# taz.de -- Recherche-Projekt von „SZ“ und NDR: Großoffensive „Geheimer Krieg“
       
       > Die „Süddeutsche“ und der NDR rechechieren gemeinsam zum Antiterror-Krieg
       > der USA auf deutschem Boden. Nun erreicht die Kooperation eine neue
       > Stufe.
       
 (IMG) Bild: US-Präsident Obama hört dem Verlauf der Mission zu, die Osama bin Laden am 1. Mai 2011 töten wird.
       
       HAMBURG taz | „Die Süddeutsche Zeitung und der NDR bekamen jetzt Einblick
       in die Dokumente.“ Hinweise dieser Art waren in den vergangenen Monaten
       keine Seltenheit in der SZ, weil die Zeitung und der öffentlich-rechtliche
       Sender bei der Aufarbeitung der Enthüllungen Edward Snowdens gemeinsame
       Sache machten.
       
       Ohnehin arbeiten das Investigativressort der SZ und das Rechercheteam des
       NDR Fernsehens schon seit längerem bei geheimdienst-bezogenen Themen
       zusammen. Intensiv war die Zusammenarbeit bisher bei den Offshore-Leaks,
       dem internationalen Mammutprojekt zu den weltweiten Steueroasen.
       
       In diesen Tagen erreicht die Kooperation zwischen den beiden Häusern nun
       eine weitere Stufe. Das Oberthema lautet „Geheimer Krieg“. Es geht dabei um
       Orte in der Bundesrepublik, von denen aus die Amerikaner Teile ihres
       Antiterror-Kriegs organisieren. Sowohl die Zeitung als auch der Sender
       beginnen am Freitag mit einer Reihe von Beiträgen zu diesem Thema. Eine
       zentrale Rolle bei dem am Donnerstag in Hamburg vorgestellten Großprojekt
       spielt dabei die vom NDR verantwortete Website [1][geheimerkrieg.de].
       
       Teil davon ist eine interaktive Karte, für die Spezialisten
       „pseudotransparente US-Datenbanken“ ausgewertet haben, wie Julia Stein, die
       Leiterin des NDR-Rechercheteams es formuliert. Sie gibt Aufschluss über
       Orte und Unternehmen, die für die US-Sicherheitsarchitektur von Bedeutung
       sind.
       
       Der regelmäßig für die SZ schreibende NDR-Reporter [2][John Goetz] und
       seine Kollegen haben unter anderem herausgefunden, dass Deutschland etwa
       beim Drohnenkrieg in Somalia in vielerlei Hinsicht eine Rolle spiele. „Das
       hat uns wahnsinnig überrascht“, sagt Goetz. Unter dem Motto „Jetzt
       spionieren wir“ haben die NDR-Leute unter anderem die Stuttgarter
       Kommandozentrum für US-Drohneneinsätze in Afrika sowie die Luftleitzentrale
       in Ramstein aufgesucht. Von diesen beiden Einrichtungen aus würden die, so
       Goetz, „Hinrichtungen“ in Somalia mitgesteuert.
       
       Als Höhepunkt der Berichterstattung ist am 28. November eine Art
       Themenabend vorgesehen. Er besteht aus einer monothematischen Ausgabe des
       Politmagazins [3][„Panorama“], einer Spezialausgabe der Talksendung
       [4][„Beckmann“] und einer deutschen Fassung von [5][Jeremy Scahills]
       aktueller Kinodokumentation „Dirty Wars“, in der es um die sehr fragwürdige
       Arbeit der geheimen Joint Special Operations (JSOC) unter anderem in
       Afghanistan geht.
       
       ## Gesprächige amerikanische Sicherheitsmenschen
       
       Auf das Material, das Edward Snowden beschafft hat, konnten SZ und NDR auch
       beim aktuellem Großprojekt zurückgreifen. Das sei aber nur ein Element der
       Recherchearbeit gewesen, sagt Stephan Wels, der stellvertretende
       Chefredakteur des NDR Fernsehens. Man habe unter anderem davon profitiert,
       dass „pensionierte amerikanische Sicherheitsmenschen sehr gesprächig sind“,
       sagt Goetz.
       
