# taz.de -- Die EU und ihre östlichen Nachbarn: Druck und Gegendruck
       
       > Beim EU-Gipfel versucht sich Kommissionspräsident Barroso in Strenge
       > gegenüber Russlands Präsident Putin. Das Verhältnis zur Ukraine bleibt
       > unklar.
       
 (IMG) Bild: Pro-EU-Demonstration am Freitag in Kiew. Aber auch Küsse nützten nichts. Der Vertrag wurde in Vilnius nicht unterzeichnet.
       
       VILNIUS taz | Ein unerwartet klares „Stopp, und keinen Schritt weiter“
       hörte am Freitag Russlands Präsident Vladimir Putin. Dabei war er auf dem
       EU-Gipfel zur Östlichen Partnerschaft in Litauens Hauptstadt Vilnius gar
       nicht anwesend. „Wir können kein Veto eines anderen Landes akzeptieren“,
       erklärte dort EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso. Die Zeit der
       „eingeschränkten Souveränität“ sei in Europa vorüber.
       
       Während des Gipfels hatte der ukrainische Präsident Viktor Janukowitsch
       noch einmal klargemacht, dass er das lang vorbereitete
       Assoziierungsabkommen mit der EU auf Druck Russlands und aus Angst vor
       Wirtschaftssanktionen nicht unterzeichnen werde.
       
       Im Gegensatz zur Ukraine rücken die beiden früheren Sowjetrepubliken
       Georgien und Moldau näher an Europa heran. Spitzenvertreter paraphierten
       beim Gipfel Abkommen für Assoziierung und freien Handel. „Wir erleben einen
       historischen Moment“, freute sich der moldauische Premier Iurie Leanca. Der
       georgische Präsident Georgi Margwelaschwili betonte: „Die EU hat sich
       zunehmend als ein glaubwürdiger Spieler beim internationalen
       Krisenmanagement erwiesen.“ Für die Bürger von Aserbaidschan wird es
       künftig Visa- und Reiseerleichterungen in die Länder der EU geben.
       
       Fast alle Politiker der sechs östlichen EU-Partnerstaaten – Armenien,
       Aserbaidschan, Weißrussland, Georgien, Moldau und die Ukraine – berichteten
       auf dem Gipfel von Druck aus Moskau. Insbesondere Wirtschaftssanktionen
       träfen die früheren Sowjetrepubliken immer wieder schwer. Auch 20 Jahre
       nach der Wiedererlangung der nationalen Souveränität seien die alten
       Abhängigkeiten aus der Sowjetzeit noch nicht überwunden.
       
       ## Zollunion oder Assoziierungsabkommen mit der EU
       
       So hat sich Weißrussland wie von Moskau gewünscht der eurasischen Zollunion
       angeschlossen. Auch Armenien will dem Bündnis beitreten. Dies aber macht
       ein Freihandelsabkommen ohne Zollschranken mit der EU unmöglich. Vielleicht
       werden in ferner Zukunft auch Zollunion und EU ein gemeinsames Abkommen
       unterzeichnen, aber zur Zeit scheint dies wenig realistisch zu sein.
       
       EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso freute sich sichtlich, dass
       zumindest Georgien und Moldau dem Druck standgehalten hatten. „Unsere
       Volkswirtschaften werden enger verbunden sein.“ Die auf dem Gipfel zunächst
       nur paraphierten Abkommen mit der EU sollen nächstes Jahr unterschrieben
       werden und dann in Kraft treten.
       
       Breit diskutiert wurde auf dem Gipfel aber auch, wie die EU ökonomische
       Zwangslagen neutralisieren könne, um den Staaten der Östlichen
       Partnerschaft tatsächlich souveräne Entscheidungen zu ermöglichen. Eine
       Möglichkeit sei, einen einseitig von Moskau verhängten Handelsboykott oder
       ein Importembargo aufzufangen, indem für die betroffnen Produkte der
       EU-Markt geöffnet werde. Bei moldauischem Wein beispielsweise hat die EU
       dies bereits erfolgreich praktiziert.
       
       Der Forderung des ukrainischen Präsidenten Janukowitsch nach einer
       „Entschädigung“ für Verluste, die der Ukraine durch russische
       Handelssanktionen entstünden, sollte das Land den Assoziierungsvertrag
       unterzeichnen, wiesen Spitzenpolitiker der EU aber einhellig zurück.
       Möglich sei die teilweise Öffnung des EU-Marktes für ukrainische Produkte.
       
       Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel, die in Vilnius auch zu einem
       Vieraugengespräch mit Janukowitsch zusammengetroffen war, bot der Ukraine
       an, dass das Land sein Gas demnächst aus der EU über Pipelines aus der
       Slowakei oder Polen beziehen könne, so dass es sich aus der Abhängigkeit
       von russischen Gaslieferungen befreien könne. „Letztlich aber“, so Merkel
       in Vilnius, „hängt es von der Ukraine ab, ob sie den Mut hat, noch einen
       Schritt auf Europa zuzugehen. Dann wird die EU auch ein verlässlicher
       Partner sein.“
       
       29 Nov 2013
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Gabriele Lesser
       
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