# taz.de -- Fonds Sexueller Missbrauch: Mehr als 700 Anträge in diesem Jahr
       
       > Bisher haben 720 Opfer von familiärem sexuellem Missbrauch Hilfe
       > beantragt. Betroffene kritisieren aber, die Unterstützung reiche nicht
       > aus.
       
 (IMG) Bild: Opferverbände fordern, die Verjährungsfristen bei sexuellem Missbrauch abzuschaffen.
       
       BERLIN dpa | Mehr als 700 Menschen haben in diesem Jahr Hilfe beim Fonds
       Sexueller Missbrauch beantragt. Bei der Geschäftsstelle in Berlin gingen
       bis Mitte Dezember 720 Anträge von Menschen ein, die als Kinder oder
       Jugendliche im familiären Bereich sexuell missbraucht wurden. Das teilte
       das Bundesfamilienministerium auf Anfrage mit. Opferverbände sind weiter
       skeptisch. Die Anträge seien „retraumatisierend“, außerdem müsse die
       Politik die strafrechtlichen Verjährungsfristen für Straftäter endlich
       aufheben.
       
       Seit Mai können Betroffene Hilfsgesuche stellen, beim Fonds Sachleistungen
       bis zu 10.000 Euro beispielsweise für Therapien beantragen. Der Bund
       beteiligt sich an dem Fonds mit 50 Millionen Euro. Auch die Länder hatten
       Unterstützung zugesagt, bislang floss allerdings nur aus
       Mecklenburg-Vorpommern Geld.
       
       2010 alarmierten Missbrauchsfälle in Schulen, Internaten und der Kirche die
       Öffentlichkeit. In der Folge wurde Entschädigungssysteme für Opfer
       sexuellen Missbrauchs in staatlichen Heimen und in kirchlichen
       Einrichtungen etabliert. Ein Runder Tisch von Bund, Ländern und
       gesellschaftlichen Organisationen entschied Ende 2011, auch Menschen zu
       unterstützen, die in der Familie sexuell missbraucht wurden. Laut
       Kriminalstatistik 2012 kamen 12.623 Fälle zur Anzeige. Eine hohe
       Dunkelziffer gilt als sicher.
       
       Der bisherige Missbrauchsbeauftragte der Bundesregierung, Johannes-Wilhelm
       Rörig, sagte: „Die Gesellschaft nimmt das Thema ernster als vor vier Jahren
       und setzt sich damit auseinander. Aber es gibt auch noch Abwehr und
       Verdrängung. Viele empfinden die Beschäftigung mit dem sexuellen Missbrauch
       noch immer als Zumutung.“ Rörig kritisierte die ausbleibende
       Länderförderung. „Ich bedauere, dass es dem Bund nicht gelungen ist, die
       Länder - mit Ausnahme Mecklenburg-Vorpommerns - mit einem guten Konzept zu
       überzeugen, sich zu beteiligen.
       
       ## Opferverein kritisiert Augenwischerei
       
       Für Norbert Denef vom Opferverein Netzwerk B hat sich nichts getan: „Das
       ist alles Augenwischerei. Für die Opfer hat sich nichts verbessert, das
       gesellschaftliche Verständnis ist nach wie vor nicht da“, sagte Denef. Der
       64-Jährige macht seit Jahren auf die schwierige Situation von
       Missbrauchsopfern aufmerksam, er wurde als Jugendlicher selbst von
       Kirchenangehörigen missbraucht. Denef fordert vom neuen SPD-Justizminister
       Heiko Maas, die Verjährungsfristen bei Straftaten von sexuellem Missbrauch
       ganz aufzuheben. Die Täter dürften nicht davonkommen.
       
       Maas hatte 2010 als SPD-Fraktionschef im saarländischen Landtag an Netzwerk
       B geschrieben, im Saarland seien Missbrauchsfälle aus den 70er Jahren
       bekanntgeworden. „In solchen Fällen schützt die Verjährungsfrist die Täter
       - das ist schlicht grotesk und muss geändert werden. (...) Für mich gehört
       jedoch auch eine strafrechtliche Verfolgung dazu, denn: Niemand soll sich
       einfach „freikaufen“ können, sondern muss für seine abscheulichen Taten
       auch bestraft werden.“
       
       Der Opfervertreter betonte, die SPD könne sich nun nicht mehr wegducken,
       sondern müsse in der großen Koalition bei diesem Thema Farbe bekennen. Der
       Fonds bringt seiner Meinung nach nichts. „Es gibt ein wenig Geld für den
       Anfang einer Therapie - und dann?“
       
       28 Dec 2013
       
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