# taz.de -- Inklusion an Berlins Schulen II: "Hohe Diskrepanz"
       
       > Will man behinderte und nichtbehinderte Kinder gemeinsam unterrichten,
       > braucht es mehr Geld, als der Senat gibt, sagt Frank Heldt vom Netzwerk
       > Förderkinder.
       
 (IMG) Bild: Hier wird gemeinsam gemalt
       
       taz: Herr Heldt, eine Erstklässlerin mit schwerem Diabetes wird als zu 50
       Prozent körperbehindert eingestuft. Der Arzt empfiehlt 15 bis 20
       Schulhelferwochenstunden. Von der zuständigen Schulaufsicht hat die Schule
       des Mädchens aber nur vier Extrastunden bewilligt bekommen. Wie erklärt
       sich diese Differenz? 
       
       Frank Heldt: Seit 2011 können die Schulen Schulhelferstunden nicht mehr
       einzelfallbezogen bei der zuständigen Schulaufsicht beantragen, sondern nur
       noch für die Gesamtheit der Schüler mit besonderem Betreuungsbedarf. Wenn
       da am Ende eine hohe Diskrepanz herrscht zwischen den Stunden, die eine
       Schule beantragt hat, und den Stunden, die sie zugewiesen bekommt, ist es
       eine sehr hässliche Aufgabe für die Schulleitung, den Mangel auf die Kinder
       zu verteilen. Mit Sicherheit sind vier Schulhelferstunden für ein Kind mit
       einer potenziell lebensbedrohlichen Krankheit und ständigem
       Unterstützungsbedarf zu wenig.
       
       Schulsenatorin Sandra Scheeres (SPD) weist stolz darauf hin, dass bereits
       50 Prozent der etwa 20.000 Berliner Kinder mit Beeinträchtigungen
       erfolgreich an Regelschulen lernen. Klingt doch gut. 
       
       Was diese Zahl nicht sagt, aber was unserer Erfahrung nach die Realität
       abbildet: Wenn man die Kinder mit verhältnismäßig leichten
       Beeinträchtigungen in Regelschulen unterbringt, heißt das zugleich für die
       Kinder mit schwereren Beeinträchtigungen wie etwa Diabetes, dass für sie
       oft weniger vom Kuchen übrig bleibt. Solche Kinder fallen nicht selten
       hinten runter.
       
       Exschulsenator Jürgen Zöllner (SPD) stellte 2011 das „Gesamtkonzept
       Inklusive Schule“ vor. Im Haushalt 2014/15 wurden die Mittel für die
       Inklusion aber zusammengestrichen. Ist der Patient Inklusion tot? 
       
       Er siecht vor sich hin. Es gab 2011 und 2012 mehrere Gespräche, in denen
       wir als Betroffenenverein Empfehlungen zum Senatskonzept einbringen
       sollten. So gab es etwa die Empfehlung, in einen Pool für zusätzlichen
       sonderpädagogischen Personalbedarf an den Regelschulen zu investieren. Dass
       man weitgehend von Förderzentren wegwill, davon lässt der neue Haushalt
       nichts erkennen.
       
       Immerhin soll der Etat von neun Millionen Euro für die Schulhelfer um
       450.000 Euro aufgestockt werden. 
       
       2009 hatte die Senatsbildungsverwaltung ausgerechnet, dass die Anzahl von
       Kindern mit besonderem Betreuungsbedarf jährlich um etwa acht Prozent
       steigt. In die 450.000 Euro können diese Überlegungen nicht eingeflossen
       sein.
       
       INTERVIEW: ANNA KLÖPPER
       
       7 Oct 2013
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Anna Klöpper
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