# taz.de -- Datenskandal und Drohnenkrieg: Schafft ein, zwei, viele Websites
       
       > 2013 ist das Jahr, in dem das Internet endgültig zur Waffe wurde. Und
       > zwar ganz anders als gedacht. So kann es nicht weitergehen.
       
 (IMG) Bild: Piloten der Bundeswehr steuern 2012 in Afghanistan eine unbewaffnete Drohne.
       
       Cyberwar – immer wieder taucht dieses seltsame Wort auf, mal als
       Fortsetzung des Konflikts zwischen [1][China und den USA], [2][mal in
       Osteuropa] oder [3][im Norden Asiens], mal im Zusammenhang [4][mit
       Wirtschaftsspionage], mal als Ziel, das auch [5][die Bundeswehr zu
       erreichen habe.] So konkret die einzelnen Anlässe auch benannt sein mögen,
       so vage bleibt der Begriff bei näherer Untersuchung.
       
       Dabei ist 2013 tatsächlich das Jahr, in dem das Internet endgültig zur
       Waffe wurde – nur eben ganz anders als gedacht. Es wurde bekannt, was
       Spähprogramme [6][wie Tempora oder Prism] mit der gezielten Tötung von
       Menschen in Afghanistan, Pakistan, Irak, Jemen und Somalia zu tun haben.
       
       Um es am Ende des Jahres noch einmal deutlich zu sagen: Das Problem der
       allumfassenden Spionage von NSA, GCHQ und anderen besteht nicht darin, dass
       das Handy der Kanzlerin bespitzelt wurde. Es geht auch nur am Rande darum,
       dass die europäische Politik zu wenig gegen die USA auszurichten hat.
       
       Und schon gar nicht ist das Hauptthema des Skandals ein böses Bündnis aus
       USA und Großbritannien, dem ein gutes, aber hilfloses Deutschland
       gegenübersteht. Auch angesichts des GCHQ ist der Bundesnachrichtendienst
       nicht Robin Hood; er bleibt der Sheriff von Nottingham, ein widerliches
       Arschloch.
       
       ## Keine Anklage, keine Verteidigung, kein Richter
       
       Das Problem sieht schlicht so aus: Geheimdienste aus aller Welt sammeln
       alle verfügbaren Informationen und tauschen sie manchmal aus und manchmal
       nicht. Ein Teil dieser Informationen wird von US-Diensten verwendet, um
       Menschen mit drohnengestützten Angriffen nach Belieben zu töten – „weitab
       von jedem Kriegsgebiet und ohne jegliches ordentliches Gerichtsverfahren“,
       wie es Glenn Greenwald im Guardian [7][auf den Punkt brachte].
       
       Anders gesagt: Umfangreiche Datensammlungen ersetzen heute das, was die
       Neuzeit vom Mittelalter unterscheidet: [8][das Recht des Einzelnen auf ein
       faires Gerichtsverfahren.] Wo bis vor kurzem Anwälte, Ankläger und Richter
       die Wahrheit in einem bestimmten Fall herauszufinden versuchten, da
       versammeln sich heute ein Drohnenkontrollzentrum, die Drohne selbst und
       eine an ihr befestigte Hellfire-Rakete, um gemeinsam zu richten und das
       Urteil auch gleich zur Realität werden zu lassen.
       
       Konnte einst ein Gericht zu unterschiedlichen Ergebnissen kommen – vom
       Freispruch über Geld- und Bewährungsstrafen bis zu lebenslanger Haft –,
       gibt es heute nur noch die Todesstrafe. Wo früher der Angeklagte seinem
       Ankläger gegenübertreten und sich rechtfertigen konnte, ist aktuell ein
       Austausch an Argumenten, und damit an Rationalität, nicht mehr vorgesehen.
       Wo mal Unbeteiligte beim Richterspruch außen vor gelassen wurden, heißt es
       jetzt lapidar, die hohe Anzahl an zivilen Opfern sei bedauerlich, aber
       nicht zu vermeiden.
       
       ## Geheimerkrieg.de
       
       Die [9][Website Geheimerkrieg.de] listet akribisch auf, wer, wo, wann und
       wie in Deutschland zum Drohnenkrieg beiträgt. [10][Der BND steht unter
       Verdacht, Daten an andere Dienste weitergegeben zu haben], die dann
       wahlweise [11][im United States Africa Command, kurz Africom], nahe
       Stuttgart, [12][im „Dagger Complex“] bei Griesheim oder [13][am
       Militärflughafen Ramstein] zu Zieldaten für Drohnen verarbeitet werden. Das
       klingt, als stehe Deutschland im Zentrum der extralegalen Hinrichtungen in
       Ostafrika und Westasien
       
       Es klingt so. Vage Ahnungen und diffuse Vermutungen sind etwas anderes als
       ein Beweis, und wer die mangelnde Rechtsstaatlichkeit des Drohnenkriegs
       beklagt, sollte mehr aufbieten als Gefühl und Klang. Wenn sich aus den
       Datenskandalen des Jahres 2013 für das Jahr 2014 eines lernen lässt, dann
       das: Daten sammeln und auswerten ist so schwer nicht. Schafft ein, zwei,
       viele Websites, Wikis und Datensammlungen wie Geheimerkrieg.de.
       
       18 Dec 2013
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/aufruestung-im-internet-amerika-und-china-im-cyberkrieg-12680622.html
 (DIR) [2] http://www.indybay.org/newsitems/2013/12/04/18747279.php
 (DIR) [3] http://spectrum.ieee.org/telecom/security/its-time-to-write-the-rules-of-cyberwar
 (DIR) [4] http://www.forbes.com/sites/robertlenzner/2013/12/15/some-foreign-nations-have-cyberwar-capability-to-destroy-our-financial-system-nsa-admits/
 (DIR) [5] http://www.bundeswehr-journal.de/tag/cyber-coalition-2013/
 (DIR) [6] /US-Spaehprogramm-XKeyscore/!121091/
 (DIR) [7] http://www.theguardian.com/commentisfree/2013/mar/11/nyt-obama-awlaki
 (DIR) [8] http://www.thenation.com/blog/153899/rep-dennis-kucinich-seeks-ban-assassinations-us-citizens
 (DIR) [9] http://www.geheimerkrieg.de
 (DIR) [10] http://www.geheimerkrieg.de/#entry-25-6048-die-quelle-aus-somalia
 (DIR) [11] http://www.geheimerkrieg.de/#entry-15-6033-das-afrika-kommando
 (DIR) [12] http://daserste.ndr.de/panorama/archiv/2013/nsa103.html
 (DIR) [13] http://www.youtube.com/watch?v=OcOd5PQgg7g
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Maik Söhler
       
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