# taz.de -- Folgen der Proteste in der Ukraine: Katerstimmung im Kreml
       
       > Russland sieht den Westen und ausgebildete Kämpfer in Kiew am Werk.
       > Janukowitsch scheint abgeschrieben zu sein, eine Alternative hat Moskau
       > aber nicht.
       
 (IMG) Bild: Als „Zar“ beschimpfen die Demonstranten in Kiew ihren Präsidenten.
       
       MOSKAU taz | Moskau hat den Triumph über die EU und die hintertriebene
       Annäherung mit der Ukraine noch gar nicht recht auskosten können, da macht
       sich schon Katerstimmung im Kreml breit. Seit die Demonstranten in Kiew
       neben der Unterzeichnung des Assoziierungsabkommens auch den Rücktritt des
       Präsidenten Wiktor Janukowitschs und der Regierung verlangen, klingeln in
       Russland die Alarmglocken.
       
       Zu Besuch in Armenien meinte Präsident Wladimir Putin, die Proteste in der
       Ukraine seien weder eine Revolution noch eine Reaktion auf die Abkehr vom
       Integrationskurs mit der EU. Vielmehr handele es sich um den „Versuch der
       Opposition, die legitimen Machthaber zu stürzen“. Objektiven Beobachtern
       sei klar, dass „ausgebildete Gruppen von Kämpfern“ im Einsatz seien.
       
       Zum zweiten Mal seit 2004 schätzt der Kreml die Lage in der Ukraine falsch
       ein. Damals löste die Unterstützung des Präsidentschaftskandidaten
       Janukowitsch durch den Kreml die „orange Revolution“ aus.
       
       Auch diesmal steuert Kiew auf eine längere Konfrontation zu. Wieder heizt
       Russland die gefürchtete Revolution beim Nachbarn selbst an. Auch diesmal
       sieht das russische Staatsfernsehen wieder westliche Drahtzieher am Werk.
       Dass die ukrainische Öffentlichkeit beweglicher und emanzipierter ist als
       die russische, will in Moskau niemand wahrhaben.
       
       ## Schock in Moskau
       
       Welcher Schock der politischen Kaste in Moskau in die Knochen gefahren sein
       muss, zeigte sich in der Politsendung „Sonntagabend“ im Staatsfernsehen.
       Moderator Wladimir Solowjew und sein Kollege, der Ukrainespezialist Dmitri
       Kiseljew, hatten Mühe, die Fassung zu wahren.
       
       Niemand wagte eine Prognose, wie es in der Ukraine weitergehen werde. Nur
       so viel schien klar: Russlands politische Elite hat Janukowitsch
       abgeschrieben und verfügt über keinen anderen Kandidaten.
       
       Janukowitsch wurde vorgeworfen, Kiew kampflos preisgegeben zu haben. Nach
       den schweren Auseinandersetzungen in der Nacht zu Sonnabend hatte der
       Präsident die Polizei vom Versammlungsplatz Maidan zurückgezogen. Nun werde
       die im Gefängnis sitzende Oppositionelle und Expremierministerin „Julia
       Timoschenko endgültig zum Totengräber der jetzigen Machthaber“ fürchtete
       Kiseljew.
       
       ## Anarchie und Extremismus
       
       Moskaus Moderatoren hätten gerne etwas mehr Entschlossenheit seitens
       Janukowitschs gesehen. Ohne Sicherheitskräfte, meinte der aus Kiew
       zugeschaltete Korrespondent, fühle er sich Anarchie und Extremismus
       ausgeliefert.
       
       Damit beschrieb er unfreiwillig ein Wesensmerkmal, worin sich Russland und
       die Ukraine unterscheiden. Ob bei der Finanzierung oder der Organisation
       des Protestes, die Hand des Westens sei überall zu spüren, lautete das
       Fazit des Staatsfernsehens.
       
       Zu guter Letzt gab der Moderator noch seiner Hoffnung Ausdruck:
       Wünschenswert wäre es, wenn die EU und der Westen sich Russland zum Vorbild
       nähmen. Das hätte nämlich verstanden, dass die Innenpolitik der Ukraine die
       Angelegenheit Kiews sei.
       
       4 Dec 2013
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Klaus-Helge Donath
       
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