# taz.de -- Winfried Hassemer verstorben: Ein Warner vor Maßlosigkeit
       
       > Winfried Hassemer ist tot. Als Bundesverfassungsrichter warnte er vor dem
       > Übergewicht des Sicherheitsdenkens .
       
 (IMG) Bild: Winfried Hassemer während eines Interviews im Jahr 2011.
       
       Niemand leitete die Verhandlungen des Bundesverfassungsgerichts so charmant
       und humorvoll wie Winfried Hassemer. Jetzt ist der ehemalige Vizepräsident
       des Gerichts im Alter von 73 Jahren nach schwerer Krankheit gestorben.
       
       Hassemer war zwar einst von der SPD vorgeschlagen worden, aber parteilos.
       Er war auch kein ausgesprochener Linker, eher ein Liberaler, mit einem
       Schlag ins Konservative. Vor seiner Zeit am Verfassungsgericht hatte sich
       Hassemer als Strafrechtsprofessor einen Namen gemacht. Von 1991 bis 1996
       war er Datenschutzbeauftragter von Hessen.
       
       Am Bundesverfassungsgericht war Hassemer von 1996 bis 2008 tätig. Ab 2002
       war er Vorsitzender des Zweiten Senats und durfte deshalb dessen Sitzungen
       leiten. Den Unterhaltungswert der öffentlichen Verhandlungen hat das
       ungemein erhöht.
       
       Als Jurist forderte er, dass der Staat das Strafrecht nur als letztes
       Mittel einsetzen solle. "Ich warne vor Auswüchsen, wenn das
       Sicherheitsdenken das Strafrecht zu sehr bestimmt", sagte er 2006 in einem
       taz-Interview, "denn der Schutz vor Gefahren führt tendenziell zur
       Maßlosigkeit."
       
       Nur einmal gab Hassemer in seiner Zeit als Verfassungsrichter ein
       Minderheitsvotum ab, als er 2008 als einziger Richter die Strafbarkeit des
       Geschwister-Inzests aufheben wollte. Damals konnte er sich aber gegen die
       konservativen und feministischen RichterInnen nicht durchsetzen.
       
       Zwar blieb Hassemer auch im ersten Verfahren um ein NPD-Verbot in der
       Minderheit. Gemeinsam mit zwei KollegInnen konnte er nach dem
       V-Leute-Skandal aber einen Abbruch des Verfahrens erzwingen, da für die
       Fortführung eine Drei-Viertel-Mehrheit der acht RichterInnen erforderlich
       gewesen wäre.
       
       Zuletzt arbeitete Hassemer unter anderem als Ombudsmann für
       unternehmensinterne Whistleblower bei Daimler-Benz.
       
       10 Jan 2014
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Christian Rath
       
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