# taz.de -- Frauenhäuser fordern Geld: Leid für die Leidenden
       
       > Bis zu 80 Euro kostet ein Tag im Frauenhaus. Die Frauen müssen diese
       > selbst zahlen, wenn sie überhaupt einen Platz finden. Denn viele Häuser
       > sind voll.
       
 (IMG) Bild: Eine Demonstration gegen Gewalt an Frauen im Februar in München
       
       BERLIN taz | Anna Schmidt* wollte fliehen vor [1][der Gewalt ihres Mannes],
       sie suchte Hilfe in einem Frauenhaus. Doch in ihrem Wohnort Berlin war für
       sie kein Platz frei. Sie musste mit den Kindern ins Krisenzentrum Rathenow,
       rund 60 Kilometer weg von Berlin und ihrem Ausbildungsplatz. Das Pendeln
       war schwierig mit den Kindern, ihr wurde gekündigt. Nun will das Jobcenter
       weniger Sozialleistungen zahlen.
       
       Sie ist ein typisches Beispiel für eine notleidende Frau, die bei der Suche
       nach Hilfe noch eine Fülle zusätzlicher Probleme bewältigen muss. Sie ist
       eine der 17.000 bis 20.000 Frauen, die jährlich in eines der 353 deutschen
       Frauenhäuser gehen. Besonders in Ballungsgebieten seien die Frauenhäuser
       überfüllt, sagt Eva Risse von der Zentrale Informationsstelle Autonomer
       Frauenhäuser (ZIF). Wenn die Frauen deshalb zu Freundinnen oder Bekannten
       gingen, oder von ihrer Familie aufgenommen würden, hätten sie keinen
       hinreichenden Schutz und seien nicht sicher.
       
       Laut einer [2][Umfrage der EU-Grundrechte-Agentur] (FRA) ist jede zweite
       Frau in der Europäischen Union schon einmal Opfer körperlicher oder
       sexueller Gewalt geworden. Die meisten erfahren diese zuhause. Die, die
       fliehen wollen haben es besonders schwer, wenn sie ohne deutschen Pass oder
       mit geringen finanziellen Mitteln ausgestattet sind – wie beispielsweise
       Asylbewerberinnen, die wegen der Residenzpflicht unter Strafandrohung ihren
       Wohnsitz nicht verlassen können, sagt Eva Risse.
       
       Schwer haben es auch illegal eingereiste Frauen. Weil für sie keiner zahle,
       nehmen nur wenige Frauenhäuser sie auf, denn das Frauenhaus selbst müsse
       den Aufenthalt der Frauen aus Spenden tragen. Deshalb fordern die ZIF und
       die Frauenhauskoordinierung (FHK) eine politische Lösung. Nur so werde
       gewährleistet, dass alle Frauen sicher, schnell und unbürokratisch in einem
       Frauenhaus ihrer Wahl unterkommen könnten. Zudem wollen die Frauenhäuser,
       dass der Staat für Sprachmittlerinnen zahlt, um in allen Fällen eine
       angemessene Verständigung zu ermöglichen.
       
       ## Das Frauenhaus selbst zahlen
       
       Bei der Finanzierung werden die Frauen oft alleine gelassen. Einige
       Frauenhäuser verlangen einen Tagesbeitrag, bis zu 80 Euro können das sein,
       sagt Eva Risse. Viele Frauen, auch die berufstätigen, können sich das nicht
       leisten und müssten Sozialleistungen beantragen. Ihr Einkommen wird dann
       vollständig mit dem Tagessatz verrechnet. „Es wird so getan, als wäre das
       das Problem der einzelnen“, sagt Risse, „die Gesellschaft müsste den Willen
       haben, für den Aufenthalt aufzukommen“.
       
       Bisher regeln jedes Bundesland und jede Stadt [3][die Finanzierung selbst].
       So müssen die Frauen durch die pauschale Förderung des Landes in Berlin,
       Hamburg und Schleswig-Holstein nichts zahlen. Das fordern ZIF und FHK
       bundesweit. Denn die sonst einspringenden Jobcenter wollen häufig, dass die
       Frauen, das Frauenhaus schnell wieder verlassen und keine eigene
       Bedarfsgemeinschaft bilden. „Je länger sie bleiben“, sagt Risse, „desto
       größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass sie danach eine eigene Wohnung
       beziehen und nicht zurückkehren in die gewaltvolle Beziehung“ – und damit
       einen steigenden Anspruch auf Hilfe zum Lebensunterhalt haben.
       
       Aber nicht nur materiell schlechter gestellte Frauen haben Probleme, das
       passende Frauenhaus zu finden. [4][Laut einer Studie des
       Familienministeriums] wurden 701 psychisch oder suchtkranke und 53
       behinderte Frauen im Jahr 2010 von Frauenhäusern abgewiesen. Trotz der
       UN-Behindertenrechtskonvention fehle es oft an barrierefreien Häusern für
       Rollstuhlfahrerinnen. Dabei seien Plätze für behinderte Frauen besonders
       wichtig, sagt Martina Puschke von der Vertretung für behinderte Frauen
       Weibernetz, diese seien überproportional häufig von Gewalt betroffen.
       
       *Name von der Redaktion geändert
       
       16 Mar 2014
       
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       ## AUTOREN
       
 (DIR) Svenja Bednarczyk
       
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