# taz.de -- Patriotismus in Japans Schulbüchern: Die Geschichte neu schreiben
       
       > In Japan sollen die Geschichtsbücher patriotischer werden. Die Regierung
       > wünscht sich, dass die Schüler weniger über Kriegsverbrechen der Armee
       > lernen.
       
 (IMG) Bild: Sportuntericht in einer japanischen Schule.
       
       HAMBURG taz | Zwischen Japan und seinen Nachbarn China und Südkorea bahnt
       sich ein neuer Schulbuchstreit an. Premierminister Shinzo Abe plant die
       Einführung neuer Geschichtsbücher. Dem japanischen Regierungschef und
       seinen Parteifreunden von der Liberaldemokratischen Partei ist vor allem
       die Darstellung der jüngeren japanischen Geschichte „zu masochistisch“.
       
       Zu sehr würden die Gräueltaten der japanischen Armee im Zweiten Weltkrieg
       in den Vordergrund und in internationalen Konflikten die japanische
       Sichtweise zu wenig ins Zentrum gerückt, zitierte die Tageszeitung Asahi
       Bildungsminister Hakubun Shimomura im November. Auf Basis solcher Bücher
       könne die japanische Jugend nicht lernen, ihr Land zu lieben.
       
       Bereits während seiner ersten Amtsperiode vor acht Jahren bemühte sich Abe,
       seinen Landsleuten mehr Nationalstolz einzuimpfen, und ließ unter anderem
       das Bildungsgesetz und die Lehrpläne reformieren. Seit seiner Wahl im
       Dezember 2012 unternimmt er einen neuen Anlauf. Zu diesem Zweck hat Abe
       Personen aus Politik und Gesellschaft zusammengerufen, die in einem
       Reformausschuss Vorschläge erarbeiten sollen.
       
       Aufhorchen lässt vor allem der Name Hidetsugu Yagi. Der Dozent an der
       Wirtschaftsuniversität Takasaki war Vorsitzender der Gesellschaft für die
       Schaffung neuer Schulbücher, abgekürzt Tsukurukai. 2001 waren die
       Geschichts- und Bürgerkundebücher der Tsukurukai der Auslöser für
       diplomatische Spannungen zwischen Japan, China und Südkorea.
       
       In den Büchern der Tsukurukai wird die Schuld der japanischen Armee an
       zentralen Kriegsverbrechen wie dem Nanking-Massaker heruntergespielt, bei
       dem japanische Soldaten Zehntausende chinesische Zivilisten töteten. Offen
       verbreitet die Gesellschaft auch, dass die sogenannten Trostfrauen – aus
       Korea, China und weiteren Teilen Südostasiens stammende Frauen, die während
       des Zweiten Weltkriegs in Bordellen der japanischen Armee zur Prostitution
       gezwungen wurden – freiwillig angeschafft hätten.
       
       ## Tsukurukei gewinnt an Einfluss
       
       Auch heute ist die Tsukurukei noch aktiv und brachte 2011 die vierte
       Auflage ihrer Schulbücher heraus. Das Bildungsministerium ließ die Texte
       für den Unterricht an öffentlichen Schulen zu. Vier Prozent der Schulen des
       Landes verwenden sie im Unterricht. Keine hohe Zahl, aber ein deutlicher
       Anstieg im Vergleich zu 2001.
       
       Der ehemalige Tsukurukai-Vorsitzende Yagi kann nun als Mitglied des
       Reformgremiums den Lehrplan direkt beeinflussen. Als Erstes hat das Gremium
       eine Checkliste mit Themen und Thesen erarbeitet, die in den künftigen
       Schulbüchern enthalten sein müssen, damit sie vom Bildungsministerium für
       den Unterricht zugelassen werden.
       
       Was auf der neuen Zulassungsliste steht, ist noch unbekannt. In welche
       Richtung es geht, wurde jedoch während einer nichtöffentlichen Sitzung im
       letzten Sommer deutlich.
       
       ## Inseln gehören zu Japan
       
       Mitte Juni wurden drei Schulbuchverleger von den Reformern einbestellt. Die
       Unterhausabgeordnete Eriko Yamatani, die an der Runde teilnahm,
       veröffentlichte im Anschluss Ausschnitte der Sitzung auf dem
       nationalistischen YouTube-Kanal „Kirschblüten TV“. Die Reformer
       diskutierten mit den Verlegern etwa über die Senkaku-Inseln, auf die Japan,
       China und Taiwan Anspruch erheben. Erst im November kriselte es deswegen
       zwischen China und Japan.
       
       In den Augen der Reformer kommt in den gegenwärtigen Schulbüchern die
       japanische Sichtweise zu kurz. In den Texten stehe lediglich, dass die
       territoriale Zugehörigkeit der Senkaku-Inseln zur Diskussion stünde. „Dabei
       gehören diese doch ganz klar zu Japan“, betonte Yamatani. Die Verleger
       müssten den Schülern genau erklären, warum dieses Terrain japanisch sei.
       
       Welche Schulbücher künftig vom Bildungsministerium das Prädikat wertvoll
       erhalten, wird sich im Frühling zeigen. Dann beginnt das
       Zulassungsverfahren für Lehrtexte der Mittelstufe. Zum ersten Mal wird wohl
       die neue Checkliste dem Auswahlprozess zugrunde liegen und der „Geist“ von
       Abes Bildungsreform an den Schulen Japans Einzug halten.
       
       15 Jan 2014
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Annika Demgen
       
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