, ist sie dabei pauschal davon ausgegangen, dass
       die Handelshemmnisse um 80 Prozent reduziert werden. „So umfassend wird es
       aber wohl nicht kommen“, räumte Mit-Autor Ulrich Schoof von der
       Bertelsmann-Stiftung ein.
       
       ## „Positive Einschätzugnen sind zweifelhaft“
       
       Andere Wissenschaftler sehen die Wirkungen des Freihandelsabkommens
       skeptischer. So hält etwa Christoph Scherrer, Professor für Globalisierung
       und Politik an der Universität Kassel, die „positiven Einschätzungen der
       Beschäftigungs- und Lohneffekte“ für „zweifelhaft“. Denkbar sei, dass der
       Abbau von Regulierungen vor allem den Niedriglohnsektor ausweite.
       
       EU-Handelskommissar Karel de Gucht appellierte am Freitag in einem
       Interview der Lebensmittel-Zeitung dafür, die Verhandlungen schnell
       abzuschließen. „Europa braucht dieses Abkommen, um eine längerfristige
       Erholung zu schaffen“, sagte er.
       
       Das internationale Handelsnetzwerk „Seattle to Brussel“, in dem viele
       globalisierungskritische Organistaionen zusammengeschlossen sind, forderte
       hingegen einen Abbruch der geheimen Verhandlungen. „Ein Freihandelsabkommen
       EU-USA ist die beste Gelegenheit für Konzernlobbies, um Gesetze zum Schutz
       von KonsumentInnen, ArbeitnehmerInnen und Umwelt loszuwerden“, sagte
       Alexandra Strickner von Attac Österreich.
       
       Wie die Konzerne dabei vorgehen, stellt das Bündnis in einem neuen
       [2][Report] dar. Neben dem Abbau von Gesundheits- und Sicherheitsstandards
       drohten vor allem neue Klagerechte für Investoren, mit denen Konzerne
       Staaten verklagen können, wenn diese neue Gesetz erlassen, die Gewinne
       bedrohten. „Diese Klagerechte sind ein Angriff auf die Demokratie“, warnt
       Pia Eberhard von der Organisation Corporate Europe Observatory.
       
       4 Oct 2013
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] http://www.ged-project.de/shorts/short/germanys-states-industries-and-education-groups-who-benefits-from-a-transatlantic-free-trade-agreement/
 (DIR) [2] http://power-shift.de/wordpress/wp-content/uploads/2013/10/Brave_New_TransAtlantic_Partnership-S2B-20131.pdf
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Malte Kreutzfeldt
       
       ## TAGS
       
 (DIR) EU
 (DIR) Bertelsmann-Stiftung
 (DIR) Freihandel
 (DIR) Verbraucherschutz
 (DIR) USA
 (DIR) Kanada
 (DIR) China
 (DIR) Peer Steinbrück
 (DIR) Schwerpunkt Genmais
 (DIR) Industrielobby
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Geplantes Freihandelsabkommen: Vorteil für US-Konzerne
       
       Verbraucherschützer sehen in einem Abkommen zwischen EU und USA einen
       Angriff auf die Demokratie. Europa könne mit Genfood überschwemmt werden.
       
 (DIR) Kommentar Freihandelsabkommen: Der Bürger als Gefahr
       
       Deutschland will die Offenlegung des Verhandlungsmandats vermeiden. Diese
       Haltung offenbart Abgründe im Demokratieverständnis.
       
 (DIR) Freihandelsabkommen EU-Kanada: Steaks, Feta, Ahornsirup
       
       Es ist der erste Freihandelspakt zwischen der EU und einem G7-Land. Die
       Vereinbarung mit Kanada gilt als Test für eine ähnliche Regelung mit den
       USA.
       
 (DIR) Wer hat das Sagen in der Apec?: Kampf um den Pazifik
       
       Der Haushaltsstreit hat US-Präsident Obama vom Apec-Gipfel der 21
       Pazifikanrainerstaaten ferngehalten. Das weiß Widersacher China zu nutzen.
       
 (DIR) Konsequenz aus NSA-Spähaffäre: Steinbrück will Freihandel überdenken
       
       Kein freier Handel, wenn weiterhin frei abgehört wird: Der
       SPD-Kanzlerkandidat setzt das Freihandelsabkommen zwischen USA und der EU
       in Verbindung mit der Spähaffäre.
       
 (DIR) Genpflanzen in Europa: Monsanto setzt auf Importe
       
       Der US-Agrarkonzern kündigt an, in der EU keine Zulassungen mehr für neue
       Genpflanzen zu beantragen. Kritiker halten das für einen üblen Trick.
       
 (DIR) Freihandelsabkommen mit den USA: Lecker Chlorhühnchen kommen
       
       Die Industrielobby dominiert die Gespräche über den Freihandel zwischen EU
       und USA. Zahlreiche NGOs kritisieren die Intransparenz der Verhandlungen.