# taz.de -- Nach jahrelangen Gesprächen: Der Bombenerfolg von Genf
       
       > Der Iran hat sich mit der internationalen Gemeinschaft darauf geeinigt,
       > sein Atomprogramm vorerst auf Eis zu legen. Sanktionen werden gelockert.
       
 (IMG) Bild: Da umarmt jeder jeden, in diesem Fall US-Außenminister John Kerry die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton
       
       GENF taz | Historischer Durchbruch im seit zehn Jahren eskalierenden Streit
       über das iranische Atomprogramm: Teheran verpflichtet sich zur Einstellung
       sämtlicher Aktivitäten, die zu einer vom Atomwaffensperrvertrag verbotenen
       Entwicklung von Atomwaffen dienen könnten.
       
       Sämtliche Nuklearanlagen Irans werden danach einer strikten
       Dauerüberwachung durch Inspektoren der Internationalen Atomenergiebehörde
       (IAEA) unterworfen. Im Gegenzug suspendieren die USA und die EU vorläufig
       einige ihrer gegen Teheran verhängten Wirtschaftssanktionen und geben einen
       kleinen Teil der eingefrorenen iranischen Auslandsguthaben frei.
       
       Diese Vereinbarung wurde in der Nacht zum Sonntag nach viertägigen
       Verhandlungen zwischen den Außenministern Irans und der Staatengruppe P5+1
       (die fünf Vetomächte des UN-Sicherheitsrates und Deutschland) in Genf
       erzielt. Sie gilt für zunächst sechs Monate mit der Option der
       Verlängerung.
       
       Laut Vereinbarung wollen die beiden Seiten bis spätestens November 2014 ein
       umfassendes Abkommen zur endgültigen Beilegung des Konflikts um das
       iranische Nuklearprogramm aushandeln. Auch dieses Abkommen soll
       Beschränkungen und Kontrollen des Programms enthalten, mit denen eine
       Entwicklung von Atomwaffen verlässlich und dauerhaft ausgeschlossen werden
       kann. Im Gegenzug sollen dann alle Sanktionen endgültig aufgehoben werden,
       die die USA, die EU und der UN-Sicherheitsrat seit 2006 gegen den Iran
       verhängt haben.
       
       Iran wird Uran in den nächsten sechs Monaten nur noch auf die zur
       Stromerzeugung in Atomkraftwerken erforderliche Höhe von 3,5 bis maximal 5
       Prozent anreichern. Die bislang für medizinische Forschungszwecke
       betriebene Anreicherung auf 20 Prozent muss eingestellt werden. Die bereits
       produzierten rund 240 Kilogramm 20-prozentiges Uran sollen je zur Hälfte zu
       Brennstäben für den medizinischen Forschungsreaktor verarbeitet oder wieder
       auf den Anreicherungsgrad von 5 Prozent verdünnt werden.
       
       ## Keine neuen Zentrifugen
       
       Diese Verpflichtungen Teherans waren für die P5+1 unverzichtbar, weil sich
       bereits auf 20 Prozent angereichertes Uran sehr schnell auf die für den Bau
       von Atomwaffen erforderliche Höhe von 90 Prozent anreichern lässt. Mit den
       bereits produzierten 240 Kilogramm 20-Prozent-Uran könnte so Spaltmaterial
       für zwei Atomsprengköpfe gewonnen werden.
       
       Mit der Vereinbarung wird auch die weiterhin erlaubte Anreicherung von Uran
       auf maximal 5 Prozent begrenzt. Denn Teheran verpflichtete sich, in den
       beiden Anreicherungsanlagen Natans und Fordo keine neuen Zentrifugen zu
       installieren und bereits bestehende nur zum Teil in Betrieb zu nehmen.
       
       Mit der Vereinbarung unterwirft sich Teheran strikten Kontrollen, die weit
       über Irans Verpflichtungen aus dem Atomwaffensperrvertrag hinausgehen: Die
       Inspektoren der Internationalen Atomenergie-Behörde IAEA erhalten täglichen
       Zugang - nicht nur zu den Anreicherungsanlagen Natans und Fordo, sondern
       auch zu den Produktions-und Lagerstätten der Zentrifugen sowie zu den
       iranischen Uranminen und Anlagen zur Verarbeitung von Natururan.
       
       Auch der zweite denkbare Weg zur Gewinnung von Spaltmaterial für Atomwaffen
       wird durch die Vereinbarung versperrt: Die IAEA-Inspektoren dürfen den noch
       im Bau befindlichen Schwerwasserreaktor in Arak wesentlich häufiger
       besichtigen als bisher. Teheran verzichtet nicht nur auf eine
       Inbetriebnahme dieser Anlage, sondern erklärt sich auch zur Einstellung der
       Bauarbeiten bereit. Darauf hatte insbesondere Frankreich gedrungen, weil in
       Arak die Möglichkeit zur Produktion von atomwaffenfähigem Plutonium
       bestünde. Schließlich verpflichtet sich der Iran, innerhalb der nächsten
       drei Monate der IAEA die schon seit Jahren vergeblich verlangten
       Baudokumente und Unterlagen zum Betriebsablauf sämtlicher Nuklearanlagen
       des Landes zu übergeben.
       
       ## Hartes Sanktionsregime
       
       Im Gegenzug wollen die USA und die EU eingefrorene iranische
       Auslandsguthaben in Höhe von rund 5,1 Milliarden US-Dollar freigeben. Zudem
       sollen einige Sanktionen gegen die iranische Automobilindustrie, Gold und
       Edelmetalle sowie gegen den Export petrochemischer Güter vorläufig
       aufgehoben werden. Iranische Fluglinien sollen wieder Zugang zu
       Ersatzteilen und Wartungsservice aus dem Westen erhalten. Insgesamt
       belaufen sich die von USA und EU zugesagten Sanktionslockerungen auf rund 7
       Milliarden US-Dollar. Das harte Sanktionsregime insbesondere gegen Öl- und
       Finanztransaktionen soll bis zur Vereinbarung eines endgültigen Abkommens
       aber bestehen bleiben.
       
       Die Vereinbarung wird vom Iran und der P5+1 zwar als hart erkämpfter
       Kompromiss verkauft. Tatsächlich aber hat Teheran schließlich sämtlichen
       Forderungen nachgegeben - mit Ausnahme des Wunschs nach Inspektionen der
       Militäranlage in Parchin am Kaspischen Meer. Hier soll der Iran nach
       Mutmaßung der Geheimdienste der USA und Israels Zünder für atomare
       Sprengköpfe getestet haben.
       
       Für US-Präsident Barack Obama dürfte die Vereinbarung ausreichen, um den
       Senat in Washington von der angedrohten Verhängung neuer Sanktionen gegen
       den Iran abzuhalten. Ob für seinen iranischen Amtskollegen Hassan Rohani
       die angekündigten Sanktionserleichterungen ausreichen, um die konservativen
       Hardliner in Teheran in Schach zu halten, ist weniger gewiss.
       
       24 Nov 2013
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Andreas Zumach
       
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