# taz.de -- Flüchtlingscamp in Berlin: Der Innensenator ist gefragt
       
       > Frank Henkel will den Oranienplatz räumen lassen, wenn der Bezirk keine
       > Lösung findet. Für die Unterstützer der Flüchtlinge macht er es sich
       > damit zu einfach.
       
 (IMG) Bild: „Doch, ich bin illegal“, steht auf dem T-Shirt eines Flüchtlings
       
       BELRIN taz | Ausgerechnet Zeltstangen verhinderten, dass der Protestmarsch
       pünktlich losging. Einige der Demonstranten, die Sonntag Nachmittag vom
       Flüchtlingscamp auf dem Kreuzberger Oranienplatz zum Sitz von Innensenator
       Frank Henkel (CDU) ziehen wollten, hatten ihre Flaggen an
       ineinandergesteckten Zeltstangen befestigt.
       
       „Zeltutensilien mitzuführen ist verboten“, sagte Polizeisprecher Stefan
       Redlich, gecampt werden dürfe nicht. Eine Teilstange pro Person sei okay,
       der Rest müsse abgegeben werden, vorher gehe es nicht los. „We are one“,
       rappte derweil die Band „Antinational Embassy“.
       
       Denn die Demonstranten, die sich bei Einbruch der Dunkelheit schließlich
       auf den Weg machen, wollen nach Zwischenkundgebungen auf dem Alexanderplatz
       und dem Weihnachtsmarkt am Roten Rathaus vor Henkels Dienstsitz
       übernachten. „Ups, Camp in Mitte“, twitterte die grüne
       Bezirksbürgermeisterin Monika Herrmann dann auch schon in der Nacht zu
       Sonntag.
       
       Genau zwischen den beiden verläuft schließlich die Konfliktlinie: Der
       Innensenator beharrt darauf, dass die Zukunft der Flüchtlinge, die noch auf
       dem Oranienplatz campieren, Angelegenheit des Bezirks sei, notfalls lasse
       er am 18. Januar räumen. Herrmann findet eine Räumung „unverhältnismäßig“
       und setzt auf eine gemeinsame Lösung.
       
       ## „Wir gehen jetzt in die Offensive“
       
       „Dass Herrmann heute nicht hier dabei ist, ist nicht so wichtig“, sagte
       Daniel von der Gruppe Refugeestrikeberlin, der die Demonstration
       mitorganisiert hatte und Flugblätter mit den Forderungen der Flüchtlinge
       verteilte. „Indem wir den Protest in einen anderen Bezirk verlagern, wollen
       wir ihn auf eine höhere politische Ebene hieven und weitere
       gesellschaftliche Gruppen erreichen wie Kirchen, Gewerkschaften, Vereine
       und Hochschulgruppen“, sagte er. „Wir gehen jetzt in die Offensive.“
       
       Auf Deutsch, Französisch und Englisch kommen die Forderungen über den
       Lautsprecherwagen: „Abschaffung der Residenzpflicht und der Lager, Stopp
       aller Abschiebungen und des Arbeitsverbots!“ Jubel brandete auf, als der
       Satz folgte: „65 Prozent aller Berliner sind gegen die Räumung des Camps.“
       Dann kam noch die Bitte: „Lasst euch nicht provozieren und verhaften, wir
       brauchen euch alle noch!“
       
       Genau diese Punkte, so die Kritik der Organisatoren, seien bei der
       Diskussion darüber, wo die Flüchtlinge bei der Kälte wohnen können,
       mittlerweile untergegangen. „Ich hoffe, dass wieder über unsere Forderungen
       geredet und nachgedacht wird“, sagt Bruno Watara, selbst Flüchtling aus
       Togo.
       
       „Doch, ich bin illegal“ steht auf dem T-Shirt, das er über seiner dicken
       Jacke trägt. „Natürlich ist Henkel am Sonntag nicht in seinem Büro, aber
       unsere Botschaft an ihn ist: Wir sind noch hier“, sagt er. „Seit 22 Jahren
       kämpfen wir gegen die Residenzpflicht und das Leben in den Lagern. Die
       Leute sterben langsam in den Heimen.“
       
       ## Ohne Henkel keine Lösung
       
       Dirk Stegemann, der offizielle Anmelder der Demonstration, sagte: „Der
       Senat hat bislang nichts getan, Henkel war nie hier vor Ort. Aber ohne
       Zugeständnis von Henkel wird es keine Lösung geben.“ Die Demo, fügt er an,
       sei vor allem „ein symbolischer Akt“.
       
       Die allgemeine Botschaft: Wenn der Prophet nicht zum Berg kommt, kommt der
       Berg zum Propheten. Die Polizei schätzte die Teilnehmerzahl am späten
       Nachmittag auf 1.200, die Veranstalter sprachen von 2.000 bis 3.000. Sie
       wollten die Nacht über bleiben, zur Not so lange, bis Henkel das
       Räumungsultimatum zurückziehe. Mit Filmen und Musik wollten sie über die
       Nacht kommen. „Schlafen werden wir sowieso nicht“, sagt Nina. Aus dem
       Rucksack der Studentin schauten Kissen und Decken. „Ich habe zwei Pullis
       dabei und eine Thermoskanne Früchtetee.“
       
       Am Montagmorgen um 10 Uhr wollte eine Theatergruppe ihre „Asylmonologe“
       vortragen. Wenn sie laut genug sind, dringt es vielleicht bis in Henkels
       Büro.
       
       15 Dec 2013
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Anne Haeming
       
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