# taz.de -- Ausspähaffäre um Merkel: Obama will von nichts gewusst haben
       
       > Man muss delegieren können: Der US-Präsident versichert Merkel, er habe
       > in der Handy-Abhöraffäre von nichts gewusst. Deutsche Politiker üben sich
       > weiter in Entrüstung.
       
 (IMG) Bild: Aber welchen Kuchen er will, weiß Barack Obama bestimmt.
       
       BERLIN dpa/afp/taz | US-Präsident Barack Obama hat einem Zeitungsbericht
       zufolge indirekt eingeräumt, dass der Geheimdienst NSA Kanzlerin Angela
       Merkel belauscht haben könnte. Er habe der Bundeskanzlerin in ihrem
       Telefonat am Mittwoch versichert, nichts davon gewusst zu haben, dass ihr
       Handy von der NSA abgehört worden sei, schreibt die Frankfurter Allgemeinen
       Sonntagszeitung ohne Quellennennung.
       
       Bisher hatte das Weiße Haus nach Merkels Anruf bei Obama in einer
       schriftlichen Stellungnahme nur erklärt: „Der Präsident versicherte der
       Kanzlerin, dass die Vereinigten Staaten die Kommunikation von Kanzlerin
       Merkel nicht überwachen und nicht überwachen werden.“
       
       Offen ließ ein Sprecher Obamas auch auf Nachfragen, ob Merkels Telefon in
       der Vergangenheit abgehört wurde. Nach Informationen des Spiegel soll das
       der Fall sein. Das Handy steht demnach anscheinend seit 2002 auf einer
       Liste mit Aufklärungszielen des amerikanischen Geheimdienstes NSA. Das
       ergibt sich aus einem Auszug, der offenbar aus einer geheimen NSA-Datei
       stammt und dem Spiegel vorliegt, [1][wie es in einem Bericht auf Spiegel
       Online heißt.] 
       
       Ein Sprecher der Bundesregierung lehnte am Samstag eine Stellungnahme zu
       dem Zeitungsbericht ab. „Wir berichten nicht über vertrauliche Gespräche“,
       sagte er.
       
       In der Affäre wird der Ruf nach Konsequenzen lauter. Linksfraktionschef
       Gregor Gysi forderte in der Rheinischen Post, den Whistleblower Edward
       Snowden, der mit seinen Informationen die NSA-Affäre ins Rollen gebracht
       hatte, als Zeugen zu hören. Danach müsse ihm ein sicherer Aufenthalt in
       Deutschland gewährt werden.
       
       Generalbundesanwalt Harald Range sieht für eine Vernehmung Snowdens, der
       sich an einem unbekannten Ort in Russland aufhält, derzeit allerdings keine
       Möglichkeit. „Wir können keine Zeugen vernehmen in diesem Stadium des
       Verfahrens, wo wir noch kein Ermittlungsverfahren haben. Wir können uns nur
       Auskünfte einholen, und das tun wir“, sagte Range am Samstag bei einer
       Veranstaltung in Karlsruhe. „Ich kann einfach nicht nach Moskau fahren und
       mich auf den Flughafen setzen und warten, bis Herr Snowden vorbeikommt.“
       
       Auf die Frage, ob sich die Bundesanwaltschaft erkundigt habe, ob es
       Möglichkeiten gebe, mit Snowden zu sprechen, sagte Range: „Nein, haben wir
       nicht. Ich weiß auch nicht, ob er ohne Cash mit uns redet.“
       
       ## Linke verlangt Missbilligung
       
       Die Linke dringt darauf, dass der Bundestag den zuständigen
       Regierungsmitgliedern in einer Sondersitzung die Missbilligung ausspricht.
       Ihr Vorsitzender Bernd Riexinger sagte der Berliner Zeitung,
       Kanzleramtschef Ronald Pofalla (CDU) und Innenminister Hans-Peter Friedrich
       (CSU) hätten „beim Grundrechtsschutz für die Bundesbürger eklatant
       versagt“.
       
       Unions-Fraktionschef Volker Kauder nahm Pofalla gegen den Vorwurf in
       Schutz, er habe die Affäre um die NSA-Abhörpraxis vorschnell für beendet
       erklärt. „Ronald Pofalla hat lediglich den Vorwurf, dass deutsche
       Staatsbürger massenhaft von deutschem Boden ausgespäht worden sind, als
       falsch bezeichnet“, sagte er der Welt am Sonntag. Das für die Geheimdienste
       zuständige Parlamentarische Kontrollgremium (PKG) werde sich der Sache „mit
       der gebotenen Intensität noch einmal annehmen“. Kauder sprach sich gegen
       einen Untersuchungsausschuss aus.
       
       Der SPD-Fraktionsvorsitzende Frank-Walter Steinmeier sagte der Frankfurter
       Allgemeinen Sonntagszeitung, er wolle wissen, wer abgehört wurde und wie
       weit die Abhörmaßnahmen zurückreichten. „Und wir erwarten auch Antworten
       auf die heikelste Frage: Waren solche Aktivitäten der überspannte Ehrgeiz
       eines außer Kontrolle geratenen Geheimdienstes? Oder hat das Weiße Haus
       davon gewusst?“
       
       ## Seehofer und die Vorratsdatenspeicherung
       
       Union und SPD hatten sich am Freitag in der Arbeitsgruppe für Außen- und
       Sicherheitspolitik darauf verständigt, Konsequenzen aus dem Abhör-Skandal
       im Koalitionsvertrag festzuschreiben.
       
       Der CSU-Vorsitzende Horst Seehofer verlangte im Magazin Focus, der Schutz
       der persönlichen Kommunikationsdaten müsse in den Koalitionsgesprächen eine
       zentrale Rolle spielen. „Bei allem Verständnis für die Innenpolitiker und
       die Notwendigkeit der Terrorbekämpfung ist spätestens jetzt klar, dass der
       Datenschutz gleichrangig ist.“ Unbedingt müsse über die
       Vorratsdatenspeicherung gesprochen werden. So sei die Speicherfrist von
       sechs Monaten "zu lang und erhöht das Risiko des Missbrauchs".
       
       Linksfraktionsvize Jan Korte listet in einem Positionspapier, das der
       Nachrichtenagentur dpa vorliegt, 16 Forderungen zur Affäre auf. So verlangt
       er, alle Berichte der deutschen Geheimdienste für das PKG zu dem Thema
       öffentlich zu machen. Auch sollten dessen Mitglieder in Sachen NSA-Affäre
       von ihrer Geheimhaltungspflicht entbunden werden.
       
       BDI-Präsident Ulrich Grillo verlangte ein international abgestimmtes
       Vorgehen gegen das Ausspähen von Unternehmen anderer Länder. „Der BDI setzt
       sich dafür ein, Wirtschaftsspionage völkerrechtlich zu ächten“, [2][sagte
       Grillo Spiegel Online]. Er nannte es „besonders besorgniserregend, in
       welchem Ausmaß auch Geheimdienste befreundeter Staaten den Datenverkehr
       überwachen“. Der Vorsitzende der sozialdemokratischen Fraktion im
       Europaparlament, Johannes Swoboda, äußerte im WDR die Befürchtung, dass von
       US-Geheimdiensten massenhaft europäische Unternehmen ausgespäht würden.
       
       26 Oct 2013
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] http://www.spiegel.de/politik/deutschland/nsa-ueberwachung-merkel-steht-seit-2002-auf-us-abhoerliste-a-930193.html
 (DIR) [2] http://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/spaehaffaere-bdi-chef-grillo-fordert-aechtung-von-wirtschaftsspionage-a-930092.html
       
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