       Rein formal betrachtet ist die Kooperation zwischen Zeitung und Sender eine
       nicht ganz einfache Beziehungskiste. Schließlich ist das Verhältnis
       zwischen Verlagen und dem öffentlich-rechtlichen System angespannt. Seit
       2011 klagen acht Zeitungsverlage – darunter auch der Süddeutsche Verlag, in
       dem die SZ erscheint – gegen die Smartphone-App der „Tagesschau“, weil die
       vermeintlich zu „presseähnlich“ sei. In der vergangenen Woche die Sache mal
       wieder in Köln verhandelt, dieses Mal vor dem Oberlandesgericht.
       
       Die Debatte um die seit 2013 geltende pauschale Rundfunkabgabe ist
       ebenfalls von rauen Tönen seitens der Verlage geprägt; auch in der SZ fiel
       in dem Zusammenhang schon mal der unfreundliche Begriff „Zwangsgebühren“.
       Die Chefredaktion der SZ finde die Zusammenarbeit „toll“, sagte Hans
       Leyendecker, der Chef des Münchener Investigativteams, bei der Präsentation
       in Hamburg. Frei von Ironie ist die Zusammenarbeit zwischen SZ und NDR
       dennoch nicht: Indem in der SZ bzw. bei [6][sueddeutsche.de] Texte
       erscheinen, zu denen der durch öffentliche Gelder finanzierte NDR
       beigetragen hat, werden nun zumindest auf einem sehr geringen Level
       Verlagsinhalte durch die gern gegeißelten „Zwangsgebühren“ finanziert.
       
       ## Radiowelle NDR info mit dabei
       
       Die Kooperation zwischen Hamburg und München begann im Herbst 2011, vor
       fast genau zwei Jahren: mit einer Geschichte über CIA-Foltergefängnisse in
       verschiedenen osteuropäischen Ländern. Diese Gefängnisse spielen auch bei
       den aktuellen Recherchen eine Rolle, weil deren Aufbau in einer riesigen
       CIA-Einrichtung in Frankfurt erfolgte.
       
       Mit im Boot beim Projekt „Geheimer Krieg“ ist auch die Radiowelle [7][NDR
       info]. Die Hörfunkleute werden über Sponsorengelder berichten, die von
       US-Militärs an hiesige Forschungseinrichtungen, unter anderem an
       Universitäten, fließen. An diesen Recherchen werden aber nicht nur Hörer
       zwischen Flensburg und Wilhelmshaven teilhaben, denn im Rahmen eines
       Sammelangebots stehen die Berichte sämtlichen 57 ARD-Hörfunkwellen
       kostenfrei zur Übernahme zur Verfügung.
       
       Um in der heutigen Flut der Informationen Aufmerksamkeit zu erlangen und
       dann die Leser, Zuschauer oder Nutzer bei der Stange zu halten, sind
       Kooperationsprojekte wie das zwischen SZ und NDR gewiss hilfreich. Dass die
       Deutungsvielfalt gestärkt wird, wenn zwei große Player aus verschiedenen
       Welten gemeinsame Sache machen, lässt sich aber nicht unbedingt behaupten.
       
       14 Nov 2013
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] http://www.geheimerkrieg.de/
 (DIR) [2] http://www.ard-hauptstadtstudio.de/korrespondenten/radio/ndr/johngoetz101.html
 (DIR) [3] http://daserste.ndr.de/panorama/
 (DIR) [4] http://www.daserste.de/unterhaltung/talk/beckmann/index.html
 (DIR) [5] /Schmutzige-Kriege-der-USA/!126970/
 (DIR) [6] http://www.sueddeutsche.de
 (DIR) [7] http://www.ndr.de/info/
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) René Martens
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Medien
 (DIR) Recherche
 (DIR) USA
 (DIR) Drohnen
 (DIR) Süddeutsche Zeitung
 (DIR) NDR
 (DIR) Schwerpunkt Überwachung
 (DIR) NDR
 (DIR) Tarifvertrag
 (DIR) Tempora
 (DIR) Kika
 (DIR) CIA
 (DIR) USA
 (DIR) Kinder
 (DIR) Schwerpunkt Überwachung
 (DIR) Datenschutz
 (DIR) Pakistan
 (DIR) USA
 (DIR) Spähaffäre
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) 50 Jahre NDR-Fernsehen: Früher war alles besser? Naja
       
