# taz.de -- Proteste in der Ukraine: Zeltstadt in Kiew errichtet
       
       > Die Demonstrantionen in der ukrainischen Hauptstadt Kiew reißen nicht ab.
       > Das Rathaus bleibt weiter besetzt. Der Nato-Generalsekretär fordert
       > Gewaltverzicht.
       
 (IMG) Bild: Das Stadtzentrum in Kiew ist mit ersten Protestzelten besetzt.
       
       KIEW afp/dpa/taz | Die ukrainische Opposition erhöht den Druck zum Sturz
       von Präsident Viktor Janukowitsch. Nach einer Massenkundgebung in Kiew mit
       gewalttätigen Ausschreitungen verbrachten tausende Regierungsgegner die
       Nacht zum Montag in Zelten auf dem Unabhängigkeitsplatz im Zentrum der
       ukrainischen Hauptstadt.
       
       Hunderte Demonstranten hielten am Montag weiter die Gewerkschaftszentrale
       und das Rathaus besetzt. Die Polizei rief die Oppositionsanhänger auf, die
       Gebäude unverzüglich zu räumen. Beobachter sprachen von deutlich weniger
       Demonstranten als am Vortag.
       
       Nato-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen rief die Konfliktparteien zur
       Gewaltlosigkeit und die ukrainische Führung zur Beachtung von Meinungs- und
       Versammlungsfreiheit auf. Der Oppositionsführer und Boxweltmeister Vitali
       Klitschko rief die Demonstranten am Sonntagabend dazu auf, die Kontrolle
       über die Innenstadt von Kiew in der Nacht nicht aufzugeben. „Wir müssen
       jeden im Land mobilisieren und dürfen die Initiative nicht verlieren“, rief
       er.
       
       Klitschko steht an der Spitze der Partei Udar (Ukrainische Demokratische
       Allianz für Reformen, die Abkürzung bedeutet zugleich „Schlag“). Er gilt
       als einer von Janukowitschs stärksten Herausforderern bei der für März 2015
       angesetzten Präsidentschaftswahl.
       
       Der Chef der rechtsextreme Swoboda-Partei (Freiheitspartei), Oleh
       Tyagnybok, erklärte: „In der Ukraine beginnt eine Revolution. Wir errichten
       eine Zeltstadt auf dem Majdan (Unabhängigkeitsplatz) und starten einen
       nationalen Streik.“ Seine Äußerungen wurden live von ukrainischen und
       russischen Fernsehsendern übertragen.
       
       ## Bündnis will Neuwahlen erzwingen
       
       Klitschko und Tyagnybok bilden zusammen mit der Vaterlandspartei der
       ehemaligen Regierungschefin Julia Timoschenko ein oppositionelles
       Dreierbündnis namens Aktionsgruppe des nationalen Widerstands. Dieses will
       Janukowitsch zu Fall bringen und die Ukraine wieder auf einen
       europafreundlicheren Kurs bringen. Mit einem Generalstreik will das Bündnis
       Neuwahlen erzwingen.
       
       Rasmussen wies in einer in Brüssel veröffentlichten Erklärung darauf hin,
       dass viele Ukrainer weiterhin ihre Unterstützung für engere Verbindungen
       zur Europäischen Union zum Ausdruck brächten. Überall sei es das Recht des
       Volkes, seine Ansichten auf demokratische Weise auszudrücken. Gewalt sei
       jedoch „in einer demokratischen Gesellschaft kein gutes Mittel zur
       Austragung politischer Differenzen“. Kiew sei aufgefordert, seine
       „internationalen Verpflichtungen in Sachen Meinungs- und
       Versammlungsfreiheit einzuhalten“.
       
       Die Außenminister Polens und Schwedens, Radoslaw Sikorski und Carl Bildt,
       bekundeten in einer gemeinsamen Erklärung ihre Solidarität mit den
       Demonstranten. Die US-Außenamtssprecherin Psaki rief die ukrainische
       Führung dazu auf, das Recht auf Meinungsfreiheit zu achten. „Gewalt und
       Einschüchterung sollten in der heutigen Ukraine keinen Platz haben“,
       erklärte sie.
       
       Auf dem Unabhängigkeitsplatz hatten sich am Sonntag ungeachtet eines bis
       zum 7. Januar geltenden Kundgebungsverbots Hunderttausende Demonstranten
       versammelt. Die Angaben zur Anzahl differiert. So berichtet die
       Nachrichtenagentur AFP von 100.000 Personen, die taz geht von rund 350.000
       Protestlern aus. Am Rande der Demonstration kam es zu gewaltsamen
       Zusammenstößen, bei denen nach Polizeiangaben hundert Polizisten verletzt
       wurden.
       
       ## Proteste in Liwiw und Donezk
       
       Der Stadtverwaltung zufolge mussten sich auch fast 50 Demonstranten wegen
       Verletzungen behandeln lassen. Einige Dutzend Mitglieder der
       rechtspopulistischen Partei Swoboda besetzten ein leer stehendes Gebäude
       der Stadtverwaltung und hängten eine ukrainische Fahne aus einem Fenster.
       
       In der Stadt Lwiw in der Westukraine beteiligten sich etwa 50.000
       Janukowitsch-Gegner an einer Kundgebung. In Donezk, der russischsprachigen
       östlichen Heimatregion des Präsidenten, trotzten 250 Menschen einem
       Demonstrationsverbot.
       
       Seit Tagen demonstrieren Befürworter einer stärkeren Annäherung an die EU
       gegen Janukowitsch. Die Ukraine befindet sich in der tiefsten politischen
       Krise seit der sogenannten Orangenen Revolution von 2004. Janukowitsch
       hatte die für Freitag geplante Unterzeichnung eines Assoziierungsabkommens
       mit der EU kurzfristig abgesagt, nachdem Russland mit Handelsstrafen
       gedroht hatte.
       
       2 Dec 2013
       
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