# taz.de -- ARD-Themenabend „Der Geheime Krieg“: Was zum Teufel läuft hier ab?
       
       > Die beachtliche Recherche von NDR und „SZ“ zeigt, wie dreist öffentliche
       > Stellen vorgehen, um die Öffentlichkeit im Unklaren zu halten.
       
 (IMG) Bild: Auch Schauplatz der Dokumentation: US-Airbase in Ramstein
       
       Ob von Deutschland aus, per Computer ferngesteuert, gezielte Hinrichtungen
       in den dunkleren Winkeln der Welt exekutiert werden – eigentlich sollte man
       das als politisch interessierter Mensch erfahren dürfen. Schließlich wäre
       es undenkbar, dass ein Terrorverdächtiger mal eben vor dem Berliner
       Hauptbahnhof oder in der sauerländischen Provinz mit Hilfe einer
       unbemannten Kampfdrohne getötet wird. Eben das passiert inzwischen aber
       wohl routinemäßig in Ländern wie Somalia. Die USA führen dort einen Krieg
       gegen „den Terror“ – und dieser wird ganz offensichtlich auch von diversen
       US-Stützpunkten in Deutschland aus gesteuert.
       
       Viele Monate hat der NDR-Reporter John Goetz mit Kollegen auch von der
       Süddeutschen Zeitung recherchiert, um dies zu beweisen. Am Donnerstag
       widmete die ARD diesem Thema einen guten Teil ihres Abendprogramms. In
       einer halbstündigen Reportage führte Goetz die Zuschauer an zentrale Orte
       des [1][„Geheimen Kriegs“]: vor das US-Konsulat in Frankfurt, das
       Stuttgarter Kommandozentrum für US-Drohneneinsätze in Afrika oder die
       Luftleitzentrale in Ramstein.
       
       Er gab auch Opfern dieser Einsätze eine Stimme, unschuldigen Zivilisten aus
       Ländern wie Somalia, deren Väter und Söhne „versehentlich“ ins Visier einer
       Kampfdrohne geraten sind. Ein unkonventioneller Film, mit einigen grotesken
       Momenten – die dem absurden Gebaren der Geheimdienst- und Militärbranche
       geschuldet sind, aber auch der bewundernswerten Hartnäckigkeit dieses
       NDR-Reporters. Selten hat eine Dokumentation so plastisch vorgeführt, wie
       dreist öffentliche Stellen vorgehen, um die Öffentlichkeit im Unklaren zu
       halten über Dinge, die sie eigentlich sehr viel angehen.
       
       Schließlich ist den Recherchen zufolge auch der Bundesnachrichtendienst in
       diesen „Geheimen Krieg“ involviert – er liefert den US-Kommandozentralen
       Informationen zu, die ihnen bei der Fahndung und Tötung mutmaßlicher
       Terroristen helfen. Doch wer nun glaubt, die Bundesregierung sehe sich
       gezwungen, dazu klar Position zu beziehen – oder diesen brisanten
       Zulieferdienst gar zu stoppen, der irrt.
       
       ## Türsteher-Typ
       
       Die „Hauptstelle für Befragungswesen“, eine getarnte dem Kanzleramt
       unterstehende BND-Filiale, soll Asylbewerber gezielt aushorchen und deren
       Informationen an befreundete amerikanische Dienste weiterreichen. Als
       NDR-Reporter Goetz versucht, sich einen Blick in die Büros dieser von einer
       deutschen Behörde betriebenen Einrichtung zu verschaffen, wird er von einem
       breitschultrigen Türsteher-Typ im T-Shirt mit Freefighter-Aufdruck
       abgefertigt. Man fragt sich: Was tut dieser Kerl an dieser Stelle? Was zum
       Teufel läuft hier ab?
       
       Antworten bleibt die Bundesregierung bis heute schuldig, trotz vieler
       Nachfragen nicht zuletzt durch den Grünen-Bundestagsabgeordneten und
       Geheimdienstkontrolleur Hans-Christian Ströbele. Die Regierung schweigt
       nicht nur aus Rücksichtnahme auf die deutsch-amerikanische Partnerschaft,
       sondern im eigenen Interesse. Schließlich beruht Geheimdienstarbeit auf
       Geben und Nehmen – und der BND reicht nicht nur Material an die US-Dienste
       weiter, sondern steckt ebenso begierig ein.
       
       Mit ihrem groß angelegten Rechercheprojekt haben NDR und Süddeutsche
       Zeitung dem Thema eine beachtliche Aufmerksamkeit verschafft, dennoch
       verhält sich die Bundesregierung nach wie vor so, als ginge sie das alles
       nicht wirklich an. Im frisch ausgehandelten Koalitionsvertrag steht: „Wir
       wollen eine bessere parlamentarische Kontrolle der Geheimdienste.“ Gerade
       die SPD muss sich in einer Großen Koalition an diesem Satz messen lassen.
       
       29 Nov 2013
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] http://www.geheimerkrieg.de/#entry-5-6818-das-projekt
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Astrid Geisler
       
       ## TAGS
       
 (DIR) USA
 (DIR) BND
 (DIR) Terrorabwehr
 (DIR) Drohnenkrieg
 (DIR) Flüchtlinge
 (DIR) CIA
 (DIR) NSA-Skandal
 (DIR) USA
 (DIR) Medien
 (DIR) USA
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Anfrage der Linksfraktion: Drohnenhelfer verhören weiter
       
       Geheimdienstler der Hauptstelle für Befragungswesen quetschten jahrelang
       Asylbewerber aus. Die Behörde macht bald dicht. Ein Ende der Verhöre ist
       nicht in Sicht.
       
 (DIR) Enthüllungen zu „geheimen Kriegen“: Empört euch! Bitte ein bisschen
       
       Seit Wochen berichten „SZ“ und NDR stets neue Details zum „geheimen Krieg“
       in Deutschland. Die Wirkung ist überschaubar. Warum eigentlich?
       
 (DIR) Kolumne Liebeserklärung: Der Vertreter
       
       Im NSA-Skandal haben die USA jetzt zur stärksten Waffe gegriffen, die sie
       haben: dem Handlungsreisenden. Das ist schön.
       
 (DIR) US-Militär lässt in Deuschland forschen: Sprengstoff, Panzerglas und Munition
       
       Über 10 Millionen Euro steckten die USA in den letzten Jahren in
       Grundlagenforschung an deutschen Unis. Auch Hochschulen mit Zivilklausel
       sind unter den Empfängern.
       
 (DIR) Recherche-Projekt von „SZ“ und NDR: Großoffensive „Geheimer Krieg“
       
       Die „Süddeutsche“ und der NDR rechechieren gemeinsam zum Antiterror-Krieg
       der USA auf deutschem Boden. Nun erreicht die Kooperation eine neue Stufe.
       
 (DIR) Debatte USA und Überwachung: Amis völlig paranoid
       
       Die USA sollten ihr Sicherheitskonzept überdenken. Die Amerikaner sind von
       Furcht getrieben. Aber Angst ist ein Arschloch.