# taz.de -- Inselstreit zwischen Japan und China: Ängstliche Zweifler
       
       > Japan sorgt sich um seinen Sicherheitspartner USA. Um ihn zu halten, ist
       > es dazu bereit, demokratische Grundfreiheiten aufzuweichen.
       
 (IMG) Bild: Japanerinnen protestieren gegen das Gesetz zum Geheimnisschutz.
       
       TOKIO taz | Mit Argusaugen verfolgt die japanische Regierung die Reise des
       US-Vizepräsidenten durch Ostasien. Jede Aussage von Joe Biden in der Region
       wird auf die Goldwaage gelegt. Japan fürchtet, dass der einzige
       Sicherheitspartner von der eigenen harten Linie abweicht.
       
       Schon der Hinweis des Washingtoner Außenministeriums an die
       US-Fluggesellschaften, sie sollten ihre Flüge durch die erweiterte Flugzone
       besser bei den Chinesen anmelden, hatte Tokio verunsichert. Die japanischen
       Airlines fliegen auf Druck der Regierung unangemeldet durch den Luftraum
       über den Inseln, die in Japan Senkaku heißen. Erleichtert registrierte
       Premier Shinzo Abe daher die Beteuerung von Biden bei seinem Stopp in
       Tokio, dass die USA zu ihren Bündnisverpflichtungen stehen.
       
       Konkret bedeutet dies: Falls China die umstrittenen Inseln angreift, würden
       die USA Japans Besitzanspruch verteidigen. An einer militärischen
       Auseinandersetzung mit China wegen ein paar unbewohnter Felsen im Meer hat
       in Washington jedoch niemand Interesse, was die ängstlichen Zweifel Japans
       an der Treue des Partners schürt. Die Erweiterung der Luftverteidigungszone
       wird daher in Tokio als ein Versuch Chinas wahrgenommen, einen Keil in die
       Allianz mit den USA zu treiben.
       
       Grundsätzlich spielt die Eskalation der Lage im Ostchinesischen Meer jedoch
       dem nationalistischen Regierungschef Abe in die Hände: Er will das
       japanische Militär – gegen pazifistische Widerstände im Land – stärken,
       indem er Artikel 9 der Verfassung neu interpretiert, der die Androhung und
       Anwendung von Gewalt zur Lösung von internationalen Konflikten verbietet.
       
       ## Zahl der Panzer würden schrumpfen
       
       Japanische Truppen könnten dann ihren Bündnispartner USA aktiv verteidigen.
       Zugleich soll Japan auf das wachsende Hegemoniestreben Chinas auch
       militärisch reagieren – mit höheren Verteidigungsausgaben und verstärkter
       Raketenabwehr, besserer Luftverteidigung und Küstenschutz. Dagegen würde
       die Zahl der Panzer um 60 Prozent auf 300 Stück schrumpfen.
       
       Am wichtigsten ist dem Premier eine engere Zusammenarbeit mit den USA –
       damit Washington im Ernstfall seinen Verpflichtungen auch wirklich
       nachkommt. Dafür führt Abe gerade einen Sicherheitsrat nach US-Vorbild ein,
       der alle sicherheitsrelevanten Informationen bündelt, um schneller auf
       Bedrohungen reagieren zu können.
       
       Zugleich soll ein neues Gesetz zum Geheimnisschutz dafür sorgen, dass die
       USA mehr Daten und Dokumente mit Japan teilen. Bislang gelangen geheime
       Informationen so schnell an die Öffentlichkeit, dass Nippon den Beinamen
       „Paradies für Spione“ trägt.
       
       ## Innenpolitisches Klima vergiftet
       
       US-Diplomaten und Militärs zeigen ihrem japanischen Verbündeten deshalb
       bisher nur wenige Unterlagen. Nun sollen Whistleblower wie Edward Snowden
       mit der Androhung von bis zu 10 Jahren Haft abgeschreckt werden. Seit
       Langem schon drängen die USA Japan zu diesem Schritt.
       
       Die Kehrseite der Medaille: Das innenpolitische Klima wird vergiftet. Das
       Gesetz spricht nur von „bestimmten“ Geheimnissen mit Sicherheitsrelevanz.
       Es legt aber weder fest, um welche Art Geheimnis es genau geht, noch gibt
       es eine klare parlamentarische Kontrolle.
       
       „Es besteht die Sorge, dass künftig auch Informationen etwa über einen
       Unfall wie in Fukushima geheim gehalten werden“, erklärt Chris Winkler vom
       Deutschen Institut für Japanstudien in Tokio. Bürgerrechtler und
       Journalisten warnen davor, dass Japan in einen Polizeistaat abdriftet.
       
       Dennoch will die Regierungskoalition das Gesetz am Freitag ohne Änderungen
       beschließen. Der Generalsekretär der Regierungspartei LDP, Shigeru Ishiba,
       bezeichnete die Proteste sogar als „terroristische Akte“. Später milderte
       Ishiba seine Aussage ab: Er habe die „Lautstärke“ der Demonstrationen
       gemeint.
       
       Aber die Opposition fühlt sich in ihrem Verdacht bestärkt, dass Abe
       demokratische Grundfreiheiten beschneiden will.
       
       4 Dec 2013
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Martin Fritz
       
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