# taz.de -- Power II: Energie ohne Strom
       
       > Der Senat darf kein Geld für eine Nein-Kampagne ausgeben. CDU und SPD
       > wenig aktiv.
       
 (IMG) Bild: Soll nach einem Kompromiss des rot-schwarzen Senats neben Vattenfall Partner des Landes Berlin bei den Energienetzen sein: der führende deutsche Energiekonzern Eon.
       
       Nicht der Senat oder die ihn tragenden Parteien – die SPD und die CDU –,
       sondern ein Bündnis aus Kammern, Unternehmensverbänden und Gewerkschaftern
       tut sich derzeit als treibende Kraft für ein „Nein“ beim
       Energie-Volksentscheid am 3. November hervor. Als sogenanntes
       „Faktenbündnis Stromentscheid“ wollen sie in den nächsten Wochen gegen den
       von der initiative Energietisch vorgelegten Gesetzentwurf trommeln.
       
       Im Roten Rathaus würden sie das ja vielleicht auch gern. „Das dürfen wir
       aber nicht“, sagt Senatssprecher Richard Meng der taz. „Natürlich werden
       wir dort, wo wir gefragt werden, unsere Meinung sagen und klarmachen, dass
       der Volksentscheid überflüssig ist.“ Doch eine richtige Gegenkampagne sei
       nicht möglich. „Weder gibt es dafür einen Etat noch ist das rechtlich
       zulässig“, sagt Meng, da gebe es ein sogennantes Zurückhaltungsgebot für
       die Landesregierung.
       
       Die Fraktionen im Abgeordnetenhaus dürfen laut laut Heiko Melzer,
       parlamentarischer Geschäftsführer der CDU-Fraktion, ebenfalls kein Geld in
       eine Kampagne zum Volksentscheid stecken. Aber natürlich würden die
       Abgeordneten ihre Meinung in Diskussionsrunden und Gesprächen deutlich
       machen. Eine Demobilisierungsstrategie und die Hoffnung auf eine nicht
       ausreichende Beteiligung an der Abstimmung mag Melzer darin nicht sehen.
       
       Für die Parteien gilt diese Beschränkung nicht. Dennoch verzichten SPD und
       CDU bislang auf groß angelegte Kampagnen mit „Nein“-Plakaten.
       SPD-Landeschef Jan Stöß sagt: „Da wir die energiepolitischen Forderungen
       des Energietisches bereits erfüllt oder auf den Weg gebracht haben, sind
       für uns die Anliegen des Volksbegehrens erledigt. Die Abstimmung am 3.
       November ist damit überflüssig.“ Der Hintergrund für die Zurückhaltung
       könnten parteiinterne Streitigkeiten sein: Noch im Sommer hatte sich die
       SPD-Führung dafür ausgesprochen, das Volksbegehren anzunehmen.
       
       Die rund zweieinhalb Millionen Berliner Wahlberechtigten haben jüngst mit
       der Abstimmungsbenachrichtigung auch die Argumentation des Energietischs
       sowie die gleich langen ablehnenden Stellungnahmen des Senats und des
       Abgeordnetenhauses bekommen. Im Parlament hatten SPD und CDU eine
       Empfehlung zum „Nein“ gegen die drei Oppositionsfraktionen durchgesetzt.
       
       Das „Faktenbündnis Stromentscheid“ besteht aus 16 Einrichtungen, darunter
       der Bauindustrieverband Berlin-Brandenburg, die Handwerkskammer Berlin, die
       Industrie- und Handelskammer (IHK), die Industriegewerkschaft Bergbau,
       Chemie, Energie (IG BCE) und die Vereinigung der Unternehmensverbände in
       Berlin und Brandenburg.
       
       Während zwischen der Position des Senats und dem Volksbegehren noch eine
       gewisse Nähe besteht, weil sich auch das Land um die Übernahme des
       Stromnetzes bewirbt, sieht das „Faktenbündnis“ keinen Nutzen in einer
       Rekommunalisierung: Das fördere weder die Energiewende, noch würden die
       Strompreise sinken. Eine Rekommunalisierung des Stromnetzes und der Aufbau
       eines Stadtwerkes bergen hohe finanzielle Risiken für das Land. Für die
       möglichen Kosten haften alle Berliner – daher müssten gerade die
       finanziellen Risiken klar benannt werden.
       
       Auch das von den Koalitionspartnern beschlossene landeseigene Stadtwerk,
       das auch das Volksbegehren fordert, ist für das Bündnis „nur ein
       zusätzlicher Anbieter auf einem funktionierenden Markt, der dem Kunden
       bereits heute eine Auswahl von mehr als 80 Ökostromtarifen bietet“.
       
       21 Oct 2013
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Stefan Alberti
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Erneuerbare Energien
 (DIR) Volksentscheid
 (DIR) RWE
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Viel Kritik an Energie-Kompromiss: Senat unter Schwachstrom
       
       Statt kompletter Übernahme des Strom- und Gasnetzes soll es eine
       Partnerschaft mit den Großunternehmen Eon und Vattenfall geben.
       
 (DIR) Energie-Volksentscheid in Berlin: Worum gehts eigentlich?
       
       Am Sonntag stimmen die BerlinerInnen darüber ab, wie die Energieversorgung
       der Stadt künftig gestaltet wird. Die wichtigsten Fragen & Antworten.
       
 (DIR) Volksentscheid Energie in Berlin: Da trifft dich ja der Schlag
       
       Noch beliefert Vattenfall acht von zehn Berlinern mit Strom. Aber der Ruf
       des Konzerns ist lädiert. Wir präsentieren vier Fehler, die kein
       Unternehmen begehen sollte.
       
 (DIR) Vor dem Volksentscheid: Selbstbestimmte Energie
       
       Ein kommunales Stadtwerk zur Stromerzeugung will der Berliner Energietisch
       ebenso wie der Senat. Wo liegen die Unterschiede?
       
 (DIR) Energie-Volksentscheid in Berlin: „Ein ’Ja‘ ist gut für die Sache“
       
       Selbst die Konkurrenz empfiehlt, für ein Stadtwerk zu stimmen: So werde die
       Energiewende vorangetrieben, sagt Oliver Hummel von der Naturstrom AG.
       
 (DIR) Urteil zur Energieversorgung in der EU: Klaps auf Hand des Kapitals erlaubt
       
       Der EuGH weist eine Klage von Konzernen gegen die Niederlande zurück: Der
       Zugriff auf öffentliche Strom- und Gasnetze durch Privatinvestoren darf
       verboten werden.