# taz.de -- Kommentar Proteste in der Ukraine: Janukowitschs Amnesie
       
       > Mit Schlagstöcken und Tränengas gegen Demonstranten? Damit wird die
       > Regierung die aufgebrachten UkrainerInnen nicht einschüchtern können.
       
 (IMG) Bild: Schlagkräftig: Boxprofi und Oppositionspolitiker Vitali Klitschko am Sonntag inmitten der Menschenmasse.
       
       In der ukrainischen Staatsführung macht sich Panik breit. Anders ist
       [1][der brutale Polizeieinsatz] gegen proeuropäische Demonstranten am
       Wochenende mit zahlreichen Verletzten und Dutzenden Festnahmen nicht zu
       erklären.
       
       Doch glaubt die Regierung allen Ernstes, den Protestierenden mit
       Schlagstöcken und Tränengas beikommen zu können? Oder mit
       Gerichtsentscheidungen, die Unmutsbekundungen der Bevölkerung auf dem
       Europa- und Freiheitsplatz in der Hauptstadt Kiew bis zum 7. Januar 2014
       verbieten? Mit der abstrusen Begründung, dort sollen Tannenbäume und
       Weihnachtsmärkte aufgebaut werden?
       
       Diejenigen, die zu Tausenden seit eineinhalb Wochen Tag für Tag nicht nur
       in Kiew, sondern auch in anderen Städten gegen Staatspräsident Wiktor
       Janukowitsch und seine Regierung auf die Straße gehen, werden sich davon
       weder einschüchtern noch beeindrucken lassen.
       
       Dass die UkrainerInnen Durchhalte- und Stehvermögen besitzen, haben sie
       bereits im Herbst 2004 im Zuge der Orangenen Revolution eindrucksvoll unter
       Beweis gestellt. Damals harrten Hunderttausende wochenlang bei eisigen
       Temperaturen aus und erzwangen so eine Wiederholung der Stichwahl für das
       Präsidentenamt, die der Wahlfälscher Wiktor Janukowitsch gegen seinen
       Widersacher Wiktor Juschtschenko verlor.
       
       ## Auch die Opposition muss bereit sein zum Dialog
       
       Ebenjener Janukowitsch muss jetzt entweder unter Amnesie leiden oder er hat
       seine Landsleute – wieder einmal – unterschätzt. Denn für einen Großteil
       vor allem der jungen Leute kommt Kiews Nein zum Assoziierungsabkommen mit
       der EU und damit eine Abkehr von Europa einer vertanen Chance für eine
       bessere Zukunft ihres Landes gleich.
       
       Es ist jetzt an der Regierung, dafür Sorge zu tragen, dass die Situation
       nicht außer Kontrolle gerät. Dabei geht es vor allem auch darum,
       Provokationen zu vermeiden und keine Szenarien zuzulassen, die aus Russland
       und Weißrussland nur allzu gut bekannt sind.
       
       Doch auch die Opposition muss dazu ihren Beitrag leisten. Sie ist, wie der
       Aufruf zum Generalstreik beweist, entschlossen, keinen Schritt
       zurückzuweichen. Aber auch das muss die Möglichkeit eines Dialogs mit den
       Machthabern nicht ausschließen.
       
       Wie auch immer sich die Kraftprobe in den kommenden Tagen weiterentwickelt:
       Gewalt, von welcher Seite auch immer, wäre die falscheste und
       folgenschwerste aller Antworten.
       
       1 Dec 2013
       
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 (DIR) Barbara Oertel
       
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