# taz.de -- US-Todeskandidat in Missouri: Hinrichtung wird erneut geprüft
       
       > Bei Exekutionen gab es in letzter Zeit schwere Pannen. Um eine weitere zu
       > vermeiden, stoppte das Oberste US-Gericht eine Tötung in Missouri –
       > vorerst.
       
 (IMG) Bild: Polizeifotos von Russell Bucklew.
       
       NEW YORK taz | In den Stunden, die Russell Bucklew's letzte werden sollten,
       stritten mehrere Gerichte über Leben und Tod des 46-Jährigen. Am
       Mittwochabend beendete das Oberste Gericht die Angelegenheit vorläufig: Die
       neun RichterInnen setzten die Hinrichtung aus und beauftragten ein
       untergeordnetes Bundes-Berufungsgericht in Missouri, sich erneut mit dem
       Fall zu befassen. Das Berufungsgericht, das noch am Dienstag Bucklews
       Hinrichtung für rechtens befunden hatte, soll nun prüfen, ob sie eine
       „grausame und unnötige Strafe“ wäre und damit gegen die US-Verfassung
       verstoßen würde.
       
       Der Bundesstaat Missouri hatte bis zuletzt an dem Hinrichtungstermin am
       Mittwoch festhalten wollen. Doch kurz nach der Entscheidung des Obersten
       Gerichts in Washington, verließen am Abend die zur Beobachtung geladenen
       Zeugen den Todestrakt des Gefängnisses in Bonne Terre. „Froh und
       erleichtert“, so beschrieb Cheryl Pilate ihre Reaktion auf die Entscheidung
       des Obersten Gerichts.
       
       Die Anwältin des wegen Mordes, Entführung und Vergewaltigung zum Tode
       verurteilten Bucklew argumentiert, es gäbe eine „hohe Wahrscheinlichkeit“,
       dass ihr Mandant bei der Hinrichtung einen langsamen und qualvollen
       Erstickungstod sterben könnte. Bucklew leidet an der angeborenen Krankheit
       Hämangiom. Er hat Tumore in der Nase und in der Kehle. Nach Ansicht seines
       Verteidigerteams könnte das dazu führen, dass die tödliche Droge nicht wie
       geplant durch seinen Körper zirkuliert.
       
       Ein Staatsanwalt in Missouri nannte diese Argumente: „Unsinn“ und
       bemängelte, dass Bucklew seine seit Jahrzehnten bekannte Krankheit zu spät
       in die Waagschale geworfen habe. Er vermutete, dass erst die vermurkste
       Hinrichtung in Oklahoma Bucklew und seine Anwälte auf die Idee gebracht
       hätte, seine Krankheit als Argument zu nutzen. In Oklahoma hatte der
       Verurteilte Clayton Lockett Ende April nach der Injektion eines
       vermeintlich tödlich Cocktails noch 43 Minuten lang gelebt, sich bewegt und
       Laute von sich gegeben. Nachdem der Henker die Hinrichtung für abgebrochen
       erklärte, starb Locket im Hinrichtungsraum an einer Herzattacke.
       
       Schon im Januar war in Ohio eine Hinrichtung schief gelaufen. Dort rang
       Dennis McGuire mehr als 20 Minuten lang nach Luft, bevor er starb. Missouri
       hat seit Ende 2013 durchschnittlich einen Verurteilten pro Monat
       hingerichtet. Mehr als 40 weitere Todeskandidaten sitzen in den
       Gefängnissen des Bundesstaates. Seit zahlreiche Pharmakonzerne entschieden
       haben, ihre Medikamente nicht mehr zum Töten an den US-Strafvollzug zu
       verkaufen, ist der Bundesstaat Missouri dazu übergegangen, seine
       Todes-Cocktails auf einem geheim gehaltenen Markt zu kaufen. Die
       Verteidiger von Bucklew verlangen auch, dass Missouri öffentlich machen
       muss, woher sie ihr Todes-Cocktail beziehen.
       
       ## „Spitzenreiter“ Texas
       
       Das Oberste Gericht hat sich zu diesem Anliegen nicht geäußert. Es will die
       Entscheidung über den weiteren Umgang mit Bucklew dem
       Bundesberufungsgericht überlassen. In den USA sind im vergangenen Jahr 39
       Menschen hingerichtet worden. Weltweit sind die USA damit – nach China, dem
       Irak, Iran, und Saudi-Arabien – das Land mit den fünftmeisten
       Hinrichtungen. Texas ist der Bundesstaat mit den bei weitem meisten
       Hinrichtungen (500 seit 1982). Insgesamt existiert noch in 32
       US-Bundesstaaten die Todesstrafe als juristisches Instrument, nur 18 haben
       sie abgeschafft.
       
       Seit dem quälend langsamen Tod von Lockett in Oklahoma ist Bewegung in die
       Debatte über die Todesstrafe in den USA gekommen. US-Präsident Barack
       Obama, der sich nicht grundsätzlich gegen die Todesstrafe ausgesprochen
       hat, sagte Anfang Mai: „Wir müssen uns ein paar schwere und tiefgehende
       Fragen stellen.“ Das Weiße Haus hat eine Untersuchung über die
       Hinrichtungsprozeduren in den einzelnen Bundesstaaten in Auftrag gegeben.
       Auch im Obersten Gericht bahnte sich ein allmählicher Wandel der
       Mehrheitsmeinung zur Todesstrafe an.
       
       Am Dienstagabend sorgte der von Ex-Präsident George W. Bush ernannte
       Richter Samuel Alito für Überraschung, als er die Hinrichtung in Missouri
       zunächst in einer Eilentscheidung im Alleingang aussetzte. Am Mittwoch
       schlossen sich seine KollegInnen in seltener Einmütigkeit seinem Entscheid
       an.
       
       22 May 2014
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Dorothea Hahn
       
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