       Wenn ein Sender zurückblickt: Das NDR Fernsehen feiert sein 50-jähriges
       Bestehen mit der Doku „Unsere Geschichte – Unser NDR“.
       
 (DIR) Tarifwerk für Zeitungsredakteure: Auch Onliner sind Journalisten
       
       Online-Redakteure werden schrittweise in den Tarifvertrag für
       Zeitungsredakteure aufgenommen. Die Gehälter sollen dieses Jahr um 2,5,
       nächstes um 1,5 Prozent steigen.
       
 (DIR) Datenskandal und Drohnenkrieg: Schafft ein, zwei, viele Websites
       
       2013 ist das Jahr, in dem das Internet endgültig zur Waffe wurde. Und zwar
       ganz anders als gedacht. So kann es nicht weitergehen.
       
 (DIR) NDR-Programmdirektor: Der Vorabendverkäufer
       
       Frank Beckmann hat die Kika-Affäre überstanden und seinen Vertrag beim NDR
       verlängert bekommen. Nun will er Zuschauer nach 18 Uhr zum Ersten locken.
       
 (DIR) Enthüllungen zu „geheimen Kriegen“: Empört euch! Bitte ein bisschen
       
       Seit Wochen berichten „SZ“ und NDR stets neue Details zum „geheimen Krieg“
       in Deutschland. Die Wirkung ist überschaubar. Warum eigentlich?
       
 (DIR) ARD-Themenabend „Der Geheime Krieg“: Was zum Teufel läuft hier ab?
       
       Die beachtliche Recherche von NDR und „SZ“ zeigt, wie dreist öffentliche
       Stellen vorgehen, um die Öffentlichkeit im Unklaren zu halten.
       
 (DIR) ARD-Doku „Kunde Kind“: Werbung als „Mehrwert“
       
       Jedes Kind sieht hierzulande im Jahr bis zu 19.000 Werbespots. „Kunde Kind“
       in der ARD zeigt, wie Werbung die Kleinsten umgarnt.
       
 (DIR) Geheimdienst überwacht Buchungen: Wo schläft der Diplomat?
       
       Der britische Geheimdienst forscht weltweit Reservierungssysteme von Hotels
       aus. Das berichtet der „Spiegel“ unter Berufung auf Unterlagen Edward
       Snowdens.
       
 (DIR) Umfrage über Datenschutz: Deutsche sorgen sich um Daten
       
       Einer Studie zufolge fürchtet die Mehrheit der Deutschen um die Sicherheit
       ihrer Daten und ihrer Privatspähre. Öffentliche Kameras werden aber
       akzeptiert.
       
 (DIR) Neuer Talibanchef in Pakistan: Rache statt Friedensverhandlungen
       
       Vor einer Woche starb der Vorsitzende der pakistanischen Taliban-Fraktionen
       durch eine US-Drohne. Er war zu Verhandlungen berieit. Sein Nachfolger
       nicht.
       
 (DIR) Debatte USA und Überwachung: Amis völlig paranoid
       
       Die USA sollten ihr Sicherheitskonzept überdenken. Die Amerikaner sind von
       Furcht getrieben. Aber Angst ist ein Arschloch.
       
 (DIR) Ex-CIA-Agent zu Überwachung: „Obamas Angst vor Geheimdiensten“
       
       Wenn Gestapo oder Stasi zu viel Macht haben, endet das im
       Überwachungsstaat. Ein ehemaliger CIA-Mitarbeiter meint, genau davor
       sollten die Europäer die USA warnen.